piwik no script img

werbepauseAtemlos durch die Nacht

Werbebeilage von BMW Foto: taz

Automanager und Werbetexter haben es in diesen Tagen nicht leicht. Beide haben ein ähnliches Problem: Wir können ihnen kaum noch glauben.

Wenn uns die Werbung einredet, wir würden beim Schuhkauf vor Glück schreien, haben wir durchaus andere Erinnerungen an solche Situationen. Wer wiederum Autos zusammenbaut und in Verkehr bringt, hat uns in den letzten Jahren geschworen: Seine Fahrzeuge seien sauber, es gebe keinen Betrug und die Welt könne man nur retten, wenn man jetzt dieses neue Modell kaufe. Auch da hatte so mancher Zweifel. Inzwischen selbst Staatsanwälte und Richter.

Umso lobenswerter ist die Aktion, mit der die Bayerischen Motorenwerke nun vorpreschen. In einer riesigen Anzeigenbeilage, die am vergangenen Wochenende unter anderem der Süddeutschen Zeitung beilag, preisen sie ihren neuen 8er BMW an. Unter nächtlich blauem Sternenzelt und vom Nordlicht umschmeichelt, steht hier das neue Produkt aus dem Haus der bayerischen Luxuskarossen, ein echter Stern des Südens. Slogan: „Gebaut, um den Atem zu rauben“.

So viel Mut muss man erst einmal aufbringen, auch wenn man sieben fette Jahre lang Rekordgewinne einfuhr, zuletzt fast 10 Milliarden Euro vor Steuern. Schließlich ­debattieren wir zunehmend atemlos über Fahrverbote wegen giftiger Stickoxide in der Atemluft. Es finden sich sogar deutsche Gerichte, die den Gesundheitsschutz der Bevölkerung vor diesen Abgasen, die mit ein paar Handgriffen deutlich zu reduzieren wären, durchsetzen wollen. Dazu kommt, dass sich der Feinstaub aus den Dieselmotoren und vom Abrieb der Reifen über die Atemluft in unsere Lungen bohrt. Und dann wiederum reden alle immer nur vom viel zu hohen Ausstoß des Klimagifts CO2, das aus den Verbrennungsmotoren quillt.

Die Manager bei BMW haben begriffen: Sie haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Sie müssen sich diesen Problemen stellen und als gute corporate citizens an einer Lösung mitarbeiten. Wenn sie schon ihre Autos nicht sauber machen, ist doch das Mindeste, was sie für ihre Mitmenschen tun können, in einem Beipackzettel von der Größe eines Badehandtuchs deutlich vor Risiken und Nebenwirkungen ihrer Produkte zu warnen: Achtung, wir rauben dir den Atem!

Direkt wendet sich der Autobauer an neue Kunden: Es sind nicht mehr nur die Bleifußfetischisten und PS-Protzer, die in den bayerischen Karossen unterwegs sein sollen. Nein, hier zeigt sich ein unternehmerischer Geist, der seine Hand denen entgegenstreckt, die es sonst nicht leichthaben: kleinen Kindern; alten Menschen; Leuten mit Atemwegsbeschwerden; Asthmatikern.

Das Umweltbundesamt schätzt, dass wegen der Stickoxidbelastung in der Atemluft jedes Jahr 437.000 Menschen an Diabetes und 439.000 Menschen an Asthma erkranken. Alle diese Menschen, denen die Autobauer sonst was husten, dürfen sich jetzt von BMW ernst genommen fühlen.

Bernhard Pötter

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen