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Russischer Präsident in Serbien„Putin, wir lieben dich“

Wladimir Putin und sein serbischer Amtskollege Aleksandar Vučić haben sich in Belgrad getroffen. Tausende kamen, um ihnen zuzujubeln.

Wladimir Putin (l.) verleiht Aleksandar Vucic den russischen Alexander-Newski-Orden Foto: ap

Belgrad taz | Tausende Menschen marschierten am Donnerstag zur Kathedrale des heiligen Sava in Belgrad. Dort sollten sich Serbiens Staatspräsident Aleksandar Vučić und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin an das Volk wenden. Die Menschen trugen Transparente mit Putins Fotos, mit Botschaften wie „Putin, wir lieben dich“ oder „Serben und Russen – ewige Freundschaft“. Russische Lieder wurden gesungen. „Putin hilft uns, die Nato hat uns bombardiert“, rief ein älterer Mann. Der russische Präsident ist der mit Abstand beliebteste ausländische Politiker in Serbien.

Die Menschen sind organisiert aus ganz Serbien in die Hauptstadt gekommen, um Putin zuzujubeln. Hunderte Busse parkten im Zentrum. Auf den Fenstern kleben Plakate mit den Fotos von Putin und Vučić. Das Portal Zajecaronline.com berichtet, dass allein aus Zaječar achtzehn Busse nach Belgrad gefahren sind. Angeblich haben alle, die sich dafür beworben haben, in Belgrad ihrer Liebe zum Putin Ausdruck zu verleihen, rund zehn Euro Taschengeld und ein Butterbrot bekommen.

In der gewaltigen Menschenmasse sind an den Gesichtsausdrücken und der Kleidung der „Putin-Liebhaber“ Armut und Not zu erkennen. Die Liebe zum slawisch-orthodoxen Bruder scheint echt zu sein. Der EU-Beitrittskandidat Serbien ist wohl das einzige europäische Land, in dem Putin begeistert bejubelt und gefeiert wird.

Es ist sein zweiter Besuch in Belgrad, seit Aleksandar Vučić und seine Serbische Fortschrittspartei (SNS) 2012 an die Macht gekommen sind. Es ist das fünfzehnte Mal, dass sich die zwei Politiker treffen, mal als Staats-, mal als Ministerpräsidenten. Beide sind Autokraten, um beide wird ein Personenkult gebaut, beide haben die Medien in ihren Ländern gleichgeschaltet, beide haben sie die Opposition zerfetzt.

Russlands Standbein auf dem Balkan

Putin verlieh seinem Amtskollegen Vučić bei dieser Gelegenheit den Alexander-Newski-Verdienstorden. Vučić revanchierte sich mit dem grandiosen Empfang und jubelnden Menschenmassen. Rund 80 russische Medienteams zeichneten auf, wie sehr die Serben Wladimir Putin lieben. Nachdem das slawisch-orthodoxe Montenegro vor knapp zwei Jahren Nato-Mitglied geworden ist, und das slawisch-orthodoxe Mazedonien heuer Nato-Mitglied werden soll, zeigt Putin, dass Russland doch noch ein Standbein auf dem Balkan hat – nämlich Serbien.

Und Vučić, der unter immer größeren Druck des Westens gerät, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen, zeigt demonstrativ wie eng die Freundschaft und Partnerschaft mit Russland ist, dass Serbien sich noch enger an Russland binden könnte, wenn er es nur wollte.

Neben der Demonstration der Liebe und Freundschaft wurden zwischen Serbien und der Russischen Föderation 26 Wirtschaftsverträge in Höhe von Hunderten Millionen Euro unterzeichnet: Russische Firmen sollen die serbische Eisenbahn modernisieren, Serbien soll ein Transitland der russisch-türkischen Gaspipeline „Turk Stream“ werden, die Aufrüstung Serbiens mit russischen Waffen und Militärgerät soll fortgesetzt werden, die zwei Länder werden in der Zukunft auch im Bereich der hohen Technologie zusammenarbeiten, sogar bei zivilen Nuklearprogrammen und in der Weltraumforschung.

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9 Kommentare

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  • Ein sehr stimmugsvoller Artikel!



    Dies ist keine Berichterstattung, dies ist mehr ein Kommentar.



    Russland und Serbien werden deutlich als die Schlechten dargestellt, eine Union gegen den Rest von Europa.



    Der Korrespondent verwortet seine perönliche Meinung und Vermutung ohne Quellenangabe (10Euro Taschengeld, Butterbrote).

  • Da wundert sich der ahistorisch denkende Besserdeutsche, wenn die bösen Serben immer noch den Angriffskrieg der NATO im Kopf haben. Waren das doch die Bomben der Guten. Und als dann später die Serben im Kosovo von albanischen Banditen massakriert wurden, waren es ja NUR die Serben. Das waren ja nie unsere Freunde. Im Gegensatz zu den alten Seilschaften z.B. in Kroatien, die seit Nazideutschland kaum Schaden genommen haben.

    Und Sie raten jetzt den Serben zur Auswanderung? Deportation wäre doch auch noch möglich. Oder?

    Ich schäme mich fremd für Deutsche, die jetzt wieder die Klappe aufreißen und die alten Feindbilder wieder schüren.

    • @Rolf B.:

      Ist schon schlimm, was mit den Serben gemacht wurde. Da haben sie mit russischer Billigung nur ein paar Städte belagert, ein wenig die nicht serbische Bevölkerung vertrieben und das eine oder andere Massaker begangen.



      Und plötzlich werden sie hinterhältig bombardiert, nur weil ein paar Staaten meinten so den Krieg beenden zu können.



      Gemein so etwas! Immerhin lassen sich die Serben nicht unterkriegen und feiern ihre Kriegsverbrecher heute noch als Helden.

      • @Horst Horstmann:

        Ja. Serben haben viele Verbrechen begangen. Sie waren aber nicht die Einzigen. Und nur die Serben wurden von der NATO bombardiert.

        Aus serbischer Sicht war es ein Krieg, der verhindern sollte, dass die Serben auf verschiedene Staaten verteilt werden. Das rechtfertigt nicht im Geringsten die begangen Verbrechen, ist aber gerade aus deutscher Sicht nicht völlig unverständlich.

    • @Rolf B.:

      In diesen Kriegen hat sich niemand was geschenkt. Ein mir befreundeter Kroate zeigte mir Videos, wie Leute mit Hunden über ein Minenfeld gehetzt wurden. Auf der gegenüberliegenden Seite die eigene Armee des Gehetzten. Das Spiel: "schaffst du es, bist du frei"...

    • @Rolf B.:

      @DONALD

  • Was ist denn slawisch-orthodox?

  • 8G
    87233 (Profil gelöscht)

    Tja lieber Serben die so begeistert sind von Herr Putin: ziehe doch um nach Moskau, dort wird es Euch definitive besser gehen oder? /s

    • @87233 (Profil gelöscht):

      "...ziehe doch um nach Moskau..."

      "In der gewaltigen Menschenmasse sind an den Gesichtsausdrücken und der Kleidung der „Putin-Liebhaber“ Armut und Not zu erkennen."

      Würde es ihnen dort wirklich viel schlechter gehen, als in Serbien, das in die EU strebt?

      Und in Moskau wären sie unter Leuten, die garantiert noch nie Serbien bombardiert haben...