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Rodungsmoratorium Hambacher ForstKein Baum fällt bis 2020

NRW-Ministerpräsident Laschet sagt zu, Ergebnisse der Kohlekommission 1:1 umzusetzen. Der Hambacher Wald ist vorerst geschützt.

„Hambi bleibt“– Baum im Hambacher Wald Foto: Oliver Berg / dpa

Im Hambacher Wald, der durch den Braunkohletagebau bedroht ist, wird es mindestens in den nächsten eineinhalb Jahren keine Rodungen geben. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Landtag, der Stromkonzern RWE habe ihm die Zusage für ein „Rodungsmoratorium“ gegeben. „Das heißt, dass in jedem Fall bis zum Herbst 2020 nicht gerodet wird“, erklärte Laschet. RWE bestätigte diese Zusage gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

Derzeit ist der Wald ohnehin durch eine vorläufige Gerichtsentscheidung geschützt, die der Umweltverband BUND erwirkt hatte. Diese gilt aber nur bis zu einer Entscheidung im Hauptverfahren. Durch die Zusage von RWE bleibt der Wald nun unabhängig vom Ausgang des Prozesses vorerst geschützt. Als Konsequenz appellierte Laschet an die BesetzerInnen, die in zahlreichen Baumhäusern im Hambacher Wald leben, diesen zu verlassen.

„Alle Seiten sind jetzt aufgefordert, Zeichen der Verständigung zu setzten“, sagte der Ministerpräsident. Zudem plädierte Laschet für eine dauerhafte Sicherung des umkämpften Waldstücks: „Der Erhalt des Hambacher Forsts ist wünschenswert und muss Bestandteil der Verhandlungen zwischen Unternehmen und Bundesregierung sein.“ Einen neuen Kurs deutete Laschet auch bei der geplanten Abschaltung von Kohlekraftwerken an. „Wir wollen den Konsens der Kohlekommission eins zu eins umsetzen“, sagte er.

Die Kommission hatte gefordert, mit dem Braunkohleausstieg im Westen zu beginnen und bis 2022 zusätzliche Kraftwerke mit einer Kapazität von 3,1 Gigawatt stillzulegen. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart wollte jedoch in seinem Bundesland nur 2,4 Gigawatt abschalten, was Umweltverbände heftig kritisiert hatten. Laschet sagte nun, das Land werde in jedem Fall umsetzen, was die Bundesregierung mit den Kraftwerksbetreibern vereinbare

Klimaschutzgesetz im Kanzleramt

Auf Bundesebene hat das von Svenja Schulze (SPD) geführte Umweltministerium unterdessen trotz heftigem Widerstand aus der Union einen Entwurf für das geplante Klimaschutzgesetz zur sogenannten Frühkoordinierung im Kanzleramt eingereicht. Das Gesetz, das in diesem Jahr verabschiedet werden soll, soll sicherstellen, dass die Klimaschutzziele für 2030 erreicht werden.

Dafür sind neben der Energiewirtschaft auch in den Sektoren Verkehr, Landwirtschaft und Gebäude konkrete Einsparziele vorgesehen. Werden diese nicht eingehalten, sollen die zuständigen Ressorts für Strafzahlungen oder den Kauf zusätzlicher EU-Verschmutzungsrechte aufkommen.

Vor allem dieser Plan sorgt für Widerspruch in der Union. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Georg Nüßlein (CSU) hatte am Samstag im Handelsblatt das Gesetz, das das Kernstück der deutschen Klimapolitik werden soll, komplett infrage gestellt.

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17 Kommentare

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  • Das wär beruhigend, wennn das ein schönes Zeichen wäre. Aber es ist eine Nebelkerze. Laschet⁩ und RWE wollen sich dafür feiern lassen, ein Gerichturteil (VG Münster, 5.10.2018) zu akzeptieren.



    So ist es vor allem eins: die Ankündigung der nächsten Räumung.

  • 10% Stromexport Deutschland und Minus-Preise an der Leipziger Strombörse verhindern in anderen EU-Staaten die Etablierung eines eigenen erneuerbare Energiensystems. Allein schon um Erfahrungen zu sammeln im Umgang mit der Technik. CO2 Abscheidung (=Gewinnung) aus öffentlichen Kläranlagen und Biomüll. Oder Photovoltaikproduktion in Bulgarien.

