Dinge des Jahres 2018: Die missglückte Übergabe
Das Trikotgeschenk von Özil an Erdogan führte 2018 zu deutsch-türkischen Verwerfungen. Doch egal, was war: Auf Özils Fans ist Verlass.
Der Prinz hat es angenommen. Einfach so. William, der Duke of Cambridge, Sohn von Lady Di und Prinz Charles, hat sich sogar dabei fotografieren lassen, als ihm Mesut Özil im November ein signiertes Trikot seines Londoner Klubs FC Arsenal überreicht hat. Als reibungslos kann man die Trikotübergabe bezeichnen. Der Royal hat das Leibchen angenommen, um auf die Arbeit der NGO „Football for Peace“ aufmerksam zu machen, für die sich der frühere deutsche Nationalstürmer engagiert.
Eine Trikotübergabe durch Mesut Özil früher im Jahr war weniger reibungslos verlaufen. Der türkische Präsident Recep Tayipp Erdogan hatte ein Arsenal-Trikot von Özil bekommen, und weil der Fußballer das nicht weiter kommentieren wollte, ist die deutsche Nationalmannschaft so früh aus dem WM-Turnier in Russland ausgeschieden – könnte man jedenfalls meinen nach all den Diskussionen um Identität und das Deutschtürkentum als solches, die diese Textilienübergabe ausgelöst hatte.
Als kaum mehr darüber geredet wurde, haben viel nicht schlecht gestaunt, dass Özil bei Arsenal von seinem neuen Trainer Unai Emery als Kapitän auf den Platz geschickt worden ist. Er hat auch eine neue Trikotnummer bekommen. Die Zehn! Stolz mache ihn das, jetzt die Nummer seines Kindheitsidols Zinedine Zidane tragen zu dürfen, sagte Özil. Er spielte dann, wie er eben spielt. Drei Tore hat er in der Premier League seitdem geschossen und eine Torvorlage gegeben. Sein Spiel gegen Leicester City Ende Oktober wurde von vielen als Galavorstellung bezeichnet.
Nach dieser Partie wurde dann viel über die Zahl 1033 gesprochen. Die hatte der Statistikdienstleister Opta veröffentlich, der alles numerisch erfasst, was sich auf einem Spielfeld erfassen lässt. 1033 Pässe, die zu Torchancen führen, hat Özil demnach in seiner Karriere geschlagen. Mehr als jeder andere Spieler seit Beginn der Messung. Mehr als Lionel Messi und viel, viel mehr als Cristiano Ronaldo.
Von wegen „Scheißdreck“
Im Jahresrückblick der taz am wochenende menschelt es nicht, versprochen. Nach allzu menschlichen Weihnachtstagen haben wir uns den Dingen des Jahres zugewandt. Menschen sterben oder verlassen das Scheinwerferlicht, aus vermeintlichen Sensationen wird Alltag. Aber die Dinge des Jahres, die bleiben.
Als Özil nach der WM seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft verkündet hatte, hat Uli Hoeneß, der alternde Präsident des FC Bayern München gesagt, das sei nicht so schlimm. Özil habe in den letzten Jahren eh nur noch „Scheißdreck“ zusammengespielt. Soso.
In den Wochen vor Weihnachten verschwand Özil vom Spielfeld. Er habe Rücken, hieß es. Und weil Arsenal auch ohne den nun 30-Jährigen von Erfolg zu Erfolg eilte, meldeten sich wieder die zu Wort, die Özil schon lange nur das Schlechteste wünschten. Viele von denen arbeiten bei der Bild-Zeitung. Die war sich schnell sicher, dass Özil nicht verletzt war, sondern aussortiert wurde. Die Rückenverletzung rühre vom Zocken an der Konsole, hieß es zudem. Schnell fand sich jemand, der nachgerechnet hat, dass Özil, der das Spiel Fortnite beherrscht wie kaum ein Zweiter, seit 2017 über 5.000 Matches beim virtuellen Kampf gegen Zombies verbracht haben soll.
Und während die ersten Transfergerüchte, die von einem Wechsel Özils zu Inter Mailand handelten, aufkamen, postete Özil Bilder vom Einzeltraining mit Arsenals Fitnesscoach Shad Forsythe. Diese Nachricht ist an seine über 23 Millionen Follower gegangen. Denn egal, was war, egal, was wird: Mesut Özil ist der deutsche Sportler mit der größten Fanbasis in den sozialen Netzwerken. Kein Scheißdreck!
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