Gröpelinger Jugendhäuser vor dem Aus: Kampf ums Geld
Ausgerechnet im ärmsten Bremer Stadtteil sind die Fördermittel für die offene Jugendarbeit knapp. Nun müssen zwei Einrichtungen schließen.
In Gröpelingen gibt es derzeit einen Verteilungskampf um Mittel für die offene Jugendarbeit. Das Spielhaus Wilder Westen, das Mobile Atelier, das Kinder- und Jugendatelier im Atelierhaus Roter Hahn sowie die Spielhäuser Bexhöveder Straße und Wohlers Eichen, sie alle standen bis vor Kurzem vor dem Aus.
Doch dann kamen Ausgleichszahlungen aus dem letzten Haushaltsjahr – und da einige Einrichtungen auf ihre bereits bewilligten Gelder verzichten, können nun wenigstens der Wilde Westen und das Mobile Atelier aufatmen. Das Spielhaus Wohlers Eichen muss seine Jugendarbeit hingegen einschränken.
Die Linke sieht nun dringenden Handlungsdruck und fordert im Jugendhilfeausschuss, die fehlenden Mittel auszugleichen. Es gehe ja nur um 40.000 Euro, damit die Arbeit vor Ort weitergeführt werden könne, sagt die Fraktionsvorsitzende der Linken, Kristina Vogt: „Es stehen immer wieder wichtige Projekte für Kinder und Jugendliche vor dem Aus“, bemängelt sie – und das in einem der ärmsten Stadtteile. Das sei nicht hinnehmbar.
Kristina Vogt, Fraktion Die Linke
Insgesamt wird die offene Jugendarbeit nach einem festgelegten Schlüssel verteilt. Derzeit nimmt die Stadt dafür rund 7,8 Millionen Euro in die Hand. Bei der Verteilung wird auch die soziale Lage des jeweiligen Stadtteils berücksichtigt und die Zahl der dort lebenden Jugendlichen. Deshalb verfügt Gröpelingen mit über einer Million Euro über den größten Etat. Es folgen Osterholz mit knapp 900.000 Euro, Huchting mit rund 700.000 Euro und Blumenthal mit 630.000 Euro.
Das Geld sei knapp bemessen, räumt Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) ein, dennoch kritisiert sie die Forderung der Linken: „Wir können nicht Stadtteile mit zusätzlichen Mitteln dafür belohnen, dass sie mit ihrem Geld nicht auskommen, weil sie zusätzliche Angebote bewilligen und im Gegenzug andere wichtige Projekte fallenlassen.“ Das wäre nicht nur ein Verstoß gegen sämtliche Vereinbarungen, sondern auch ungerecht gegenüber all jenen, die ihr Budget mit großer Haushaltsdisziplin und unter erheblichen Anstrengungen einhalten würden.
Auch Klaus Möhle, der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, will keinen Stadtteil bevorzugen: „Wenn wir jetzt das fehlende Geld genehmigen, dann jammern die anderen Stadtteile auch.“ Bremen müsse die fehlenden Mittel anders zusammenkratzen. Doch dann räumt auch Möhle ein, dass mehr Geld in die offene Jugendarbeit gesteckt werden müsse. Eine Forderung, der sich auch die Grünen-Sprecherin für Soziales, Integration und Jugend, Sahhanim Görgü-Philipp, anschließt. Die Einrichtungen in Gröpelingen würden gute Arbeit machen. Die FDP hält die Projekte generell für unterstützenswert, das Problem sei jedoch die Finanzierung. Die CDU äußerte sich bis Redaktionsschluss nicht.
Höhere Anträge als in den Vorjahren
Für die Verteilung der Mittel in jedem Stadtteil ist der Controllingausschuss zuständig. Er wird von TrägerInnen der offenen Jugendarbeit, die jeweiligen Beiräte und das Amt für Soziale Dienste vertreten. Stahmann sagt, dass der Ausschuss in Gröpelingen seit 20 Jahren mit demselben Budget arbeite und daher „neue Angebote nur im Rahmen einer Umverteilung und zu Lasten bestehender Angebote finanziert werden können“. Das sei korrekt, sagt auch SPD-Mann Möhle. „Aber gleichzeitig stiegen in den letzten Jahren die Kosten für MitarbeiterInnen, Strom und Heizung.“
Wie soll der Ausschuss also richtig wirtschaften, wenn es höhere Anträge als in den Vorjahren gab und diese den Etat sprengten? „Der Controllingausschuss hatte das Budget für 2018, mit Perspektive auf 2019, genehmigt“, sagt Christiane Gartner, Geschäftsführerin von Kultur vor Ort. Nun müssen Lösungen her: Da sich die Finanzierung der Jugendarbeit auf die Zielgruppe der 12- bis unter 18-Jährigen konzentriert, drohen der Rote Hahn und das Spielhaus Bexhöveder Straße auf der Strecke zu bleiben.
Der Mietvertrag im Atelierhaus läuft noch drei Monate. So lange werden die Kinder hier nach der Schule zu Mittag essen und ihre Hausaufgaben machen. Wenn jetzt nicht noch was passiert, ist dann damit Schluss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!