abgeschmettert: Amerikanische Verhältnisse
Wenn das der Reichspropagandaminister wüsste! Es drohe „Klein-Manhattan“, das beschwor wiederholt die Linkspartei im Bezirk Nord, sollte am Winterhuder Mühlenkampkanal wie geplant nachverdichtet werden, in vulgo: gebaut. Was in dieser Woche ja erst mal ein Bürgerentscheid verhindert hat: Von 247.590 dazu Berechtigten gaben knapp 29 Prozent auch ihre Stimme ab, und davon wiederum gut 71 Prozent sagten nein zu den mäßig hohen Wohntürmen.
Dass reflexhafte Gleichsetzen von Üblem mit Amerikanischem schnell nach, eben, Joseph Goebbels klingt: Das möchten wir den Bezirks-Linken nicht zum Vorwurf machen – schon weil die benutzte Floskel so schrecklich wenig originell ist. Bremen-Tenever war bereits „Klein-Manhatten“, ebenso die heute so begehrten Grindel-Hochhäuser. Auch auch in den Elb-Tower-Plänen erkannte mancher bereits, eben, „Klein-Manhattan“ am hinteren Hafencity-Rand. Ob damit nun Ghettobildung problematisiert werden soll oder eher provinzielle Großstadtambition verspottet: Etwas Gutes bezeichnet er selten, der routinierte Hinweis aufs andere Ufer des großen Teichs.
Mit dem einfachen Gut und Böse aber ist es ja auch so eine Sache. Klar, dass in Winterhude nun keine Altruisten an ihren edlen Vorhaben gehindert wurden. Um’s angeblich „bezahlbare Wohnen“ ging es ja auch nur irgendwie. Wollten die Entscheider in Politik und Verwaltung in dieser Hinsicht ernst genommen werden, müssten sie dann doch weniger servil auftreten gegenüber den Projektentwicklern, etwas besser abgedichtet auch gegen die immer wieder verblüffend gut vernetzte Immobilienzunft.
Dass, andererseits, die Gegner zuallererst ihren gar nicht mal bloß sprichwörtlichen Hinterhof sauber halten, aber wenig darüber hinaus: auch klar. Es ist, wie’s für andere Zusammenhänge der große Thomas Ebermann gerne sagt: schlimm gegen schlimmer. Alexander Diehl
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