Neue Führung beim THW Kiel: Mit Hoodies in die Zukunft
Der Handball-Rekordmeister THW Kiel verjüngt nach der Mannschaft sein Führungsteam. Beim „Trainerwechsel light“ setzt der Verein auf einen geordneten Übergang.
Der Handball-Rekordmeister, der nach einer Zeit des stetigen Trophäen-Zuflusses den Beginn einer neuen Ära so herbeisehnt, hat nun den zweiten Umbruch vollzogen. Nach der Verjüngung der Mannschaft vor drei Jahren ist jetzt – nach dem Ausbleiben des gewünschten Erfolges – der Trainerbereich dran.
Und so präsentierte der 1904 gegründete Turnverein Hassee-Winterbek jüngst ein Foto mit jenen drei Hoody-Trägern, die maßgeblich die Zukunft des Kieler Clubs gestalten sollen. Als Nachfolger für den herzlich-knorrigen isländischen Trainer Alfred Gislason, 59, setzt der THW auf ein Duo, das noch vor nicht allzu langer Zeit selbst über das Spielfeld der ehemaligen Kieler Ostseehalle gehastet ist.
Der frühere tschechische Weltklasse-Handballer Filip Jicha, derzeit Assistent von Gislason, wird vom Sommer an neuer Chefcoach sein – das wurde schon im Mai 2018 beschlossen. Neu ist, dass sein ehemaliger Mitspieler Christian Sprenger ihm als Co-Trainer zur Seite stehen wird. Und der Dritte auf dem Foto, der Österreicher Viktor Szilagyi, ist bereits seit 1.Januar 2018 als Sportlicher Leiter tätig. Von Letzterem gab es Vorschusslorbeeren für die früheren Teamkollegen: „Beide verkörpern durch ihre gemeinsame Geschichte den THW Kiel, beide haben eine ähnliche Vorstellung von dem Handball, den sie spielen lassen wollen. Das Duo Jicha/Sprenger an der Seitenlinie ist eine ideale Kombination für unsere Zukunft.“
Er selbst klammerte sich aus Bescheidenheit dabei aus. Doch klar ist: Ein Trio verkörpert die nächste Generation der Kieler „Zebras“. Jicha ist 36 Jahre alt, Sprenger 35 und Szilagyi 40. Gislason befindet sich dagegen längst auf der Zielgeraden seiner überaus erfolgreichen Trainerkarriere. Der passionierte Rosenzüchter, den sie in Kiel alle nur „Alfred“ nennen, trainiert seit der Saison 2008/09 den THW. Er führte diesen zu zwei Triumphen in der Champions League, einen bei der Club-WM, fünf im DHB-Pokal und sechs deutschen Meisterschaften.
Allerdings: In den vergangenen drei Spielzeiten war Gislasons Ausbeute mit dem erneuerten Team mager. Nur ein Triumph gelang, im Frühjahr 2017 im DHB-Pokal. Nur ein halbes Jahr später stand er nach dem schwächsten Saisonstart seit 2002 massiv in der Kritik. Vielfach war zu hören, dass nach dieser langen Dienstzeit ein Abnutzungseffekt eingetreten sei, dass Mechanismen eingefahren seien, dass besser ein Jüngerer übernehmen solle, der aufgrund seines Alters näher an der Mannschaft sei.
Der THW setzte auf den „Trainerwechsel light“ – auf einen geordneten Übergang. Gislason gibt seit dieser Saison viel von seiner Verantwortung an Jicha ab, der designierte Nachfolger ist wie ein Special Coach beim American Football für die Defensive zuständig. Den erhofften Erfolg hat diese Maßnahme nur zum Teil gebracht. In der Bundesliga, dem wichtigsten Wettbewerb, hat Kiel jüngst durch ein 25:28 gegen den SC Magdeburg einen herben Rückschlag erlitten. Der Titelverteidiger und Spitzenreiter SG Flensburg-Handewitt (42:0 Punkte) weist sechs Minuspunkte weniger auf als der THW (38:6), dessen Chancen auf die Meisterschaft daher nur gering sind.
Der EHF-Cup als Trostpflaster
Es gibt aber noch zwei andere Optionen: Im DHB-Pokal trifft der THW am 6. April in Hamburg auf die Füchse Berlin. Am aussichtsreichsten sieht die Lage im EHF-Pokal aus. Dort sind die „Zebras“, die am Sonntagnachmittag zu Hause GOG Gudme (Dänemark) mit 37:23 bezwangen, auf dem direkten Weg zum Final Four, das in Kiel stattfindet.
Als Gislason vor einigen Wochen vom NDR befragt wurde, wie er das Ende seiner elfjährigen Dienstzeit bewerten würde, wenn es keinen Titelgewinn zu feiern gäbe, befand er: „Wäre ein schlechter Abgang, würde ich sagen.“ Zum Traumtitel Meisterschaft wird es wohl nicht reichen, doch der EHF-Cup als Trostpflaster ist denkbar.
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