Kanye West distanziert sich von Trump: Politischer Pop-Influencer
Kanye West scheint Trump via Twitter die Freundschaft gekündigt zu haben. Der Einfluss des Rappers ist nicht zu unterschätzen.
Die seltsamste Beziehung der USA scheint beendet zu sein. Gemeint ist das freundschaftliche Gekuschel zwischen dem US-Präsidenten Donald Trump und einem der erfolgreichsten Musiker der Welt, Kanye West. Der Rapper und Musikproduzent gehört zu den prägendsten Figuren des HipHop des 21. Jahrhunderts. Neben seiner Musik war dieser schon immer für seine kontroversen Aussagen bekannt. Bis vor Kurzem zeichnete der Schwarze Rapper sich als ein Verfechter der Rechte von Afroamerikaner*innen aus.
Doch dann kam Donald Trump. Im März twitterte West über den rassistischen Präsidenten: „Er ist mein Bruder“, darauf folgten gemeinsame Auftritte und Mitte Oktober ein Besuch im Weißen Haus. Mit „Make America Great Again“-Cap war West von seinem Sitz im Oval Office aufgesprungen und hatte Trump umarmt: „Ich liebe diesen Typen.“ Immer wieder bekannte er sich als Trump-Unterstützer und kündigte selbst vermehrt seine Präsidentschaftskandidatur für 2024 an, doch knapp eine Woche vor den Midterm-Wahlen ist damit Schluss.
Kanye West will nichts mehr mit Politik zu tun haben. Am späten Dienstagabend twitterte er: „Meine Augen sind jetzt geöffnet und ich begreife, dass ich benutzt worden bin, um Botschaften zu verbreiten, an die ich nicht glaube. Ich distanziere mich von der Politik und konzentriere mich komplett darauf, kreativ zu sein.“
West ist eher für wirres Gelaber bekannt
In erster Linie richtet sich dieser Tweet an Candace Owen, Trump-Unterstützerin und große Kritikerin der Demokraten und der Black Lives Matter-Bewegung. Owen gehört zu den Initiator*innen von Blexit, also „black exit“. Der politische Slogan soll Schwarze US-Amerikaner*innen dazu animieren, aus der demokratischen Partei auszutreten.
Owen hatte vorher behauptet, West hätte das Merchandise der Gruppe designt. Woraufhin dieser, auch bei Twitter, reagierte: „Ich wollte nie mit Blexit assoziiert werden. Ich habe damit nichts zu tun.“ Doch die Absage an Blexit und Owen richtet sich in erster Linie an Trump und seine Politik. So fordert West am Dienstag eine Gefängnisreform und striktere Waffengesetze. Zudem wünscht er sich härtere Strafen für Menschen, die ihre Macht ausnutzen sowie Liebe und Barmherzigkeit für Asylsuchende. Keine Ansichten, für die Trump bekannt ist.
Seine Absage an die Politik ist gleichzeitig also als eine sehr politische zu lesen. Viele möchten, wenn sie Wests Tweets lesen, wohl nur mit den Augen rollen. So sage der Rapper doch an dem einen Tag dies und am anderen das und sei deswegen nicht ernstzunehmen. Da ist etwas dran, denn West ist eher für wirres Gelaber bekannt, als das auf seine Worte Taten folgen. Doch trotz alledem sind die Auswirkungen seiner Tweets eine Woche vor den Wahlen in den USA nicht zu unterschätzen.
Das zeigt auch das politische Engagement anderer Prominenter. So rief Taylor Swift ihre 112 Millionen Follower*innen bei Instagram dazu auf, vorzeitig zu wählen und gab an, selbst für die Demokraten zu stimmen. Innerhalb von 24 Stunden registrierten sich dafür 65.000 Menschen (zum Vergleich: Im gesamten August waren es 56.669). Ein Beleg, dass die Steigung der Wähler*innenregistrierung auf Swifts Post zurückgehen, gibt es nicht.
Fast 30 Millionen Follower
Doch aktuelle Umfragen aus den USA zeigen, dass vor allem die Wahlentscheidung junger Menschen von Empfehlungen prominenter Menschen beeinflusst wird. Während ältere Meinungen in ihrer Wahlentscheidung gefestigter erscheinen, sind es vor allem die Erstwähler*innen die stärker beeinflussbar seien. Auch außerhalb der Parteipolitik beeinflussen Prominente mit ihren öffentlichen Statements politische oder gesellschaftliche Entwicklungen. So haben Stars wie Sängerin Beyoncé in den letzten Jahren einer Art Feminismus zum Mainstream verholfen.
Ob man es nun gut oder schlecht findet, wenn Prominente Haltung zeigen und sich zum politischen Tagesgeschehen äußern, ist jedem*r selbst überlassen. Doch klar ist, ihnen wird allein aufgrund ihres Bekanntheitsgrads zugehört, wenn sie etwas sagen. Nicht ohne Grund werden sie Influencer*innen genannt. Und Kanye West, der künftig nur noch Ye gerufen werden will, folgen allein bei Twitter 28,7 Millionen Menschen.
Im August wurde aus einer Umfrage des Rasmussen Reports bekannt, dass Trump der Unterstützer*innenkreis von Afroamerikaner*innen verdoppelt habe. Trump selbst führte das auf Kanye Wests Support zurück. Eine Unterstützung, auf die er nun wohl verzichten muss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Streit um Neuwahlen
Inhaltsleeres Termingerangel
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Überwachtes Einkaufen in Hamburg
Abgescannt
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
Obergrenze für Imbissbuden in Heilbronn
Kein Döner ist illegal