  • Ein sehr schönes Zeichen von Politik und Wirtschaft. Ich hoffe, die Aktivist*innen kommen dadurch etwas zur Ruhe und man sich nochmal gemeinsam an einen großen Tisch setzen.

    • @Lennard Meyer:

      Die Aktivist*innen sind vor Ort und wissen mit wem Sie es zu tun haben, kommen folglich nicht zur Ruhe. Träumen Sie weiter von Ihrem großen Tisch.

      • @Renate:

        Irgendjemand hat immer etwas zu meckern, so ist das halt.

        • @Lennard Meyer:

          Darf ich sie mal was fragen?



          Sind Sie sind ein neues Profil von Herrn R. Fissner – Hallo erssmaaaal, aber eher unwahrscheinlich – oder sind Sie ein/der (Hambi-)Richter oder sind Sie ein Regierungsbeamter oder sind Sie gar jemand von RWE? Ach wie gut dass niemand weiß, dass ich …

          • @Frau Kirschgrün:

            ... ein frustrierter junger Mann bin, der zur Zeit Semesterferien hat.

            • @Lennard Meyer:

              Wie kann mann während der Ferien frustriert sein?!

              • @Frau Kirschgrün:

                Bei mir läuft es zur Zeit einfach nicht so rund und ich habe auch einige Klausuren in den 2. Prüfungszeitraum geschoben. So entspannt sind die Semesterferien dann leider nicht. Ich danke der Nachfrage.

                • @Lennard Meyer:

                  Halte Ihnen die Daumen!



                  Nicht zu viel Lernen, grünen Tee trinken und Lerngruppen abhalten. Unbedingt ein paar vergnügliche, alles andere vergessende Aktivitäten einschieben. Unbedingt.



                  Sagt die alte Frau. 😎

                  • @Frau Kirschgrün:

                    Danke, wirklich sehr nett von Ihnen. :)

  • Eine sehr optimistische Überschrift - hat RWE sich je an Vereinbarungen gehalten? Hier geht es doch vor allem darum den Widerstand zu spalten. Der geniale Schulterschluss von Klimaaktivist*innen, Waldschützer*innen, Artenbewahrer*innen, Dörferetter*innen, Weltverbesserer*innen, Utopist*innen, Anarchist*innen, *Träumer*innen, die sich da letzten Herbst im Hambacher Wald gefunden hat und mehr und mehr an Momentum gewann, ist denen ein Dorn im Auge und muss weg. Die altbewährte Strategie: "divide and conquer". Hier sollen natürlich zuerst die Besetzer isoliert werden, eine kleine Gruppe und doch der eigentliche Kern des Widerstands. Wenn es funktioniert und die Besetzung wegen fehlenden Rückhalts geräumt wird, wird RWE wie immer Tatsachen schaffen, die Zerstörungen ungebremst fortsetzen, irgendwann wird es heißen, dass der Wald leider beim besten Willen nicht mehr zu retten ist. (vielleicht warten sie ja tatsächlich noch bis 2020 mit diesem Schritt). Dann nur noch ein verhaltenes Echo in den Medien und das wars dann.

  • wär soweit prima, jedenfalls mal für den anfang, wenn man der RWE und/oder NRW regierung auch nur ein wort glauben könnte. sobald die besetzung weg ist, machen die doch weiter, wie sie lustig sind. in den dörfern fallen täglich häuser und bäume.

    und im hintergrund werden weiter alle strippen gezogen, um für schrottkraftwerk noch milliarden aus den steuertöpfen ziehen. aber wo CDU und RWE parktisch in personalunion agieren, geht das halt.



    www.klimareporter....he-scheitert-an-eu

  • Wenn der Staat ein Zeichen der Verständigung setzen möchte, kann er "Eule" umgehend freilassen, sowie die weiteren laufenden Verfahren einstellen.

    • @Wagenbär:

      Sehr gute Idee.

  • Wenn die tapferen Hambi-Aktivistis noch wollen und können, dann sollte der Wald unbedingt besetzt bleiben. Wäre ja jetzt eine vermutlich ruhige Phase, um erneut Hängemattenpaläste zu installieren.

    Die Ankündigung Laschets, den Wald "sichern" zu wollen, muss man ja fast eindeutig so verstehen, dass der Wald abgesperrt werden wird, um die später anstehenden Rohdungsarbeiten vor erneuten Aktionen und Besetzungen von Klimaaktivist*innen "zu schützen".



    HAMBIBLEIBT!

    • @Jette Porz:

      BLEIBT BLEIBT BLEIBT!