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Friedensgespräche über Bahnhofsumzug

Über den Umzug des Bahnhofs Altona nach Diebsteich diskutieren Bahn, Behörde und Projektgegner im Rathaus

Von Sebastian Grundke

Im Streit um den Umzug des Altonaer Bahnhofs an den Diebs­teich sucht der Hamburger Senat den Dialog mit den Projektgegnern. Diese sind heute ebenso wie Vertreter der Bahn und verschiedener Behörden und Investoren ins Rathaus eingeladen, um im Gespräch nach Lösungen zu suchen, das havarierte Projekt doch noch zu realisieren. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) wird den sogenannten „Faktencheck“ leiten.

Der Verkehrsclub Deutschland Nord (VCD Nord) hatte im Verbund mit der Altonaer Bürgerinitiative Prellbock gegen das Projekt geklagt. Sie kritisieren unter anderem mangelnde Transparenz bei der Planung der Bauvorhaben und unklare Auswirkungen auf den Verkehr.

Das Hamburger Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte nach einem Eilantrag der Projektgegner einen Baustopp erlassen – wegen der fehlenden Planung für eine neue Autoverladeeinrichtung für Autoreisezüge.

Im Rathaus sollen nun die Kritikpunkte der Gegner zur Sprache kommen. Insbesondere soll die Bahn anhand von Fakten darlegen, weshalb sie der Verlegung des Fernbahnhofes Altona den Vorzug vor einer Modernisierung des bisherigen Standorts gegeben hat. Letzteres fordern die Projektgegner.

Auch über Vor- und Nachteile verschiedener Varianten soll gesprochen werden, darunter die Entlastung des Hauptbahnhofes und die Anzahl an möglichen Wohnungsneubauten auf durch den Umzug freiwerdender Fläche. Auch Umweltaspekte des Projektes kommen auf den Tisch.

„Die Intention ist, mit allen Beteiligten einen faktenbasierten Dialog auch jenseits des laufenden Gerichtsverfahrens zu starten“, teilte ein Sprecher der Finanzbehörde mit. Weitere konkrete Schritte würden sich daraus erst einmal nicht ergeben. Offen ließ der Sprecher, ob die Stadt eine außergerichtliche Einigung oder auch eine Lösung des Konflikts durch einen unabhängigen Schlichter anstrebt.

Dabei ist der Senat in Zugzwang: Die Stadt ist Eigentümerin des Gleisgeländes in Altona, auf dem nach der Verlegung des Fernbahnhofes der zweite Bauabschnitt des Neubaugebietes „Mitte Altona“ mit etwa 1.900 Wohnungen entstehen soll. Der Landesbetrieb Immobilien hat das 13 Hektar große Grundstück bereits 2014 von der Bahn für rund 39 Millionen Euro erworben.

Laut einer internen Mail der Bürgerinitiative Prellbock rechnen die Projektgegner damit, dass im Rahmen der Rathaus-Gespräche Druck auf sie ausgeübt werden soll. In der Nachricht an die Mitstreiter heißt es: „Fakt ist wohl, dass Politik, Behörden, Bahn und Investor lieber heute als morgen wollen, dass wir die Klage zurückziehen.“

Die Bahn hat indes nach taz-Informationen bereits einen neuen Standort für die Autorverladeeinrichtung ins Auge gefasst, um den Planungsmangel zu beseitigen: In Eidelstedt besitzt sie ein Betriebswerk. Offen ist, ob der Standort Platz für eine weitere Einrichtung bietet. Aufgrund seiner Nähe zu Altona und zum Diebsteich kommt er aber planungsrechtlich eher in Frage als ein neuer Standort etwa im Süden Hamburgs. Für eine Realisierung wäre ein Planergänzungsbeschluss durch das Eisenbahnbundesamt nötig. Die Stadt wiederum müsste eine Zufahrtsstraße genehmigen.

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