Verwaltung trödelt bei Mobilität: Verbesserung im Schneckentempo
Die BVG soll ab April endlich zu geparkte Busspuren selbst räumen können. Gesetzlich möglich ist das schon, aber noch fehlt eine Ausführungsvorschrift.
Harald Wolf war es, der frühere Wirtschaftssenator, inzwischen seit Jahren kenntnisreicher verkehrspolitischer Sprecher der Linksfraktion, der die Monate währende Kluft zwischen Gesetzesziel und Abschleppwirklichkeit vor einer Woche im Parlament aufgriff und die nötige Verordnung einforderte. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Busspuren frei geräumt sind“, sagte er in der jüngsten Plenardebatte. Damit verblüffte er nicht nur Journalisten auf der Pressetribüne, sondern auch manche Abgeordnetenkollegen, die davon ausgegangen waren, dass das mit den erweiterten BVG-Kompetenzen längst abgehakt sei.
Woran es bislang hakt, steht in Unterpunkt 4 von Paragraf 23 des Mobilitätsgesetzes. Der legt nämlich fest: „Die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung erlässt im Einvernehmen mit der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung die zur Ausführung (…) erforderlichen Verwaltungsvorschriften.“ Das ist nötig, weil das Gesetz hier der BVG beziehungsweise ihren Mitarbeitern so genannte hoheitliche Aufgaben überträgt, die bislang bei Polizei und Ordnungsamt liegen.
Linkspartei-Verkehrsexperte Wolf adressierte seine Forderung im Abgeordnetenhaus allein an die von SPD-Senator Andreas Geisel geführte Innenverwaltung. Von der dortigen Pressestelle aber heißt es mit Verweis auf den Gesetzestext, die Federführung liege bei der Verkehrsverwaltung der Grünen-nahen Senatorin Regine Günther. Der habe man die eigene Zuarbeit schon übermittelt.
Übertragen hoheitlicher Aufgaben ist aufwändig
Für den Ausbau ihrer Angebote sollen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld erhalten. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) setzt sich für eine Verdoppelung der zuletzt gezahlten jährlichen Summe für Betrieb und Investitionen von 750 Millionen Euro ein, wie eine Sprecherin nach einem entsprechenden RBB-Bericht erklärte. Auch Verkehrssenatorin Regine Günther (für die Grünen) hatte jüngst Ankündigungen in diese Richtung gemacht.
Genaue Summen stehen allerdings noch nicht fest, sind aber Gegenstand von Verhandlungen innerhalb der rot-rot-grünen Koalition. Am Mittwoch sind der neue Nahverkehrsplan 2019 bis 2023 und die Planungen darüber Thema im Koalitionsausschuss, wie es aus Koalitionskreisen hieß. (dpa)
Dort wiederum ist von Günthers Pressesprecher Jan Thomsen zu hören: „Mit einer Verwaltungsvorschrift, die noch relativ schnell aufzuschreiben wäre, ist es leider nicht getan.“ Die Übertragung hoheitlicher Aufgaben erfordere einen höheren Aufwand. Über die Abstimmung zwischen den beiden Behörden war am Mittwoch letzter Woche zu erfahren: „Dies läuft derzeit.“ Thomsen zufolge geht es dabei etwa um die Schulungen von BVG-Mitarbeitern und um das konkrete Verfahren bei der Umsetzung von Fahrzeugen. Außerdem sei eine Gebührenordnung zu erlassen.
„Mir ist das rätselhaft“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Oliver Friederici, der taz. Auch er hätte gedacht, dass gerade eine Grün-geführte Senatsverwaltung alles daran setzen würde, so schnell wie möglich über schnelleres Abschleppen Erfolge des Mobilitätsgesetzes vorzuweisen. „Jede Busbeschleunigungsmaßnahme ist doch zum Scheitern verurteilt, wenn noch nicht mal das klappt“, meint der CDU-Mann. Und Grünen-Verkehrsexperte Harald Moritz war nach eigenen Worten davon ausgegangen, dass es allein an der Innenverwaltung liege. Die Verordnung zu erlassen drängt auch aus seiner Sicht – „das müssen wir schnellstmöglich tun“.
Und manchmal geht es dann tatsächlich doch ganz schnell: Im Zuge der Recherche berichtete BVG-Sprecherin Petra Nelken (bislang unter dem Nachnamen Reetz bekannt) am Donnerstag auf taz-Anfrage, dass es tags zuvor ein Treffen der beiden Senatsverwaltungen, der Polizei und der Verkehrsbetriebe gegeben habe. Ergebnis: Die nötigen Verordnungen sollen im März im Amtsblatt erscheinen und ab dann gültig sein. „Im April können wir anfangen“, sagte Nelken der taz.
Zunächst will die BVG dabei mit privaten Abschleppfirmen zusammenarbeiten, ab September oder Oktober dann mit eigenen Fahrzeugen unterwegs sein. Demnächst starte dazu eine Ausschreibung für acht Abschleppwagen: „Sechs normale und zwei größere“, kündigte Nelken an, „die können dann auch kleinere Lieferwagen aufladen, die die Busspur zuparken.“
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