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Andreas Speit DachzeileWie die NPD „Volksgenossen“ helfen will

Foto: Jungsfoto: dpa

Auf Hamburgs Straßen sind die ersten Obdachlosen in diesem Winter erfroren. Eine Partei will diesen Menschen nun konkret helfen: die NPD. Der Landesverband an der Elbe sammelt „Decken, Mützen, Schals, Socken, Jacken und vieles mehr“ um sie an Obdachlose zu verteilen. Auf ihrer Webseite macht die NPD aber auch klar, dass ein Mensch ohne Wohnung nicht gleich ein Mensch ohne Wohnung ist. Denn alleine die „Volksgenossen“ sollen vor dem Kältetod bewahrt werden.

Die Wahlerfolge der AfD haben die NPD Wahlzuspruch, Gelder, Mandate und Mitglieder gekostet. Seit der Gründung der AfD sinkt die Attraktivität der NPD stetig und nachhaltig. In der öffentlichen Debatte über rechte Ressentiments in der Mitte der Gesellschaft wird die älteste rechtsextreme Partei Deutschlands kaum noch mitgedacht.

In ihrer Geschichte hat die NPD allerdings schon größere Krise er- und überlebt und später wieder Erfolg gehabt. Diese Erfahrungen scheinen auch den Hamburger Verband, angeführt von Lennart Schwarzbach, zu ermutigen, wieder Aktionen auszurichten. Ihre Hoffnung: Die Wähler werden schon merken, dass die AfD auch nur eine „Systempartei“ ist.

Mit der Sammelaktion für deutsche Obdachlose knüpft die NPD an ihre alte Strategie an, sich als „Kümmerer der einfachen Leuten“ zu inszenieren. Dabei ist sie kein bisschen moderater geworden. Im Gegenteil: Unter dem Titel „Spenden für die Winterhilfe“ schreibt die Partei: „Volksverräter lassen Deutsche erfrieren!“ und führen aus: „Jedes Jahr erfrieren im Winter in Hamburg deutsche Obdachlose. Während fremde Asylbetrüger als Belohnung dafür, dass sie sich nach Deutschland kutschieren lassen, von der Hamburger Bürgerschaft ganze Straßenzüge an Neubauwohnungen geschenkt bekommen.“

Die rassistische Aufladung der Thematik wird sogleich geschichtsrevisionistisch erweitert. Schreibt die NPD doch: „Einmal mehr wird das wahnwitzige Märchen vom vor Krieg und Terror fliehenden Fremdländern und die ewig deutsche Schuld und Verpflichtung, allen Menschen helfen zu müssen, entlarvt“, da man „vor unserer Haustür (… die) Volksgenossen jeden Winter frieren sehen kann.“

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland

Die Namenswahl der Aktion dürfte sicher nicht unabsichtlich Assoziationen an das „Deutsche Winterhilfswerk“ von 1933 wecken, das 1936 zum „Winterhilfswerk des deutschen Volkes“ wurde.

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