: Steuerzahler für Mini-Mülltonne
Der Bund der Steuerzahler kritisiert die schwankenden Preise für Abwasser und Müll. Städte dürften nichts an den Gebühren verdienen. CDU will sich nicht äußern – als Opposition teilte sie den Appell
AUS DÜSSELDORF SEBASTIAN KORINTH
Die BürgerInnen in NRW zahlen extrem unterschiedliche Gebühren für Abwässer und Müll. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisierte gestern in Düsseldorf, dass viele Kommunen ihre Haushalte mit Hilfe der Gebühren sanierten. Dabei sollen diese Gebühren nach dem Kommunalabgaben-Gesetz nur die tatsächlich anfallenden Kosten decken. Jetzt will die Lobby-Organisation die neue Landesregierung von CDU und FDP „bei jeder Gelegenheit daran erinnern“, welche Forderungen sie in der Opposition aufgestellt hatte, um die Preise für die Bürger zu verringern.
Zum Beispiel im November 2001. Damals stellte die CDU den Gesetzesantrag, die Abgabe für das Einleiten von Abwasser in Gewässer abzuschaffen und Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert zu verbieten. Hintergrund: Bei ihren Gebühren können Gemeinden von den Anschaffungskosten ihrer Anlagen ausgehen (“Anschaffungswert“) oder Kosten ansetzen, die bei einem Neubau anfielen (“Wiederbeschaffungszeitwert“). Viele Kommunen entscheiden sich für die zweite Variante – und erhöhen dementsprechend die Gebühren. Weil etwa in Monheim am Rhein (Kreis Mettmann) auf Initiative des Landrates das Abschreibungsverfahren geändert wurde, stiegen die Abwassergebühren um 15 Prozent. Ein Erlass des Innenministeriums vom Oktober 1999 zwingt laut BdSt Gemeinden mit einem Haushaltssicherungs-Konzept – so wie Monheim – höchstmögliche Einnahmen zu erzielen. Wenn nötig, auch über Gebührenerhöhungen. Kritik daran übte gestern Georg Lampen, Vorsitzender des BdSt Nordrhein-Westfalen: „Statt einseitig auf die Erhöhung der Einnahmen zu pochen“ sollten Innenminister und Kommunalaufsicht „stärker überprüfen, ob alle Möglichkeiten, Kosten zu senken, ausgeschöpft sind.“ Der entsprechende Erlass des Innenministeriums müsse aufgehoben werden.
CDU und der Steuerzahlerbund teilten früher auch einen weiteren Appell: Städte und Gemeinden sollten nicht höhere Zinsen nehmen, als der freie Kapitalmarkt. Der Steuerzahler-Bund fordert deshalb 17 Städte, die 2005 einen Zins von acht Prozent ansetzen, auf, den Zinssatz auf höchstens sechs Prozent zu senken und die unzulässigen Mehreinnahmen der vergangenen drei Jahre per Gebührensenkung zurückzuzahlen. Prinzipiell sollten Gemeinden ihre Haushalte nicht über die Gebühren sanieren, sondern die Abwasserentsorgung über einen Eigenbetrieb oder eine Anstalt öffentlichen Rechts betreiben.
Ob auch heute noch große Übereinstimmungen zwischen dem BdSt und der Regierungs-CDU bestehen, ist fragwürdig. Gestern war die CDU für keine Stellungnahme zu erreichen.
Preise senken können auch kleinere Tonnen. Eine Untersuchung des BdSt, die von einem 4-Personen-Musterhaushalt ausgeht, zeigt dabei große Unterschiede auf. So schneidet die Stadt Roetgen gut ab: Die Musterfamilie müsste für die 14-tägige Leerung einer 240-Liter-Tonne rund 932 Euro zahlen. Nutzt der Haushalt alle Möglichkeiten, Müll zu vermeiden, zu trennen und zu sortieren, bietet die Stadt jedoch eine günstigere Alternative: Für eine 35-Liter-Tonne, die alle 14 Tage geleert wird, fielen dann lediglich 147 Euro an. Die Befürchtung, kleinere Tonnen würden zu einer „wilden Müllentsorgung im Wald“ verleiten, teilt der BdSt nicht: Dafür gebe es keinen empirischen Nachweis, so BdSt-Vorstandsmitglied Heinz Wirz. Eher führten größere Mülltonnen automatisch zu mehr Müll.
Um die Preise für die BürgerInnen zu senken, hat der BdSt. noch weitere Ideen: Die Kommunen sollten kürzere Verträge für das Einsammeln und Transportieren des Mülls vergeben sowie die Aufträge regelmäßig neu ausschreiben. Zudem müssten sie die Bürger besser über unterschiedliche Tonnengrößen und Abfuhrintervalle informieren.
Positiv bewertet der BdSt die höhere Auslastung der 16 Müllverbrennungs-Anlagen in NRW. Sie profitieren vor allem vom vermehrten Gewerbemüll.Die dadurch sinkenden Preise könnten an die Bürger weitergegeben werden – in Form niedrigerer Abfallgebühren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen