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Streit zwischen Uganda und RuandaSchlagabtausch am Schlagbaum

Die schwelende Entfremdung zwischen Uganda und Ruanda entlädt sich in einer Grenzblockade. Die ganze Region leidet darunter.

Hier geht' nicht mehr weiter an einem Grenzübergang zwischen Uganda und Ruanda Foto: Simone Schlindwein

Kigali taz | An der Grenze herrscht Stau. Busse und Lastwagen reihen sich aneinander, es geht nicht vor, nicht zurück. Die Grenze zwischen Uganda und Ruanda, ostafrikanische Bruderstaaten mit nahezu freiem Waren- und Personenverkehr, wird zum Brennpunkt eines Konflikts.

Offiziell klingt es harmlos: Vergangene Woche kommunizierte Ruandas Zollbehörde an Ugandas Steuerbehörde, dass Lastwagen nicht mehr über Gatuna fahren dürfen. Gatuna ist der Hauptgrenzübergang, wo vor allem Container-Lastwagen herüberrollen – Waren, die aus Übersee via Kenia und Uganda nach Ruanda und bis in den Kongo und nach Burundi gehen, eine Lebensader der Region.

Um in Gatuna den Bau eines „One-Stop“-Postens voranzubringen, wo man die Grenzformalitäten beider Länder gebündelt erledigen kann, leitet Ruanda den Verkehr jetzt über den alternativen Grenzposten Kagitumba um.

Schnell machten in Uganda Gerüchte die Runde, Ruanda habe die Grenze komplett geschlossen. Denn Kagitumba ist ein kleiner Übergang hoch oben in den Bergen am Länderdreieck mit Tansania, mit nur wenigen Zollkapazitäten und für schwerbeladene Lastwagen schwer erreichbar. Laut ugandischen Medien hat Ruanda gleichzeitig die Tarife für die Warenabwicklung verdoppelt.

Die Eskalation ist gewollt

Ugandas Steuerbehörde beschwerte sich schriftlich über die Entscheidung, „die am selben Tag wie die Ankündigung in Kraft trat“. Über 100 Lkws seien in Gatuna blockiert, einige hätten verderbliche Lebensmittel wie Mangos und Kassava geladen, die Ware sei nun dahin. Daneben stünden 17 Benzin-Tanklastwagen – ein „mögliches Risiko“.

Ruanda warnt vor Reisen nach Uganda: Dort müsse man mit Verhaftungen, Verfolgung und Folter rechnen

Dabei blieb es nicht. Am Wochenende warnte Ruandas Außenminister Richard Sezibera seine Landsleute vor Reisen nach Uganda: dort müssten sie mit „Verhaftungen, Verfolgung und Folter“ rechnen. Ugandische Medien berichten, Reisebusse würden jetzt an der Grenze von ruandischen Sicherheitskräften kontrolliert.

Busfahrer, die Ruander über die Grenze nach Uganda mitnähmen, würden mit Geldstrafen von 5.000 Dollar belegt. Nicht zuletzt meldete am Montag der ugandische Inlandsgeheimdienst (ISO) den Aufmarsch schwerbewaffneter ruandischer Soldaten auf den Hügeln rund um die Grenzposten.

Das kleine Ruanda will ein Zeichen gegen das große Uganda setzen.

Die Eskalation ist durchaus gewollt. Das kleine Ruanda will ein Zeichen gegen das große Uganda setzen. Beide Länder waren lange befreundet, die beiden Präsidenten Paul Kagame und Yoweri Museveni kämpften als junge Männer gemeinsam in Ugandas Guerillakrieg der 1980er Jahre. Aber da sich die regierenden Kreise beider Länder seit Langem sehr gut kennen, haben sich tiefe persönliche Feindschaften und Rivalitäten eingeschlichen. Vor zwanzig Jahren bereits führten die beiden Länder gegeneinander im Kongo Krieg.

Zwei gegen einen

Seit Langem wirft Ruanda dem größeren Nachbarn vor, Staatsfeinde der ruandischen Exilorganisation RNC (Ruandischer Nationalkongress) zu beherbergen. Anlass: Die ruandische Businessfamilie Rwigara, die mit Kagame gebrochen hat und deren Tochter Diane bis Dezember in Ruanda im Gefängnis saß, hat in Uganda eine der größten Tabakfarmen Afrikas erstanden. Dort würden nun RNC-Kämpfer ausgebildet, um Ruanda anzugreifen, so die Befürchtungen.

Im Dezember wurde auch noch der langjährige Sprecher der im Kongo kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), La Forge Fils Bazeye, von Uganda aus kommend an der kongolesischen Grenze festgenommen. Kinshasa lieferte ihn an Kigali aus, er befindet sich mittlerweile in Gewahrsam des ruandischen Geheimdienstes. Seither mehren sich die Anzeichen, dass unter Vermittlung Ugandas die beiden Erzfeinde des ruandischen Regimes – FDLR und RNC – eine Koalition eingegangen sind.

Ruanda fühlt sich nun umzingelt. Kigali sieht nämlich auch im burundischen Präsidenten Pierre Nkurunziza, einem ehemaligen Hutu-Guerillachef, einen Förderer ruandischer Hutu-Milizen. Vergangenen Sommer fielen Kämpfer von Kongo aus kommend über Burundi nach Ruanda ein, töteten Soldaten und Ranger eines Nationalparks und entführten über 70 Reisende aus einem Bus. Es war der größte Angriff gegen Ruanda seit Jahren. Der RNC unterhält gemeinsam mit der burundischen Miliz Imbonerakure, Jugendverband von Burundis Regierungspartei, ein Trainingslager im Ostkongo.

Uganda wirft umgekehrt Ruanda vor, Spione über die Grenze geschickt zu haben. Immer wieder kommt es in Uganda zu Verhaftungen und Ausweisungen ruandischer Staatsbürger. Besonders symbolträchtig war im Januar die Abschiebung der ruandischen Vertriebschefin des Telekom-Multis MTN aus Uganda. Die Polizei warf ihr Gefährdung der nationalen Sicherheit vor.

Nicht nur Uganda im Blick

Dass der Konflikt militärisch eskaliert, ist unwahrscheinlich. Dennoch wird auf beiden Seiten mit den Säbeln gerasselt. Der jetzige Grenzkonflikt ist eher eine Eskalation eines Wirtschaftskrieges. Uganda hat in den vergangenen Jahren einige regionale Infrastrukturprojekte unterlaufen, was auf ruandischer Seite enormen finanziellen Schaden erzeugt hat: Die teure Starkstromleitung von Äthiopien gen Ruanda, die über ugandisches Territorium verläuft, wurde gekappt; eine neue Eisenbahnstrecke durch Uganda verläuft statt nach Ruanda nun nach Tansania.

Dass nun ugandische Lkws an der Grenze stranden, ist eine Revanche, die nicht nur auf Uganda zielt. Die meisten der Benzinlieferungen, die jetzt in Gatuna festsitzen, sind für Burundi bestimmt.

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