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Kommentar Ackergifte und Groko-StreitWirtschaftspolitik von vorgestern

Die Ministerinnen der Union verstehen sich als Lobbyistinnen der etablierten Player. Für frische Ideen haben Sie nicht den Kopf frei.

Streit um Agrargifte: Svenja Schulze und Julia Klöckner im Kabinett Foto: dpa

Regieren ist Mist, zumindest unter dem Gesichtspunkt der Modernisierungsfähigkeit von Parteien betrachtet. Aktuell lässt sich das am Umgang des Landwirtschaftsministeriums mit Ackergiften studieren. Ungeachtet aller Debatten über das Insektensterben setzt es auf Pestizide. Damit entstammt die Agrarpolitik der Julia Klöckner (CDU) dem vergangenen Jahrhundert. Sie setzt auf Gentechnik, Exportorientierung, Fleischproduktion und möglichst industrielle Strukturen.

Damit reiht sie sich brav ein in die Riege ihrer christ- oder sozialdemokratischen KabinettskollegInnen aus dem Verkehrs- oder Wirtschaftsressort. Auch sie machen Politik von vorgestern, weil sie ohne eine entscheidende Erkenntnis der Gegenwart auskommen müssen: Eine moderne, zukunftsgewandte Wirtschaftspolitik ist ökologisch. Sie schont ernsthaft gefährdete Ressourcen wie Böden, Wasser, Artenvielfalt und ein stabiles Klima.

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Beispiel Verkehr: In den Wachstumsmetropolen Asiens und Afrikas wird Mobilität elektrisch, vernetzt und öffentlich sein. Das Auto ist genauso von gestern wie eine Verkehrspolitik, die den automobilen Individualverkehr in den Mittelpunkt stellt. Beispiel Energie: Das Industrieland, das heute flexible Netzinfrastrukturen baut, die Sektoren Verkehr, Industrie, Wärme und Energie koppelt, ist erfolgreich auf den Märkten der Industriestaaten von morgen. Die werden, getrieben vom Klimawandel und knapper werdendem Öl, genau solche Konzepte brauchen. Aber das Wirtschaftsministerium bremst die Energiewende aus, statt ihre Rahmenbedingungen zu verbessern.

So sehr verstehen sich die MinisterInnen der Union als eifrige Lobbyisten der etablierten Player, dass sie den Kopf nicht frei haben für frische Ideen. Das wird zu einem Problem für uns alle, denn wer in der fossilen Wirtschaft von gestern erfolgreich war, muss das in der dekarbonisierten von morgen nicht bleiben. Den Blick nach vorne richten, Überkommenes aussortieren, dafür sollte sich die Union Zeit nehmen. Am besten in der Opposition.

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9 Kommentare

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  • Wenn ich dieser Tage verfolge, was die CDU/CSU-Größen von sich geben bzw. entscheiden, möchte ich fast permanent mit dem Kopf gegen die Wand hauen.



    Da fällt mir nichts mehr ein.

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Die CDU/CSU hat was Schizophrenes an sich: Heimat, Herd, Kinder, Kirche, Freiheit, Verkehr, Bauern eisern bewahren und niemals an die Zukunft denken. Dabei wird das zu Bewahrende gerade deshalb kaputt, weil die Union die Zukunft scheut, wie der Teufel das Weihwasser.



    Die Zukunft scheint Gift für die Union zu sein. Kein Tier hat eine solche Borniertheit in sich.

  • "Die Ministerinnen der Union verstehen sich als Lobbyisten der etablierten Player. Für frische Ideen haben Sie nicht den Kopf frei."

    schön gesagt!

    sind halt Politiker und keiner Volksvertreter...

  • Wer etwas anderes als Lobbyarbeit der Politik für die Wirtschaft, die Industrie und vor allem des Aktien Kapitals erwartet, sollte sich schnellstmöglich daran machen Leute um sich zu versammeln, um eine neue Partei der Kompetenzen gründen!

    Selten haben wir einen Politiker Pool gehabt, der so wenig vom regieren versteht, wie der Heutige und auch eine dermaßen Konzerntreue Regierung hat es noch nicht gegeben und das gilt leider auch für die EU und dessen Mitglieder!

    Die Politik hat sich weitest möglich von den Bürgern entfernt, die sie immer wieder wählen müssen, mangels echter Alternativen!

    Die AFD kann man nicht als eine Alternative zu irgend etwas brauchen, da sie sich nur Rückwärts gen 1933 - 1945 richtet, menschenverachtend und rassistisch ist!

    Es wäre aber äußerst Wünschenswert, wenn es eine echte Alternative zu den Parteien des Bundestages gäbe, denn durch die ständig wechselnden Machtverhältnisse unter den etablierten Parteien kann man nicht von einem Richtungwechsel reden,, wenn mal die SPD, mal die CDU/CSU, mal mit FDP und/oder Grünen regiert, denn das Resultat bleibt, wie wir seit 1998 sehen konnten immer das Gleiche!



