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Bundeswehr-Enthüllungen der tazRechtsextreme Soldaten unterm Radar

Die taz legte ein rechtes Netzwerk in der Bundeswehr und in Behörden offen. Die politisch Verantwortlichen reagieren darauf bisher nur mit Schweigen.

Was passiert im Dunkeln der Bundeswehr? Die politisch Verantwortlichen interessiert es offenbar nicht Foto: reuters, Einfärbung: taz

BERLIN taz | Ab Mittwoch werden sich die Innenminister von Bund und Ländern in Magdeburg treffen, zur halbjährlichen Konferenz. Um Abschiebungen wird es dort gehen, um Terrorabwehr, um Gewalt in Fußballstadien. Um eines aber wird es, wenn überhaupt, nur am Rande gehen: Um ein Netzwerk rechter Prepper mit Umsturzfantasien. Dabei gäbe es Gesprächsbedarf.

Die taz hatte jüngst offengelegt, wie sich Bundeswehrsoldaten, Polizisten und andere in einem bundesweiten Netzwerk zusammentaten und dort auch Gewalt- und Umsturzpläne besprachen. Sie tauschten sich in Chats und bei realen Treffen aus. Etliche Mitglieder hatten Zugang zu Waffen. Zum Netzwerk gehörte auch der des rechten Terrors verdächtige Soldat Franco A., der sich als syrischer Geflüchteter ausgab. Viele Mitglieder des Netzwerks fühlten sich dem Prepper-Milieu nahe, das sich mit Übungen und Vorräten auf extreme Krisensituationen vorbereitet.

SPD-Innenexperte Uli Grötsch fordert eine „lückenlose Aufklärung“. Das Netzwerk hätte den Behörden viel früher auffallen müssen, so Grötsch. Auch die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann appelliert: „Das ist ein dringlicher Aufruf an alle Demokraten, rechtsextreme Strukturen zu thematisieren.“

Indes: Die Verantwortlichen ducken sich weg. So wird auf der Innenministerkonferenz das rechte Untergrundnetzwerk nach taz-Informationen nicht zu den 70 Tagesordnungspunkten gehören. Schon bei ihrem letzten Treffen im Juni attestierten die Minister der „Prepper“-Szene, eine „generelle Gefährdungslage“ sei „nicht gegeben“. Auffällig seien bisher nur „Einzelfälle“. Es gebe „keine tatsächlichen Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen“ in der heterogenen Szene. Extremisten, die sich unter „Prepper“ mischten, würden aber vom Verfassungsschutz beobachtet.

Oberleutnant im Visier

Darauf verweist auch das Bundesinnenministerium. Ansonsten äußere man sich nicht, so ein Sprecher. Der Komplex betreffe „laufende Ermittlungen des Generalbundesanwalts“.

Das Bundesverteidigungsministerium blockt ab und verweist auf seinen Militärischen Abschirmdienst (MAD), zuständig für Extremismusabwehr in der Bundeswehr. Weder gebe es gewaltbereite Rechtsextremisten in der Bundeswehr noch extremistische Netzwerke, behauptet dessen Präsident Chris­tof Gramm auf taz-Anfrage. „Politisch motivierte Gewaltbereitschaft spielt in der Bundeswehr derzeit keine Rolle.“

Es gebe keine gewaltbereiten Rechtsextremen in der Bundeswehr, behauptet der MAD

Das deckt sich nicht mit den Erkenntnissen der taz. In den Chatgruppen war die Rede davon, am „Tag X“ Linke zu liquidieren und gegen Flüchtlinge vorzugehen. Auch Bundeswehrsoldaten chatteten mit. Der oberste Administrator war André S. alias „Hannibal“ – ein Elitekämpfer des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr, KSK.

Und mit Franco A. ist immerhin ein Oberleutnant im Visier. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, Anschläge auf Politiker geplant zu haben. Seit Jahresbeginn 2017 ermittelt die Behörde gegen A. Später führte sie auch Razzien bei zwei weiteren Mitgliedern des Chat-Netzwerks durch, einer davon Polizist. Momentan entscheidet der Bundesgerichtshof über eine Anklage gegen Franco A.. Die Ermittlungen gegen die weiteren Chat-Mitglieder liefen noch, so die Bundesanwaltschaft.

