Finanzierung für Werkhof-Rückkauf steht: Im Hinterhof kämpfen die Künstler
Investoren haben einen Werkhofs in der Hamburger Bernstorffstraße 117 gekauft und die Mieten erhöht. Die Mieter versuchen, den Hof zurückzukaufen.
Vor zwei Jahren hatten zwei Investoren den Hinterhof in der Bernstorffstraße 117 dem Vorbesitzer abgekauft. Seitdem fürchteten die Mieter um ihr Zuhause. Seit einem halben Jahr versuchen sie, die Gebäude mit ihrem Verein „Viva la Bernie“ zurückzukaufen. Nun können sie einen Erfolg vermelden: Dank ihren Unterstützern haben sie die Eigenkapitalquote, die die Bank fordert, zusammenbekommen. Finanzierungsplan und Kaufangebot sind damit komplett.
„Wir bieten den Investoren sieben Millionen Euro. Damit machen sie eine exzellente Rendite“, erklärt Gauger im Namen des Mietervereins, aus dem bald eine Genossenschaft werden soll. Laut seiner Kalkulation haben Alexander Möll und Christoph Reschke, die sowohl Privatunternehmer als auch Angestellte eines US-amerikanischen Immobilienkonzerns sind, zwischen fünf und sechs Millionen Euro für das Objekt in der Bernstorffstraße bezahlt. Gauger hatte dem Vorbesitzer im Mai letzten Jahres noch im letzten Moment ein Angebot im Namen der Werkhof-Mieter gemacht – ohne Erfolg, der Deal war bereits beschlossen.
Ob die Hofgemeinschaft die Gebäude jetzt zurückkaufen kann, ist noch unklar. Der Kommunikationsbeauftragte der neuen Eigentümer, Matthias Onken, bestätigt zwar, dass die Unterlagen der Werkhofler eingegangen sind, weist aber darauf hin, dass die Besitzer keine Verkaufsabsicht haben. Sie hätten lediglich zugesagt, das Finanzierungskonzept zu prüfen. „Sie präfieren ein langfristiges Mietmodell, gern mit einem Hauptmieter. Das könnte eine Genossenschaft sein“, sagt Onken.
Runder Tisch anvisiert
Über anvisierte Quadratmeterpreise oder die Kaufsumme sei sowieso nie gesprochen worden, sagt Caro Bessen, die sich um die Kommunikation für „Viva La Bernie“ kümmert. „Das wollen wir ändern.“ Für den Herbst ist ein runder Tisch mit dem Bezirksamt anvisiert, das sich für den Erhalt der Strukturen auf dem Werkhof ausgesprochen hat.
Dass Werkhofgemeinschaften und andere alternative Strukturen für die Wertigkeit von St. Pauli und für die Marke Hamburg relevant sind, ist längst auch bei der Politik angekommen. Dass diejenigen, die solche Prozesse initiiert und gestaltet haben, die Stadt damit bereichern, werde dabei allerdings oft vergessen, sagt Schorsch Kamerun. „Die Leute haben auch einen Anspruch darauf, ihnen gehört das auch“, so der Theatermacher und Sänger der „Goldenen Zitronen“.
Mieterhöhungen ohne Investitionen
Gauger sieht das auch so. Im Fall des Werkhofs, wo rund 110 Menschen arbeiten, seien es die Mieter, die den Hof im Laufe der Jahrzehnte zu dem gemacht haben, was er heute ist. „Von Kleinreparaturen bis zur Heizungsinstallation haben wir fast alles in Eigenregie auf die Beine gestellt, das Objekt aufgewertet, wie es so heißt“, sagt Gauger
Profitieren werden davon nun andere, denn die ersten Mietverträge, die unter den neuen Besitzern für maximal drei Jahre unterschrieben wurden, beinhalten bereits Mieterhöhungen. Um rund drei Euro pro Quadratmeter auf 9,50 Euro gingen die Mieten hoch, ohne dass investiert worden wäre. Ein lukratives Geschäft für die neuen Besitzer, die sich den Mietern gegenüber dialogbereit zeigen, aber sich nicht in die Karten schauen lassen – den Preis, den sie bezahlt haben, wollen sie dem Anwalt der Hofgemeinschaf nicht verraten.
Obwohl die Perspektive unklar ist, wollen die Nutzer des Werkhofs am Freitag Abend feiern, dass ihr Angebot nun auf dem Tisch liegt. Ab 19 Uhr treten Jan Delay, Samy Deluxe, Fettes Brot, D-Flame und DJ Dynamite auf. Außerdem wollen sie diskutieren, denn bei ihrem Anliegen gehe es auch um die allgemeinen Fragen, wie in Innenstädten zukünftig gelebt und gearbeitet werden soll.
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