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Streit um Bodycams bei der PolizeiWer blickt hier durch?

Die Bundespolizei erhält Bodycams. Kann damit auch Polizeigewalt aufgeklärt werden? Davon ist in einer Dienstvereinbarung keine Rede.

Einigermaßen umstritten: die neuen Bodycams der Bundespolizei Foto: dpa

Berlin taz | Es ist ein Novum für die Bundespolizei: Bis Jahresende sollen die Beamten mit Bodycams ausgerüstet werden, vorerst 2.300 Stück. Die Minikameras sollen die Einsätze der Polizisten dokumentieren. Doch der Streit darüber reißt nicht ab.

Am Montag veröffentlichte die Transparenzplattform „Frag den Staat“ die bisher interne Dienstvereinbarung zu den Bodycams, auf die sich das Bundesinnenministerium und der Personalrat der Bundespolizei Mitte Februar einigten. Demnach sollen die Kameras vor allem der „Eindämmung von Gewaltdelikten gegen Angehörige der Bundespolizei“ dienen. Davon, auch das Handeln der Polizisten zu kontrollieren – wie in anderen Ländern üblich – steht in der Vereinbarung hingegen nichts.

Im Gegenteil: Die Aufnahmen sollten bei externen Anfragen nur herausgegeben werden, „wenn dies aus rechtlichen Gründen zwingend ist“, heißt es in der Vereinbarung. Auch dürften die Filme von den Anfragenden nur in Dienststellen eingesehen werden. Und Namensschilder oder Gesichter von Beamten müssten gepixelt werden.

Der Grüne Konstantin von Notz spricht bei den Bodycams von einer „ganzen Reihe von Fragen, die bislang von Seiten der Bundesregierung nur unzureichend beantwortet wurden“. Es wäre „für die ohnehin nicht sehr stark ausgeprägte Akzeptanz des Einsatzes von Bodycams durch die Bundespolizei fatal, wenn sich nun bewahrheitet, dass Aufnahmen tatsächlich nicht auch für Ermittlungen gegen im Einsatz befindliche Beamte verwendet werden dürften“. Dies, so von Notz zur taz, sei schließlich immer auch ein Argument von den Befürwortern der Bodycams gewesen.

Datenspeicherung bei Amazon

Das Bundesinnenministerium hatte zuletzt indes versichert, dass die Kameraaufnahmen künftig auch für die Aufklärung von Polizeiübergriffen genutzt werden könnten. Diese dienten als Hilfe bei der Verfolgung von Straftaten mit „erheblicher Bedeutung“ – und dem Schutz der Beamten vor Angriffen. Ein Anlass für die Einführung waren die in den vergangenen Jahren gestiegenen Attacken auf Polizisten.

Schon zuletzt aber gab es Kritik, dass die Bundespolizei die Aufnahmen der Bodycams auf Servern des US-Internetunternehmens Amazon speichern wird. Die Bundespolizei erklärte, dies sei die einzige vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierte Cloudlösung in Deutschland. Auch würden die Daten verschlüsselt.

Der FDP-Innenexperte Benjamin Strasser sprach dennoch von einem „unkalkulierbaren Sicherheitsrisiko“. Die Bundesregierung müsse hier für Speicherkapazitäten bei Bundesbehörden sorgen.

In mehreren Bundesländern sind Bodycams bei der Polizei schon im Einsatz, teils noch im Versuchsstadium. Das erste Pilotprojekt für die Kameras fand bereits 2013 in Frankfurt/Main statt.

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5 Kommentare

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  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Ja - es hat lange gedauert. Viele Jahrzehnte Entwicklung und gesetzliche Anpassungen. Aber nun wird es klar: Der Feind des Staates und seiner ausführenden Organe - hier und jetzt die Polizei - sind die BürgerInnen.



    Ich bin schockiert.

  • 9G
    99140 (Profil gelöscht)

    Da wunderts einen nicht.



    Passt in Bild.



    Polizeien werden Armeeartig ausgerüstet und immer ist der Souverän der Feind.