Waffen für „Tag X“

Der Bundesverfassungsschutz warnt immerhin, dass es in der rechtsextremen Szene Versuche gebe, sich auf einen „Bürgerkrieg“ zwischen einheimischen Deutschen und zugewanderten „Fremden“ vorzubereiten. Dieser „Tag X“ solle bewusst herbeigeführt werden, auch Waffen würden beschafft.

Auch Mecklenburg-Vorpommern will es genauer wissen. Das dortige Innenministerium setzte schon im September 2017 eine Kommission zur „Prepper“-Szene ein. Allerdings liegen bis heute keine öffentlichen Ergebnisse vor.

MAD-Präsident Gramm räumt ein, dass es zunehmende „Graubereiche zwischen Meinungsstärke und Extremismus“ gebe: Die Identifizierung von Rechtsextremisten werde schwieriger. „Das stellt uns vor neue Herausforderungen.“

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17 Kommentare

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  • Wenn man sich den Ausgangsartikel so durchliest, wirkt das doch alles sehr bemueht um Enthuellung.



    Es tauchen immer dieselben 2 1/2 Namen auf. Nicht besonders beeindruckend, wenn auch aegerlich und auf jeden Fall zu verfolgen.



    Mit Angstkonstrukten tut man sich in der Sache keinen Gefallen.



    Lieber serioes berichten, als uebertrieben oft "Feuer!" zu rufen.

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Es beschleicht mich das Gefühl, dass die ganzen linken "Sprücheklopfer" vielleicht doch alle Recht hatten: es gibt keine "rechten Strukturen in der Bundeswehr", die Bundeswehr IST vielmehr eine rechte Struktur!

    • @970 (Profil gelöscht):

      Könnte hinkommen!

  • eine armee zu haben ist immer ein grosses übel.



    darum sollten weltweit alle armeen abgeschafft werden.

    solange das aber noch nicht möglich ist sollte es wenigstens keine söldner-armeen wie die heutige bundeswehr oder die armee der usa geben denn diese sind beliebig missbrauchbar und ausserdem eine gefahr für die demokratie.



    dass in eine söldnerarmee überproportional besonders gewissenlose menschen



    waffennarren und auch rechte mit putschistischen ambitionen



    strömen ist nicht überraschend und auch nicht anders zu erwarten.

    • @satgurupseudologos:

      Was wäre denn für dich die Alternative zu Armeen?



      Solange es Staaten gibt, muss die Staatsgewalt auch verteidigt werden können.

      • @demso:

        ich bin für weltweite abrüstung und für diesbezügliche internationale konferenzen und verträge.



        wenn niemand eine armee hat braucht niemand eine armee.

        wenn man aber eine armee hat,sollte es wenigstens keine söldnerarmee sein,weil eine solche beliebig missbrauchbar ist.



        eine armee aus wehrpflichtigen und reservisten ,die ausschliesslich der verteidigung dient und nicht grösser als nötig ist wäre das geringste übel.



        es darf keine berufssoldaten geben-weil die lohnabhängigkeit jede moral vernichtet und weil der beruf des soldaten dazu tendiert genau solche leute anzuziehen denen man vernünftigerweise niemals eine waffe anvertrauen würde .

        die staatgewalt will ich nicht verteitigen .ich verurteile sie schon für ihre existenz.und hätte lieber eine gesellschaft ohne staatliche und sonstige gewalt.

        in deutschland ,dass nicht zufällig mehr gewaltverbrechen beging als jeder andere staat in europa hat die verherrlichung der staatlichen gewalt eine lange böse bis heute fast ungebrochene tradition

        sie kommt sprachlich in dem deutschen sonderweg der nichtunterscheidung gleichsetzung und verwechslung von öffentlicher macht und staatlicher gewalt zum ausdruck.

