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Kommentar Seehofer und MerkelDas Problem ist die Union

Lukas Wallraff
Kommentar von Lukas Wallraff

Seit 2015 gibt es Streit zwischen CDU und CSU, zwischen Angela und Horst. Mehr Rationalität würde helfen – danach sieht es aber nicht aus.

Der Mann kann einen aber auch wirklich ermüden… Foto: dpa

D ie Große Koalition ist kaputt. Wenn sie noch lang so weitermacht, gefährdet sie die Demokratie. Das kann jeder sehen. Und das tut weh – vor allem der SPD, die wie immer am lautesten leidet. Aber das Hauptproblem ist nicht die Hilflosigkeit der SPD, die Angst vor Neuwahlen hat, sondern die Spaltung der Union.

Seit dem Flüchtlingsherbst 2015 verläuft die alles dominierende Trennlinie der deutschen Politik nicht mehr zwischen Regierung und Opposition, nicht mehr zwischen links und rechts, sondern zwischen den Vorsitzenden von CDU und CSU. Angela gegen Horst – eigentlich ein lächerliches Klein-Klein-Duell, das sich hinzieht wie eine schlechte Serie mit Endloswiederholungen. Deshalb haben viele auch längst weggezappt – und andere Parteien angeklickt.

Warum dreht sich trotzdem immer noch alles um Merkel und Seehofer? Weil sie die symbolischen Gegenpole in einem Streit sind, der quer durchs Land geführt wurde, quer durch alle Parteien, quer durch Familien und manchmal sogar quer durch Köpfe. Die Streitfrage: War die europaweit einzigartig liberale Flüchtlingspolitik 2015 mit Merkels Selfies richtig?

Seehofer sagt seit dem ersten Tag: falsch. Er kämpft nur noch darum, Merkels Selfies irgendwie zu löschen – und nimmt dafür in Kauf, ins Rechtsextreme abzugleiten. Merkel hingegen versucht Rechtsabweichler wie Maaßen abzustrafen, bleibt bei Unionskonflikten immer auf der liberalen Seite – und nimmt dafür in Kauf, dass viele Wähler zur AfD abwandern.

Wieder einen gemeinsamen Kurs zu finden, der Konservative und Liberale anspricht, ist für die Union schwierig. Wieder ruhiger und rationaler über Migration zu reden, über die Zukunft statt über 2015, wäre wichtig. Die entscheidende Trennlinie muss zwischen Demokraten und Demokratiefeinden verlaufen. Mit den ineinander verhakten Symbolfiguren Seehofer und Merkel gelingt das nicht mehr. Gut möglich, dass deshalb bald beide gestürzt werden. Seehofer nach einer CSU-Niederlage in Bayern – und Merkel nach einem CDU-Desaster bei der Wahl in Hessen.

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Lukas Wallraff
taz.eins- und Seite-1-Redakteur
seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens
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11 Kommentare

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  • Meine Güte, muss es denn in Stein gemeißelt sein und bleiben, dass CDU und CSU siamesischen Zwillingen gleich zusammen bleiben?



    Eine stabile Regierung wäre doch ohne die bayerische Regionalpartei ohne weiteres machbar.



    Auf zu neuen Ufern, Unionsfreunde!

  • Man kommt dieser Tage aus dem Staunen gar nicht mehr raus.



    Nazis möchten neuerdings „nicht in die rechte Ecke gestellt“ werden;



    einer der Großväter des Rechtspopulismus in Deutschland nähme gar schweren Herzens „in Kauf, ins Rechtsextreme abzugleiten“ und das, nachdem er maßgeblich dabei mitgeholfen hat, Rechtsextreme in diesem Land im Hinblick auf zukünftige Koalitionen so hoffähig, wie nur irgend möglich zu machen;



    eine SPD-Vorsitzende läßt sich bereitwillig von der schwächsten „Union“ aller Zeiten über den Tisch ziehen und wettert dann lauthals gegen eine - zugegeben völlig unmögliche - Personalentscheidung, die Sie allerdings selbst so mitgetragen haben muss.







    Man kommt einfach nicht mehr hinterher, wer da jetzt gerade mal wieder wen verarscht hat in dieser Groko-Simulation und die Gaulands und Höckes lassen die Leichen ihrer politischen Gegner genüsslich vorbeiziehen, nur um sich nach der letzten dann auch in den reißenden Fluten unterzugehen.







    Was für ein Affentheater?

    btw.: Nix gegen Herbert Knebel hier! Bei dem gibt's wenigstens immer noch Sinn für Verstand.

