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Flüchtlingsunterkunft in Hamburg-AltonaSchimmel am Buggy

In der Unterkunft in der Luruper Hauptstraße leben Frauen und Kinder unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen.

Derzeit als Unterkunft ungeeignet: Wohncontainer in der Luruper Hauptstraße Foto: Miguel Ferraz

Hamburg taz | Heizungen, die nicht regulierbar seien, so viel Schimmel, dass sogar Kleidungsstücke und Kinderwägen davon befallen seien. Das berichtet die Altonaer Bezirksabgeordnete der Linkspartei, Blanca Merz, über die Zustände im sogenannten Frauenblock der aus Wohncontainern bestehenden Flüchtlingsfolgeunterbringung. Hier, in der Luruper Hauptstraße, sind 13 schutzsuchende Frauen mit ihren Kindern untergebracht.

Nicht nur die Linkspartei ist alarmiert. „Die Zustände sind untragbar“, weiß auch der flüchtlingspolitische Sprecher der Altonaer CDU, Andreas Grutzeck. Dass die Unterbringung gesundheitsgefährdend sei, wurde sogar schon kinderärztlich bestätigt.

In einem Attest, das der taz vorliegt, fordert der behandelnde Arzt eines drei Monate alten Mädchens, das in der Unterkunft untergebracht ist, „einen zeitnahen Umzug in eine adäquate Wohnung“. Die Container seien für Säuglinge „nicht geeignet“. Kaputte Heizungen, ständige Feuchtigkeit und permanenter Durchzug im Wohnbereich und schließlich eine unhygienische Toilette, die „mit 13 anderen Familien geteilt“ werde, machten schwerwiegende Infektionskrankheiten wahrscheinlich.

Bereits seit Monaten machen verschiedene Flüchtlingsorganisationen auf die gesundheitsgefährdenden Zustände in Lurup aufmerksam. Bisher allerdings ohne Erfolg. Sie wendeten sich an den städtischen Träger Fördern und Wohnen, an die Unterkunftsleitung. „Der Gesprächsverlauf war von Seiten der Zuständigen arrogant und respektlos.“ Die „Missstände und Mängel wurden negiert, bestritten, verharmlost“, heißt es in einem Protokoll der Initiativen, zu denen etwa das Café Exil und die Karawane gehören.

Die Container seien für Säuglinge nicht geeignet, heißt es in einem ärztlichen Attest. Feuchtigkeit und Durchzug machten Infektionen wahrscheinlich

BezirkspolitikerInnen haben sich jetzt der Sache angenommen. Vor wenigen Tagen befasste sich der Hauptausschuss der Bezirksversammlung Altona mit den Zuständen in der Folgeunterkunft. Der einstimmig verabschiedete Beschluss findet klare Worte: „Die Lebensumstände für die Menschen, insbesondere Frauen, in der Luruper Hauptstraße, sind (…) unzumutbar. Schimmel und Feuchtigkeit sind vor allem in den Bereichen mit Außenzugängen gesundheitsgefährdend.“

Zuvor hatte die Linke einen Antrag gestellt, die betroffenen Frauen von der Luruper Hauptstraße in die Unterkunft für schutzbedürftige weibliche Geflüchtete am Kaltenkircher Platz in Altona unterzubringen. Ein Vorschlag, der aber rechtlich schwer umsetzbar ist, da es sich bei der Luruper Einrichtung um eine Folgeunterkunft, beim Kaltenkircher Platz aber um eine Erstaufnahme handelt. Die Linke zog ihren Antrag schließlich zurück.

In Vertretung der Bezirksversammlung forderte der Hauptausschuss die Sozialbehörde deshalb auf, „unverzüglich für diese BewohnerInnen der Unterkunft … adäquate Wohnverhältnisse zu schaffen“. Auch beim zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge ist diese Botschaft angekommen. „Der Beschluss ist uns bekannt“, so Stabssprecher Daniel Posselt. Die Verhältnisse in der Unterkunft waren es bislang offensichtlich nicht. „Im Moment verschaffen wir uns eine genaue Übersicht zum Standort Luruper Hauptstraße.“

Ein Satz, der Andreas Grutzeck verärgert. Denn die katastrophalen Zustände in der Unterkunft seien schon lange bekannt. „Es ist blanker Unsinn, dass sich der Koordinierungsstab erst mal eine Übersicht verschaffen muss. Jetzt geht es um schnelles Handeln.“

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