        macht und gewalt sind aber nicht dasselbe.schon die politische theoretikerin Hannah Arendt ,eine kritikerin der bösartigen Ideologien des imperialismus,des nationalismus und des faschismus hat (mit ihrem buch " macht und gewalt")darauf aufmerksam gemacht

        wenn macht und gewalt dasselbe wären wäre gewaltlosigkeit dasselbe wie machtlosigkeit und gewaltverzicht dasselbe wie ohnmacht.



        die gewalt tendiert zum monopol denn wo sie herrscht bleibt am ende wenn der krieg zu ende ist nur einer übrig.das ist im übrigen auch der ursprung des staates.



        macht ist hingegen etwas dass verteilt werden kann

        im königreich schweden heisst das was vom volke ausgeht öffentliche macht-in frankreich heisst es pouvoir public.



        keine andere gesellschaft in europa hat so verkehrte staatsrechtliche grundbegriffe wie die deutsche.

      • @demso:

        Da nennen Sie ein prima Argument gegen Staaten. ;)

      • @demso:

        "Solange es Staaten gibt, muss die Staatsgewalt auch verteidigt werden können."

        Am Hindukusch?

  • Prepper sind Leute, die überzeugt sind, dass die staatliche Ordnung Deutschlands mittelfristig nicht aufrecht erhalten werden kann. Sie bereiten sich darauf vor, den Schutz von Leben und Eigentum in eigene Hände zu nehmen.

    Prepper tauschen vor allem Methoden aus, zB Möglichkeiten zur Wasserdesinfektion oder Konservierung von Lebensmitteln. Sie kommen aus linken wie rechten Denkschulen und begründen ihre ähnlichen Annahmen sehr verschieden: Neue Finanzkrise, WK3 (China), Peak-Oil (Rezession), Pleite Detroits, Korruption der Oberschicht oder bestimmter ethnischer Gruppen (Weise von Zion), Einfluss von Geheimgesellschaften, Prophezeihungen, religiöse Erwartungen, Zusammenbruch der Sowjetunion. Die meisten rechnen nach einem Zusammenbruch mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen.

    Gruppen, die Politiker töten und einen Bürgerkrieg anzetteln möchten, um ein rechtes Regime zu errichten, sind nicht typisch für die "Prepper-Szene", genauso wie man nicht jedem Kaffeetrinker terroristische Absichten unterstellen sollte, nur weil ein paar Kriminelle Kaffee getrunken haben.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @EricB:

      Das mit dem Kaffee haben Sie aber schön formuliert. Danke.

      Ein Kaffeetrinker.

    • @EricB:

      Man unterstellt aber nicht allen Preppern etwas. Sondern einer ganz konkreten Gruppe von der man zahlreiche Dokumente ausgewertet hat.

  • Ach, die wollen doch "nur spielen". ;/

  • das hätte mir als wehrpflichtiger anfang der 60er aufstoßen können:

    mein oberster dienstherr war in seinem wehrmachtsleben enger vertrauter des führers: ulrich de maiziere, der onkel von...

    sproß einer familie, die den herrschenden immer zu diensten war.



    fürsten, führer, staatsratsvorsitzende, stasi, kirche der ddr, kanzler und kanzlerin.

  • Dass unsere "Sicherheitsbehörden" kein Interesse haben, Rechtsradikalismus oder Rechtsterrorismus wirkungsvoll zu bekämpfen, dürfte wenig überraschen nach den Erfahrungen mit NSU, der ja nur ein Teil eines rechtsterroristische Netzwerkes war. Und der MAD würde wahrscheinlich auch nur JUSO-Mitglieder in der Bundeswehr als Gefahr für die Truppe identifizieren. Das liegt einfach an der bestens gepflegten rechten bis ultrarechten Tradition unserer Unsicherheitsorgane.

    Und die Rechten wissen scheinbar gut, wie man Netzwerke bildet.



