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Bundeskartellamt greift durchFacebook muss Sammelei eingrenzen

Zugriff auf alle Daten, auch außerhalb der eigenen Plattform? Die Kartellwächter sagen nein. Das Online-Netzwerk will sich dagegen wehren.

Muss Facebook künftig das Datensammeln einschränken? Foto: reuters

Berlin taz | Das Bundeskartellamt will Facebook das Sammeln von Daten in Deutschland deutlich erschweren. Das Online-Netzwerk sei marktbeherrschend und würde seine Stellung bei der Sammlung von Nutzer*innendaten missbrauchen. Das teilte Kartellamtschef Andreas Mundt am Donnerstag in Bonn mit. Das Kartellamt habe dem US-Konzern nun „weitreichende Beschränkungen“ bei der Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt.

Facebook bestreitet die Vorwürfe des Kartellamts. „Wir werden Beschwerde gegen den Beschluss einlegen“, kündigte das weltgrößte Internet-Netzwerk in Reaktion auf den Beschluss der Bonner Behörde an. Es ist möglich, dass der Fall jetzt durch die Gerichtsinstanzen geht.

Das Bundeskartellamt untersuchte nur die Datensammlung außerhalb der Facebook-Kernplattform – zum Beispiel über den „Gefällt-mir“-Button auf anderen Webseiten oder die sogenannten „Drittquellen“ des Netzwerkes Instagram und Whats App. Ein zentraler Kritikpunkt des Amtes war, dass man der Datenerhebung „als Gesamtpaket“ zustimmen muss, um Facebook überhaupt nutzen zu können.

Die anderswo gesammelten Daten verknüpfe Facebook dann mit Informationen von der Plattform selbst und könne dadurch Nutzer*innen und Werbekund*innen einen besseren Service bieten, begründete das Bundeskartellamt seine Entscheidung.

Kaum Alternativen zu Facebook

Die Behörde sieht darin gleich mehrere Probleme. Zum einen können sich die Nutzer*innen der Zusammenführung der Daten nicht entziehen, weil sie angesichts der Marktmacht wenig Alternativen zu Facebook haben. Ähnliche Netzwerke wie StudiVZ oder Google+ sind zuletzt bedeutungslos oder eingestellt worden. Deshalb betrachten die Wettbewerbshüter auch die Einwilligung zur Datenverarbeitung als nicht wirksam. Zum anderen werde Facebook so „für Werbekunden immer unverzichtbarer“.

Zuletzt machte Facebook mit den Plänen auf sich aufmerksam, seine Dienste WhatsApp, Facebook Messenger und Instagram enger zusammenführen zu wollen. Dies würde es dem Konzern ermöglichen, noch leichter detaillierte Persönlichkeitsprofile zu erstellen, warnte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands Klaus Müller.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) forderte deshalb im Handelsblatt, dass Nutzer*innen von WhatsApp künftig diensteübergreifend über Konkurrenzprogramme kommunizieren können sollen. Facebook ist das größte soziale Netzwerk weltweit. Eigenen Angaben zufolge hatte die Plattform im Dezember 2018 rund 1,2 Milliarden Nutzer*innen täglich. Auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke ist Facebook marktbeherrschend. (mit dpa)

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6 Kommentare

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  • Der Entscheid des Kartellamtes ist klasse und zeigt allen Fans der, im Fall von juristisch gut beratenen Datensammelkraken, zahnlosen DSGVO wie man Facebook wenigstens ein klein wenig in die Schranken weist.

    • 9G
      92293 (Profil gelöscht)
      @Martin74:

      leider kommt dies mehr als 5 jahre zu spät und zeigt mal wieder das das hoheitliche zögern und abwarten von zuständigen behörden zu viel freiraum läßt, einiges an äger hätte hierbei besser gestoppt werden können

  • Erfreulich, aber greift zu kurz. Wie sehr FB inzwischen ausser Rand und Band ist lässt sich gut aus diesem Vortrag vom jüngsten Chaos Communication Congress (35C3) erschließen: media.ccc.de/v/35c...cks_you_on_android

  • Wer bei Facebook mitmacht ist selber schuld. Ein Leben geht auch ohne diese Datendealer weiter.

  • Vorsicht etwas Zynismus: Ich dachte bisher Facebook würde aufgrund seiner Menschlichkeit und Freigiebigkeit existierem und das dies jeden klar wäre. Aber scheinbar gibt es immer noch viele die nicht an die Gemeinnützigkeit glauben und diesem Netzwerk Böses unterstellen wollen. Einfach unglaublich. Es wäre schon schlimm wenn die Mitmenschen nicht mehr kommunizieren könnten, weil es so ein wichtiges Mittel zum Austauschen nicht mehr geben würde.



    Aber im Ernst, ich denke jeden der dieses Netzwerk nutzt dürfte klar sein das es sich mit etwas finanzieren muss und Daten sind heutzutage eine herrliche Einkommensquelle, die die Nutzer so unendlich freigiebig weitergeben. Warum stört sich denn ein Kartellamt daran, das eine Firma scheinbar noch immer so attraktiv für viele ist und keine Konkurrenz hat, weil andere Netzwerke nicht so bekannt waren und wieder vom Markt verschwinden oder verschwunden sind?



    Und was sollte denn Facebook machen, ihre Einkommenquellen aufgeben und auch schließen? Ich denke dann würde das Internet viel an Attraktivität verlieren, denn Kommunikation mit Leuten fast auf der ganzen Welt, gibt es nicht in diesem Stil, wie ihn FB bietet. Was wären den die Alternativen, sich etwa wieder persönlich mit anderen Leuten unterhalten ;-) oder mal Briefe schreiben bei denen die Antwort ewig dauert? Email wäre ein Weg, jedoch hilft es nichts, wenn man den Gesprächspartner noch nicht mal kennt. Fb hilft nun mal Menschen zusammenzubringen und das auf relativ leicht Art. Ich persönlich achte darauf das ich nicht zuviel von mir über diese Plattform preisgebe, dafür gibt es andere Möglichkeiten zum Austausch. Wenn das andere auch machen würden, wären die Daten nicht so interessant und gut wäre es.

    • 9G
      93849 (Profil gelöscht)
      @Reiner Lorber:

      Herr Lorber, ich habe nur überflogen, was Sie geschrieben haben, aber ich habe nicht einen Hinweis darauf gefunden, dass Sie die Problematik verstanden haben:

      Ich bspw. als NICHT-Nutzer von FB bekomme Cookies über Seiten, von denen ich nicht einmal weiß, dass FB dort Inhalte platziert hat. Darüber werden wieder Daten abgegriffen, obwohl ich sehr wohl versuche mich vor FB zu schützen.

      Dasselbe gilt für WhatsApp... ich habe es erst genutzt und aufgegeben, als es rechtlich keine Einwände gab, dass Bekannte, Freunde, Arbeitskollegen meine Nummer mit der Nutzung mitgeben, auch wenn ich das gar nicht möchte. Meine Alternative wäre gewesen, jeden einzelnen anzuzeigen. Toll. Finden Sie nicht?