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Grüne machen Ernst mit KlimaschutzEndlich Streit um heiße Luft

Hamburgs Grüner Umweltsenator Kerstan will schärfere CO2-Reduzierung und ökologische Leitplanken für die Wirtschaft. Bürgermeister Tschentscher (SPD) lehnt das ab.

Alles andere als Luftkurortverdächtig: Die Luft an den Hamburger Landungsbrücken Foto: dpa

HAMBURG taz | Das Klima retten will Hamburgs Umweltsenator Jens Kers­tan – und riskiert damit einen Klimakrach in der rot-grünen Koalition. Sein Ziel sei es, dass Hamburg beim Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) eine Einsparung von 55 Prozent bis 2030 erreiche, sagte Kerstan der Nachrichtenagentur dpa.

Im geltenden, vier Jahre alten Klimaschutzplan der Stadt ist bis Ende nächsten Jahrzehnts eine Reduktion von 50 Prozent vorgesehen. Dieser Plan müsse jetzt fortgeschrieben werden, „bis zum Sommer“ hofft der Grüne, das erreichen zu können.

„Wenn man bis 2030 einen echten Beitrag zum Klimaschutz leisten will, dann muss man sich jetzt zumindest das gleiche Ziel wie die Bundesregierung setzten, die ja bis dahin auch 55 Prozent CO2-Einsparung erreichen will“, sagt Kerstan.

Dass Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) Anfang Februar den Klimaschutz in den Mittelpunkt seiner Rede vor dem Übersee-Club gestellt hat, findet der Umweltsenator positiv. „Deshalb nehmen wir den Bürgermeister jetzt gerne beim Wort“, um in der rot-grünen Koalition „einen Klimaplan zu erstellen, der dafür sorgt, dass Hamburg seine Verpflichtungen erfüllt“, so Kerstan.

Dicke Luft

Rund 1.000 ZuschauerInnen haben bei einer Luftmessaktion des NDR Schadstoffe in der Atemluft gemessen. Die am Montag veröffentlichten Ergebnisse sind nicht gerichtsfest, aber anschauliche Ergänzungen amtlicher Messungen.

Die schlechteste Luft herrscht demnach an den Hamburger Landungsbrücken, wo der Grenzwert für Stickstoffdioxid fast um das Vierfache überschritten wurde: 149 Mikrogramm wurden gemessen, erlaubt sind 40. Verantwortlich ist dafür vermutlich der Schiffsverkehr.

Auch über dem Grenzwert, wenn auch teilweise nur knapp, liegen 17 weitere Messergebnisse. Darunter sind Bereiche am Berliner Tor, Horner Kreisel und Barmbeker Markt, an der Adenauerallee, Christuskirche und Holstenstraße.

Bürgermeister sieht „Apokalyptische Szenarien“

Das allerdings erscheint gewollt treuherzig. Denn vor der Unternehmerlobby war Regierungschef Tschentscher deutlich auf Distanz zu seinem grünen Koalitionspartner gegangen. Klimapolitik dürfe nicht wachstumsfeindlich sein, hatte Tschentscher klargestellt. „Es kommt nicht darauf an, immer neue Forderungen zur CO2-Reduzierung aufzusatteln und diese mit apokalyptischen Szenarien zu untermauern“, sagte er unter dem Beifall von 400 Wirtschaftskapitänen.

Die begrüßten sein „Bekenntnis zur Wirtschaft ohne Wenn und Aber“. Es sei eine klare Ansage Tschentschers, „gemeinsam mit der Wirtschaft Klimaschutz und Energiewende zu meistern – ohne Verbote, Beschränkungen und Symbolpolitik, die doch nichts bringen, wie die Fahrverbote zeigen“, kommentierte Uli Wachholtz, Präsident des Unternehmensverbandes Nord.

Tschentschers Rede, die mit dem Koalitionspartner inhaltlich nicht abgesprochen war, war als Reaktion auf ein tags zuvor veröffentlichtes Strategiepapier der grünen Parteispitze zur Klimapolitik zu verstehen, das bei Koalitionsverhandlungen nach der Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020 „ein zentraler Punkt“ sein soll.

Klimaschutz für Grüne kein „Wohlfühlthema“ mehr

Darin fordern die Grünen mehr Anstrengungen beim Klimaschutz, der zu lange „ein Wohlfühlthema“ gewesen sei. Notwendig sei eine „neue Ernsthaftigkeit, damit Hamburg bis 2050 eine klimaneutrale Stadt werden“ könne. Denn zur Zeit würden technische Weiterentwicklungen die Emissionen nicht senken, sagt Kerstan und nennt als Beispiel den Autoverkehr. Die neuen Motoren würden zwar pro PS durchaus weniger CO2 emittieren. „Aber gleichzeitig werden die Autos immer größer, schwerer und leistungsstärker, so dass die CO2-Emissionen im Verkehr nicht sinken“, erklärte Kerstan.

Seine Schlussfolgerung: „Deshalb sollte eine mutige Regierung den Markt so gestalten, dass er ökologische Leitplanken bekommt.“ Fraglich nur, ob der Bürgermeister und die SPD so mutig sein wollen.

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