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Kommentar zu rechter Demo in BerlinDer Versuch des Verbots war richtig

Berlins Innensenator hat mit dem Verbot viel gewagt: Das war ein richtiges und wichtiges politisches Zeichen. Auch wenn die Demo am Ende doch stattfindet.

Rechte und Neonazis auf dem Protest von „Wir für Deutschland“ am 3. Oktober in Berlin Foto: dpa

Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Entscheidung des Berliner Senats, eine für Freitagabend angekündigte rechtsextreme Demonstration zu untersagen, für rechtswidrig erklärt. Zwar steht die Entscheidung der nächsten Instanz noch aus. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass diese der Argumentation folgt. Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut; entsprechend hoch sind die Hürden, eine Demonstration zu verbieten.

Das ist auch gut so. Trotzdem war es richtig von Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD), das Verbot zu versuchen – und zwar als politisches Zeichen. Wenn Rechtsextreme ausgerechnet am 80. Jahrestag der Reichspogromnacht durch Berlin ziehen wollen, ist das eine ungeheure Provokation, auch wenn sie sich vorgeblich auf den 9. November 1989 beziehen.

Zurecht haben deswegen viele zivilgesellschaftliche und jüdische Organisationen in den letzten Tagen lautstark gegen diesen Aufmarsch protestiert. Mit dem Verbot und insbesondere mit der dazugehörigen bemerkenswert klaren politischen Stellungnahme hat Geisel gezeigt, dass er diesen Protest wahrnimmt und unterstützt. Das ist viel wert, gerade weil es – leider – nicht selbstverständlich ist.

Als Signal der Unterstützung an all diejenigen, die einen solchen Aufmarsch nicht hinnehmen wollen, ist das Verbot zu begrüßen. Und dieses Signal ist auch in Berlin bitter nötig: Denn ihre Ankündigung, antifaschistischen Gegenprotest in Hör- und Sichtweite zu ermöglichen, hat die rot-rot-grüne Koalition bislang nicht umgesetzt. Viel zu häufig werden die Routen der Neonazis so weiträumig abgesperrt, dass ein wirksamer zivilgesellschaftlicher Protest kaum möglich ist. Zudem wird die Öffentlichkeit oft unzureichend informiert und Gegendemonstranten werden aufgrund von Lappalien mit Strafverfahren überzogen.

In Zeiten, in denen rechtsextreme Positionen immer weiter normalisiert werden, ist es bitter nötig, sich auch ganz konkret vor Ort gegen die menschenverachtende Ideologie der Neonazis zu stellen.

Viel zu häufig werden die Routen der Neonazis so weiträumig abgesperrt, dass ein zivilgesellschaftlicher Protest kaum möglich ist.

Aber auch wenn der Verbotsversuch ein richtiges Signal war: Es sind nicht die Versammlungsbehörden und Verwaltungsgerichte, die letztlich über diesen Kampf entscheiden werden, sondern die Demonstranten auf der Straße. Möchte der Berliner Senat sie unterstützen, dann muss er sich dafür gar nicht auf eine juristisch bisweilen wenig aussichtsreiche Auseinandersetzung einlassen, aus der er am Ende möglicherweise sogar beschädigt hervor geht. Er kann sich auch mit in die erste Reihe dieser Proteste stellen – und dort mit ähnlich klaren Worten auftreten, wie sie der Innensenator in dieser Woche gefunden hat.

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3 Kommentare

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  • Ich bin entsetzt, dass hier offen ein Rechtsbruch für gut befunden wird.

    Steht Politik nun über dem Recht?

    Was der Berliner Innensenator getan hat, war falsch.

    Hätte er ein wichtiges politisches Zeichen setzen wollen, dann hätte er zu der geplanten Demonstration eine Stellungnahme abgeben können, in der er ausführt, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Rechtsstaat ist und dass, auch wenn er persönlich die Motive für die geplante Demonstration verachtet, er als Innensenator - als Teil der Exekutive - die Rechte aller Bürger achtet und deshalb die Demonstration nicht verbietet. Er hätte etwa auf Voltaire verweisen können, dem das Zitat "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst" zugeschrieben wird.

    Damit hätte er ein politisches Zeichen zur Stärkung des Rechtsstaats gesetzt und sich zugleich für Toleranz engagiert.

    So aber hat er nur zum Ausdruck gebracht, dass das "Establishment" nicht davor zurück schreckt, das Recht zu brechen, wenn es gegen Teile der Bevölkerung geht, die bestimmte Ansichten vertreten.

    Dabei darf man nicht vergessen, dass man nur allzu schnell dazu neigt, jemanden, der eine andere Ansicht vertritt, als Böse zu betrachten.

    Auch ich ertappe mich immer wieder, dass ich Menschen mit bestimmten Ansichten, die ich nicht teile, als egoistisch, rücksichtslos, intolerant oder menschenverachtend - schlicht als böse - betrachte.

    Dann hole ich mich aber immer wieder mit dem Gedanken auf den Boden zurück, dass diese Menschen sich selbst nicht als böse betrachten und meine Einstellungen womöglich genauso verachten, wie ich die ihre.

    Das hilft mir, auch für deren Ansichten Toleranz aufzubringen - auch wenn ich sie nicht teile.

    Ich denke, dass solche Menschen genauso ein Recht haben, ihre Meinung zu sagen, wie ich.

    Und sie haben auch das Recht, für ihre Ansichten zu demonstrieren.

    Jeder, der versucht, dies zu verhindern, stellt sich ins Unrecht.











    • @Michael Laube:

      Ja. Richtig. unsere Demokratie und unsere Humanität hat enge Grenzen, wie die aktuelle Zeit zeigt, die engen Grenzen waren schon immer da, man konnte sie bloß nicht sehen, da sie niemand herausgefordert hat. Toleranz fängt da an, wo es weh tut, nicht vorher.

    • @Michael Laube:

      Sehr treffend formuliert.



      Wenn erst eine sehr genaue Prüfung angekündigt wird (www.taz.de/Streit-...-Berlin/!5545185/) und die Entscheidung dann wegen"offensichtlicher Rechtswidrigkeit" vom Gericht kassiert wird, wird einem Angst und Bange um den Rechtsstaat.