: Breitseite gegen Völkerstrafrecht
USA drohen mit Sanktionen gegen Internationalen Strafgerichtshof, sollte er gegen US-Soldaten ermitteln
Von Bernd Pickert
Die USA wollen den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag mit Sanktionen belegen, sollte dieser seine Ankündigungen wahrmachen und wegen mutmaßlicher von US-Soldaten begangener Kriegsverbrechen in Afghanistan ermitteln. Das kündigte John Bolton, Nationaler Sicherheitsberater von Präsident Donald Trump, am Montag an.
Man werde den Richtern und Staatsanwälten ein Einreiseverbot in die USA erteilen, sie womöglich in den USA vor Gericht stellen, alle mit dem Gerichtshof verbundenen Konten in den USA einfrieren und jedes Unternehmen und jeden Staat bestrafen, der bei Ermittlungen gegen US-Staatsbürger behilflich ist.
Die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs, Fatou Bensouda, hatte im November vergangenen Jahres eine richterliche Zustimmung für die Einleitung von Ermittlungen gegen US-Soldaten und CIA-Mitarbeiter beantragt. Ihnen wird vorgeworfen, in Afghanistan vor allem in den Jahren 2003 und 2004 Menschen gefoltert zu haben.
Der Internationale Strafgerichtshof wurde 1999 durch die Verabschiedung des Rom-Statuts ins Leben gerufen. Mit der Ratifizierung durch eine ausreichende Anzahl von Vertragsstaaten trat das Statut 2002 in Kraft; der Gerichtshof nahm seine Arbeit auf. An den Verhandlungen des Rom-Statuts waren die USA von Beginn an beteiligt. Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit unterzeichnete der damals scheidende Präsident Bill Clinton Ende 2000 das Statut – ratifiziert wurde es allerdings nie. Sein Nachfolger George W. Bush zog die Unterschrift zurück. Seiner Regierung wurde eine Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen vorgeworfen, insbesondere bei den US-Einsätzen im Irak und in Afghanistan. Auch soll es zu systematischer Folter durch die CIA in deren weltweit verteilten Geheimgefängnissen gekommen sein.
Unter der Regierung Barack Obamas entspannte sich das Verhältnis zum Strafgerichtshof. In verschiedenen Fällen arbeiteten die USA im Rahmen des UN-Sicherheitsrates mit Den Haag zusammen. Doch angesichts der Mehrheitsverhältnisse im über weite Strecken seiner Amtszeit republikanisch dominierten US-Kongress versuchte auch Obama gar nicht erst, eine Ratifizierung des Statuts zu erreichen.
John Bolton, einst einer der vehementesten Befürworter des Irakkriegs, notorischer Gegner multilateraler Zusammenarbeit und internationaler Organisationen und heute Trumps Sicherheitsberater, gehörte von jeher zu den schärfsten Kritikern des Rom-Statuts. Stets behauptete er, der Gerichtshof sei eine einseitig gegen die USA gerichtete Institution und ein Angriff auf die nationale Souveränität.
Der Gerichtshof kann tätig werden, wenn die Justiz eines Landes den Vorwurf von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, schwerer Kriegsverbrechen oder Folter nicht verfolgen kann oder will. Die Unterhändler der Europäischen Union hatten daher die US-Bedenken stets mit dem Argument zu entkräften versucht, die USA verfügten doch wohl über ein funktionierendes Justizsystem, hätten also vom Gerichtshof nichts zu befürchten.
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