Nazi-Demo am 3. Oktober in Berlin: So läuft’s nicht
Am Mittwoch wollen bis zu 1.000 Nazis durch Berlin ziehen. Ihre Route wurde aber erst am Montagabend bekannt. Das erschwert die Gegenproteste.
Laut Polizei wurden mit dem Anmelder des rechten Aufzuges am Montag noch Kooperationsgespräche geführt. Erst danach wurde die Route bekannt. Über Invaliden-, Tor- und Chausseestraße wollen die Rechten zurück zu ihrem Ausgangsort ziehen. Die vom Veranstalter angegebene Zahl von 1.000 Teilnehmern hält die Polizei für „erreichbar“ – für die Demonstration sei „bundesweit mobilisiert“ worden. Bei einem ersten Aufmarsch der Gruppierung waren im März 2016 etwa 3.000 Menschen gekommen, beim bislang letzten im Frühjahr noch etwa 300.
Für die Anwohner und die Organisatoren von Gegenprotesten ist die lange Unklarheit über die Aufmarschroute ein großes Problem. Ulf Balmer vom Netzwerk „Berlin gegen Nazis“ sagt: „Je später die Initiatoren wissen, wo die Aufmarschrouten sind, desto schwieriger wird ihre Planung der Proteste in Sicht- und Hörweite.“ Dies sei für alle Beteiligten „demotivierend“. Eine Anwohnerinitiative hatte ihre Gegenkundgebung am Friedrichstadtpalast schon vor längerer Zeit angemeldet – wie sich jetzt herausstellt, nicht in unmittelbarer Nähe. Nun haben sie entschieden, ihre Kundgebung direkt an der Aufmarschroute am Pappelplatz abzuhalten.
Ursprünglich hatten mehrere Organisationen geplant, am Montag mehrsprachige Informationsflyer entlang der Route zu verteilen, um vor den vorbeiziehenden potenziell gewaltbereiten Rechtsextremen zu warnen. Dies könne nun erst am Dienstag geschehen, so Balmer.
Die Nazis treffen sich 14 Uhr auf dem Europaplatz. Sie laufen über Invalidenstraße, Ackerstraße und Torstraße, Novalisstraße, Tieckstraße zurück zum Hauptbahnhof. Weitere Infos auf berlin-gegen-nazis.de.
Die Gegner haben zwei Kundgebungen angemeldet. Die Anwohnerinitiative für Zivilcourage – Gegen Rechts lädt 14 Uhr zum Pappelplatz. Eine Techno-Kundgebung findet ab 13 Uhr am Rosenthaler Platz statt. (taz)
Die Polizei ist rechtlich nicht verpflichtet, die Streckeninfos bekannt zu geben, tut dies aber meistens etwa zwei Tage vorher. Im Koalitionsvertrag hatte sich Rot-Rot-Grün für eine aktive Informationspolitik stark gemacht. Der Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux verweist auf Anfrage auf das „Recht auf Gegendemonstrationen“. Er argumentiert: „Nicht nur rechtlich, auch einsatztaktisch bietet es mehr Vor- als Nachteile, wenn Demorouten bekannt gegeben werden.“ Dies führe zu „Klarheit statt hektischer Mobilisierungen – wie bei der Heß-Demo“. Mitte August wurde ein Gedenken für den Hitler-Stellvertreter am Demotag überraschend von Spandau nach Friedrichshain verlagert – die Gegendemonstranten versuchten hinterherzukommen.
Lux forderte, auch vorläufige Demonstrationsrouten bekannt zu geben. Dafür plant er Gespräche mit Innenverwaltung und Polizeipräsidentin Barbara Slowik. Auch Niklas Schrader von der Linken plädiert für „mehr Transparenz bei der Veröffentlichung von Demorouten“.
Die geringe Zahl an angemeldeten Gegenveranstaltungen – bislang sind es zwei – führt Balmer neben der schlechten Informationslage auch auf die immer wiederkehrenden rechten Demos zurück. Diese führe zu „Ermüdungserscheinungen“ bei potenziellen Teilnehmern an den Gegenprotesten und auch dazu, dass sich zivilgesellschaftliche Initiativen andere Schwerpunkte suchen.
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