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Diesel-Urteil des VerwaltungsgerichtesFahrverbote für Berlin angeordnet

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass Berlin in mehreren Straßen ein Diesel-Fahrverbot einführen muss. Die Umwelthilfe hatte geklagt.

Schlechte Luft: in Berlin Foto: dpa

Berlin taz | Großer Rummel am Berliner Verwaltungsgericht: Transparente von Umweltschützern vor dem Gebäude, voller Saal, fünf Richter*innen, dutzende Medienvertreter. Das spiegelte die bundespolitische Bedeutung des Verfahrens. Muss der Berliner Senat Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge erlassen?, lautete die Frage. „Ja“, antwortete das Gericht am Dienstag. Hält sich der Senat, die Landesregierung, an den Richterspruch, dürfen Diesel-Pkw und -Lkw ab nächstem Jahr einige Straßen nicht mehr befahren.

Geklagt hat der Verband Deutsche Umwelthilfe (DUH). Er wollte durchsetzen, die gesamte Berliner Innenstadt innerhalb des S-Bahn-Rings für Diesel zu sperren. Das hielten die Richter*innen für zu weitgehend. Sie wiesen aber auch den rot-rot-grünen Senat in die Schranken, der Fahrverbote vermeiden will.

Das Gericht gab der DUH in zentralen Punkten recht. Der Senat muss mindestens elf Abschnitte von acht Straßen im Zentrum für Diesel-Fahrzeuge der Euro-Normen 0 bis 5 sperren. Wagen mit Euro-Norm 6 sind davon nicht betroffen. Es geht unter anderem um die Leipziger Straße und die Friedrichstraße in Berlin-Mitte. Darüber hinaus soll die Landesregierung für 15 Straßenkilometer prüfen, ob dort Fahrverbote nötig sind. Einen entsprechenden Beschluss der Landesregierung zur Renovierung ihres Luftreinhalteplanes erwartet das Gericht bis 31. März 2019.

Auf zahlreichen Straßen im Stadtzentrum würde der Grenzwert für Stickstoffdioxid seit Jahren beträchtlich überschritten, begründete Ulrich Marticke, der Vorsitzende Richter. Dieser beträgt 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel. Die Werte an den Straßen erreichen demgegenüber bis zu 63 Mikrogramm. Verantwortlich dafür sei vor allem der Verkehr von Diesel-Fahrzeugen, so Marticke. Die Abgasbelastung gefährdet die Gesundheit von zehntausenden Berliner*innen.

DUH will Verbotszonen ausdehnen

„Das zeitliche Ende der Fahnenstange ist erreicht“, sagte der Richter. Die Einschränkungen müssten schnell erfolgen. Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig, eine Berufung ist zugelassen. Fraglich ist zudem, wann und wie der Senat den Richterspruch umsetzt. Kommen die Fahrverbote wirklich, wird ein Teil des Verkehrs in umliegende Straßen ausweichen. Dort steigt dann die Belastung mit Abgasen. DUH-Chef Jürgen Resch kündigte bereits weitere Messungen und juristische Maßnahmen an. Er will sich dafür stark machen, die Verbotszonen auszudehnen.

In der vergangenen Woche beschloss die Bundesregierung ihr Diesel-Konzept, um Diesel-Fahrverbote in 14 besonders betroffenen Städten zu vermeiden. Berlin gehörte bisher nicht dazu. Nun rückt wohl auch die Hauptstadt in den Kreis der Kommunen, in denen die Autohersteller den Diesel-Besitzern hohe Umtauschprämien anbieten müssen. Das soll den Austausch alter Fahrzeuge mit hohem Stickstoffdioxid-Ausstoß gegen sauberere Autos befördern.

Außerdem wünscht die Bundesregierung, dass die Unternehmen den Haltern anbieten, ältere Fahrzeuge mit Katalysatoren nachzurüsten. Auch das könnte bald für Berlin gelten. Ob und wie die Konzerne darauf eingehen, ist allerdings unklar.

Diesel-Fahrverbote für einige Straßen gelten bereits in Hamburg. In Stuttgart und Frankfurt/Main werden sie für 2019 erwartet.

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3 Kommentare

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  • Das ganze wird nix bringen. Es gibt null plausible Belege dafür, dass Stickoxide in den diskutierten Konzentrationsbereichen schädlich sind. Nicht zufällig ist die erlaubte Stickoxidkonzentration für einen Achtstundensrbeitsplatz 16 mal höher als für die Belastung an Strassen



    Nicht dass ich falsch verstanden werde. Verkehr ist gesundheitsschädlich, aber es ist nicht das NOX, sondern vor allem der Feinststaub. Und der kommt mehr aus Benzinern mit Direkteinspritzung und durch alle Autos, auch den tollen E-Autos, durch den Reifenabrieb.



    Das Gerichtsurteil setzt formales Recht um. Okay. Es wird weder die gesundheitsgefährdende Feinststaubbelastung reduzieren noch die kumulative NOx-Belastung in Berlin, da jetzt der Diesel halt auf Umwegen zum Zielort fährt.



    Typischer Fall von Kirchturmpolitik.

    • @Ignaz Wrobel:

      Wenn es keine plausiblen Belege gibt würde mich interessieren auf welche Parawissenschaft sich das Gericht beruft?

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Ignaz Wrobel:

      ...wenn's die Politik nicht macht, dann müssen es die Gerichte machen, so einfach ist das.



      Umweltschutz? Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als das irgend eine Bundesregierung die Menschen in diesem Lande schützt und nicht die Autoindustrie.