    Alle Vorteile bei den Unternehmen und Großkonzernen, alle Nachteile müssen vom Arbeiter und Angestellten und von den Ärmsten, Kindern und Rentnern gestemmt werden!

    Die Politik hat die Menschen unterhalb des Mittelsstandes und inzwischen auch den unteren Mittelstand, völig beim regieren vergessen!

    Solange es keine Partei gibt, die sich die Veränderung und Erneuerung der alten Strukturen auf die Fahnen geschrieben hat und vor allem auch den Klimaschutz und die Verteilungsgerechtigkeit, werden wir immer nur zwischen Pest und Cholera wählen können!

    Lohngerechtigkeit ist es nicht, wenn durch niedrige Löhne die Gewinne der Firmen steigen, während die eigentlichen Schaffer, die mit ihrer Hände Arbeit den Gewinn erwirtschaften am Limit gehalten werden!

    Es wird keinem Schaden, wenn er 80 anstatt 100 Millionen am Jahresende haben wird!!!

  • Etwas ist diesen Geschichten doch positiv abzugewinnen: man weiß wieder, wo man politisch hingehört.

  • Leider ist das falsch, Frau Holdinghausen, Mobilität wird weder elektrisch sein, noch überhaupt eine Energiewende kommen! Es wird leider nur zur Armut reichen! Die entsetzliche Nachricht ist: Es gibt kein Substitut! Weder Wind, noch Solar, noch Atom sind es. Das liegt daran, dass der Nettoertrag von Wind und Solar sehr gering ist und die in ihren Beton, Stahl, Kupfer investierte Energie über ihre Lebenszeit kaum zurück gewonnen wird. Bei Atom geht uns der Brennstoff aus. Fahren wir den Bau von Autos zurück, wird Stahl anders skalieren, das Wegenetz, die Wirtschaft. Die Mobilität wird auf der Strecke bleiben, Massenbildung (die vom Öl abhängig ist, weil wir sonst auf dem Felde stünden), die Dienstleistungsgesellschaft, die industrialisierte Landwirtschaft; eine weltweite Dauerrezession zeichnet sich ab. Elon Musk macht Anlegern weis, es werde sich nichts ändern. Schauen Sie sich den Anteil der Erneuerbaren in Deutschland und weltweit an, nicht nur immer deren Anteil am Stromverbrauch. Alle fossilen Energieträger peaken derzeit, erwarten Sie keine Glockenkurve, sondern einen Abfall. Es wird ein paar Krisen geben und danach leben wir, wenn es gut läuft, in der Bronzezeit.Wie wollen Sie die riesigen Distanzen in den USA überwinden, mit Windstrom? Wie China und Indien ernähren ohne Kunstdünger? Wie unsere Atomhalden eingrenzen? Die hohe Komplexität unserer Systeme wird sich drastisch reduzieren. Wenn Sie das überleben, hacken Sie Kartoffeln auf dem Feld und spinnen Wolle aus Brennesseln. Wir führen eine Scheindebatte, weil keiner die Wahrheit hören will. Das nimmt uns die Vorbereitung auf eine absehbare Zukunft, die im Gegensatz zu Musks und Merkels Traumfabrik wissenschaftlich abgesichert ist. Was bleibt sind lokale, ländliche Strukuren, Selbstversorgung, handwerkliche Skills.

    • 9G
      91672 (Profil gelöscht)
      @EricB:

      Ihre Sichtweise ist eine beispielhafte Stoffsammlung, weshalb der Mensch keine lange Zukunft mehr mit seiner derzeitigen Lebensweise haben wird.



      Der Mensch ist einfach zu dumm.



      Es gab in der Evolution schon manche Tierarten, die einfach ausgestorben sind, weil sie ihre Lebensgrundlage nicht geschätzt oder verstanden oder überfordert haben. Die bald 9 oder 10 Mrd. Menschen werden auch dieses Los haben. Gegen Dummheit geht die Natur gnadenlos vor. Und es ist nicht schade drum. Es war halt ein Versuch.

  • Gelle. Faß mal mit Lia Wöhr zusamme;

    “Svenja - Mei Drobbe!"

    unterm----un dess --



    Danke fürs Fotto&Silberkännchefake!;)



    Normal.

  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    "Eine moderne, zukunftsgewandte Wirtschaftspolitik ist ökologisch. Sie schont ernsthaft gefährdete Ressourcen wie Böden, Wasser, Artenvielfalt und ein stabiles Klima."



    Exakt. Mehr als zustimmen kann ich nicht. Die Bodenerosion bzw. -verödung z.B. scheint als Thema völlig außen vor zu bleiben, dabei ist das weltweit ein sich ständig verschärfendes Problem.



    Die Letargie und Verantwortungslosigkeit der genannten Minister(ien) angesichts der Herausforderungen lässt einen ungläubig zwischen Kopfschütteln und Verzweifeln.