    Potenziell sind wir alle Extremisten - wenn wir gegen Neoliberalismus, Spaltung der Gesellschaft und Lobbyismus protestieren - oder auch gerne alle Terrorverdächtig - beim anlasslosen speichern unserer Daten und der flächendeckenden CCTV Überwachung mit Gesichtserkennung - oder alternativ dazu Schwerkriminelle kurz vor Tatausübung - siehe metadaten Einspeisung in PreCrime Programme.



    Polizeigewalt findet allerdings in exakt dem gleichen Umfang statt, wie rechtsextreme Polizeibeamte die Bürger anderer Herkunft, anderer Meinung und anderer Religion bedrohen. Gar nicht, glaubt man den Polizeioberen und Beamten7 mandatsträger aus den Innenministerien des Landes und des Bundes.



    Da passt es gut ins Bild einen politischen Konsens mit Gegnern der Bodycams zu inszenieren, der dann umgehend einseitig - natürlich zu Lasten der Zivilgesellschaft und zum Nutzen der nicht gewalttätigen Polizisten - ad absurdum gestellt wird.



    Dies ist Beispielhaft für die Bundespolitik. Täuschen, lügen, manipulieren und die unreflektiert, Testosteron gesteuerten Polizisten zum Machterhalt auf den Souverän hetzen.



    Fröhliches Gewaltmonopolisieren des Mandanten.



    Wer wählt diese Leute denn noch? Das ist Beihilfe...diese Leute zu wählen.

  • (1) Das mit der Amazon-Cloud ist der Knaller. Selten so gelacht. Und "verschlüsselt" -- jo nu. Ich traue der BP (und/oder ihren teuren Beratern) nicht unbedingt zu, dass sie das sauber hinkriegen. Oder macht das etwa Amazon selbst, als Dienstleistung? Dann sind sie ohnehin der US-Justiz (auch der Geheimjustiz!) stärker verpflichtet als der BP.

    (2) "Die Aufnahmen sollten bei externen Anfragen nur herausgegeben werden, 'wenn dies aus rechtlichen Gründen zwingend ist' " -- also gut. Das heisst: wir, die Ottilie-Normalverbraucher*Innen müssen halt unsere Aufnahmen selber machen. Danke vielmals auch.

  • „Davon, auch das Handeln der Polizisten zu kontrollieren – wie in anderen Ländern üblich – steht in der Vereinbarung hingegen nichts“



    Allerdings steht auch nicht drin, dass derartige Kontrollen zu unterbleiben hätten. Das heißt aber nicht, dass die Polizei unbeobachtet ist: Wie man hört, haben „erfahrene“ Demonstranten stets Kameras mit dabei, um im Fall des Falles mit den geschossenen Bildern vor Gericht zu ziehen und wegen „Polizeibrutalität“ zu klagen. Warum sollen sich Polizisten und Demonstranten nicht gegenseitig bei ihrer „Arbeit“ filmen? Dem Richter sollte es dann überlassen sein, die Bilder zu vergleichen und Schlüsse zu ziehen!

    • 9G
      99140 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Nun, nehmen wir an Demonstranten filmen auf Demonstrationen weil Sie Erfahrungen mit Beweislastumkehr, aus der Luft gegriffenen Strafanzeigen wegen Widerstand oder Körperverletzung gg Beamte u.ä. gemacht haben.



      Nehmen wir nun noch an, das die Polizeien im Sinne ihres Auftrages verpflichtet sind die von ihnen gewaltmonopolisierten Bürger - immerhin der Souverän und mitnichten, wie in in ihrem Beitrag suggeriert, der Feind - zu schützen.



      All dies mal als Möglichkeit in ihr Weltbild eingespeist...ergäbe sich dann nicht unweigerlich die Einschätzung, das die Aufnahmen der Polizeibeamten nicht ihr persönliches Eigentum und schon gar nicht das Eigentum der Behörde sein können? Sondern das Eigentum des Staates, deren Souverän wir alle sind.



      Daher, die ausschliessliche Nutzung der BodyCam Aufnahmen wie vom BMI und der BP Führung statuiert, ist inakzeptabel und wahrscheinlich ein weiterer Fall für die Richter.