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Nach Entführung im Berliner TiergartenAuf Entspannungskurs mit Vietnam

Deutschland hat die strategische Partnerschaft mit Vietnam wieder aufgenommen. Was bedeutet das für den entführten Trinh Xuan Thanh?

Im Tiergarten nahm die Spannung zwischen der Bundesrepublik und Vietnam ihren Ausgang Foto: dpa

BERLIN taz | Die deutsch-vietnamesischen Beziehungen stehen auf Entspannung. Die „Strategische Partnerschaft“ mit dem südostasiatischen Land wurde wieder aufgenommen. So steht es in einer internen Mail der Referatsleiterin für Südostasien im Auswärtigen Amt, die der taz vorliegt. „Damit sind die Einschränkungen der bilateralen Beziehungen aufgehoben“, heißt es weiter. Offiziell wollte das Auswärtige Amt den Schritt am Mittwoch nicht bestätigen. Es hieß lediglich, die Beziehungen beider Länder stünden „vor einem Neuanfang“.

Die sogenannte strategische Partnerschaft war am 22. September 2017 als Reaktion auf die Entführung des vietnamesischen Expolitikers Trinh Xuan Thanh aus dem Berliner Tiergarten suspendiert worden. In der Folge wurde die Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten heruntergefahren, es fanden offiziell keine hochrangigen Gespräche mehr mit der vietnamesischen Regierung statt, für Vertreter Vietnams wurde eine Visumspflicht eingeführt. Das ist nun Geschichte.

Die Bundesregierung pocht seit der Entführung darauf, dass Trinh Xuan Thanh, der inzwischen in Vietnam zu zweimal lebenslänglich verurteilt wurde, freigelassen wird. Hinter den Kulissen wird schon lange um seine Rückkehr nach Deutschland verhandelt, wo er Asyl gewährt bekommen hat. Zuletzt zeichnete sich Bewegung in dem Fall ab. In der vergangenen Woche war eine vietnamesische Regierungsdelegation zu Besuch im Auswärtigen Amt. Der vietnamesische Vizeaußenminister Bui Thanh Son wurde von Staatssekretär Andreas Michaelis empfangen.

Staatssekretär Michaelis habe erneut die Entführung von Trinh Xuan Thanh „klar und deutlich als völlig inakzeptablen Bruch des Völkerrechts und als Vertrauensbruch verurteilt“, heißt es aus dem Auswärtigen Amt. Was die vietnamesische Menschenrechtspolitik angeht, seien allerdings „positive Schritte“ zu verzeichnen. Die Bundesregierung hatte stets betont, dass eine Freilassung des Entführungsopfers unabdingbar für eine Normalisierung der Beziehungen ist. Trinh Xuan Thanh kann sich also Hoffnung machen, bald nach Deutschland ausreisen zu können.

Dass sich die bilateralen Beziehungen normalisieren, zeigte sich auch vergangene Woche auf der Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Wirtschaft in Jakarta. Am Samstag traf Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dort mit dem vietnamesischen Industrie- und Handelsminister Tran Tuan Anh zusammen, um über die künftige Zusammenarbeit beider Länder zu sprechen.

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2 Kommentare

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  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."Khaled al-Masri (auch el-Masri; arabisch خالد المصري Chālid al-Masrī, DMG Ḫālid al-Maṣrī; * 29. Juni 1963 in Kuwait) ist ein deutsches Opfer einer Entführung (Extraordinary rendition) durch den amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA. Er wurde 2003 im Rahmen des Kriegs gegen den Terror verschleppt und mehrere Monate festgehalten und misshandelt." - Wikipedia



    Nicht zu vergessen Murat Kurnaz.

  • Die Partnerschaft hätte niemals suspendiert werden dürfen, insofern ist die Wiederaufnahme ein längst überfälliger Schritt.



    Als der bundesdeutsche Staatsbürger el-Masri von den USA entführt und gefoltert wurde, hat man ja auch kein Aufhebens darum gemacht.