    Das alles wäre so nicht möglich, wenn es in DE starke Parteien gäbe, die sich der Problematik früh genug angenommen hätten. Selbst Willy Brandt orientierte sich mit dem Radikalenerlass auf die linke Szene. Von der SPD wäre da nichts zu erwarten. Und selbst die Grünen mit ihrem zunehmenden Hang zum Militarismus werden sich nach dem Ausscheiden von Ströbele nicht mehr diesbezüglich engagieren. Die begnügen sich mit AfD-Schelte.



    Da bleibt nur noch die Linke. Und die findet insbesondere diesem Problembereich medial kaum Gehör, weil "links" ja sowieso ganz schmuddelig ist.



    Deutschland versumpft also weiter. Rechtskonservatismus, Rechtsnationalismus, Rechtsterrorismus und eine Parteienlandschaft, die wenig hoffen lässt. Und die Medien? Die propagieren lieber Militarisierung der EU und machen die AfD hoffähig. Das Geschrei der radikalen neoliberalen Mitte nach mehr billigen Arbeitskräften sorgt dafür, dass echte Probleme völlig aus dem Blickfeld der Bürger geraten. Da lenkt man mit Kampfbegriffen wie Populismus, Rassismus ab von inhaltlichen Diskussionen und sorgt so für eine vordemokratische Debattenunkultur.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      Im Wesentlichen stimme ich Ihren Ausführungen zu.

      Dass die Linken die Schmuddelkinder des politischen Betriebes in D seien, kann ich allerdings nicht bestätigen.

      Erstens: sie bekommen mediale Resonanz, viel Resonanz. Profis mit Visionen und einem Arsch in der Hose könnten damit etwas anfangen.

      Zweitens: sie tragen durch ihre rudimentäre Debattenkultur, sprich: ihre öffentlich ausgetragenen Zwistigkeiten aktiv dazu bei, sich selbst ihrer möglichen Wirkung massiv zu berauben.

      Dass eine abgehalferte GroKo überhaupt regierungs (un) fähig ist, verdankt sie

      * dem kognitiven Desaster der Wähler,



      * deren erfolgreicher Sedierung nach 13 (!) Jahren Merkel-Lethargie,



      * der Unfähigkeit der Opposition, daraus etwas zu machen.

  • "So wird auf der Innenministerkonferenz das rechte Untergrundnetzwerk nach taz-Informationen nicht zu den 70 Tagesordnungspunkten gehören. Schon bei ihrem letzten Treffen im Juni attestierten die Minister der „Prepper“-Szene, eine „generelle Gefährdungslage“ sei „nicht gegeben“.

    Dieses Herunterspielen oder treffender gesagt, diese Verlogenheit erleben wir seit der Adenauer-Republik. Und wenn wir gerade eben erfahren, dass ein gewisser Herr v. Finck die AfD massiv unterstützt, und das nicht erst seit gestern, dann müssten bei allen Menschen, bei den Politikern/Politikerinnen allemal, sämtliche Alarmglocken schrillen.



    Stattdessen streitet man sich um einen Migrationspakt. Ein Machwerk, das was regeln, wem helfen soll? Natürlich in erster Linie uns selber, indem wir die ausgebildeten Migranten für uns beanspruchen. Werden in ihren vom Bürgerkrieg zerstörten Ländern doch gar nicht gebraucht. Ist das vielleicht der Grund für die deutschen verbrecherischen Waffenlieferungen in alle Krisengebiete der Welt?

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Friedrich Grimm:

      So zutreffend Ihr Hinweis auf die Causa AfD-von Finck-Coop. auch ist, so wenig taugt er, wenn er zum allgemeingültigen Prinzip erhoben wird.

      Verführungstheorien aller Art sind stets Verkürzungen. Wo Verführer sind, gibt es auch Verführte. Der Fokus sollte primär auf die Frage gerichtet werden, wieso sich Menschen verführen lassen. Ganz besonders von "Rattenfängern", deren Interessen denen der "Ratten" diametral zuwiderlaufen. (Dies ist eine Metapher zur Verdeutlichung. Den Unterschied zwischen Menschen und Ratten sehe ich durchaus.)