    • @Rainer B.:

      Sorry, ein „sich“ war zuviel.

  • das austauschen der kutscher löst das problem mitnichten . der versuch , die nationale gerechtigkeitsfrage zu globalisieren , kann schon im lande zumindest in diesem umfang nicht gelingen .



    1. die brd hat keine staatsidee ausser der grundgesetzlich manifestierten antihitlerei und ist historisch bedingt patriarchalischen strukturen nicht gewachsen .



    das gg ist in nicht unwesentlichen teilen ausdruck des misstrauens gegenüber den deutschen .



    2. eine seriöse quantifizierung des integrationsunwilligen politischen islams , in frankreich selbstver-ständlich mit ca. 1 / 3 benannt und somit zwingende lösungsvoraus-setzung , ist hierzulande weder politisch noch medial erwünscht .



    3. nach verlust ihres staates und der entwertung ihrer lebensleistung ist die relativierung des volksbegriffs samt ethnischer grundlagen im osten nicht vermittelbar . eine eben-bürtigkeit der neuen kraft weltethos ist auch im westen schwerlich vereinbar mit dem „ volks-empfinden „ , insbesondere im fiskalisch relevanten .



    4. die afd ist nur speerspitze der ablehnung einer dauerhaften hilfe nach " beendigung " des fluchtgrundes , verbunden mit dem import herkunftsbedingter probleme .



    5. die naturgemäss konservative beamtenschaft ist schon aus gründen ordnender verwaltung deutlich mehrheitlich dagegen.



    6.hier ringen 2 kaum versöhnliche ideen von gerechtigkeit , die herabsetzung der anderen ist überheblich , insbesondere die verortung im vulgären schliesst die reihen .



    in der brd dominiert seit jeher die gesinnung die urteilskraft.



    7. die jährliche neugründung einer 200000 ( 2017 ) menschen stadt mit allem was dazugehört überfordert das land spätestens nach dem abkühlen der hochkonjunktur .



    8. die brd ist diesbezüglich isoliert und wird als moralich anmassend wahrgenommen.

    • @oliver pasch:

      Ich bin Gegner Ihrer Inhalte.

      Ihre gesamte Argumentation führt zu dem was Alexander Gauland den "Vogelschiss in der deutschen Geschichte" genannt hat. Genau da möchte ich nicht wieder hin.

      Kürzer und präziser wäre Ihr Kommentar zusammengefasst mit "Merkel muss weg!"

      • @Der Alleswisser:

        Das ist genau die Argumentationsmethode, die die Fronten verhärtet bzw. erst herstellt. Zwischen Multikulturalismus mit Aufgabe der deutschen Identität und Auflösung der Staatlichkeit (no borders, no nations) und einem Naziregime soll es gar nichts geben.



        In der DDR wurde uns die ganze Zeit gesagt: entweder Sozialismus, so wie ihn die Partie meint und macht - oder Kapitalismus und Imperialismus mit Kriegstreiberei. Dazwischen gebe es nichts. Genau dies führte dazu, daß es tatsächlich nichts gab.



        Sie WOLLEN einfach nicht zuhören und sachlich Probleme diskutieren, weil Sie immer schon vorher wissen, was das ethisch richtige und edle ist und jede andere Meinung, Ansicht oder Betrachtungsweise bzw. Interessenartikulation mit dem bereitliegenden Label versehen, das eine Diskussion erübrigt. Auch das kenne ich von der DDR. Sobald eine Sichtweise "bürgerlich" oder noch besser "bürgerlich-dekadent" oder "bürgerlich-subversiv" war, mußte man sich nicht mehr um die Widerlegung kümmern.



        Das wird zu nichts Gutem führen, sage ich Ihnen.



        Die Nazikeule wird jetzt schon bei geringster Abweichung herausgeholt - irgendwann wird es den Leuten egal sein: "Dann bin ich eben Nazi, aber ich bin begründet dieser Meinung, und das lasse ich mir nicht verbieten." Wollen Sie das?

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...Merkel und Seehofer, wenn es wirklich so schlimm zwischen den beiden steht, wieso hat Frau Merkel dann Herrn Seehofer zum Innenminister gemacht, bzw. wieso hat Frau Merkel der CSU das Innenministerium überlassen?

  • Es gefällt mir die Dinge so zu nennen, wie man (allgemein) sie auch empfindet. Eine Union kann sinnvoll sein, wenn die Beteiligten einen gemeinsamen Nenner und ein gemeinsames Ziel haben!



    Richtig ist: "Mehr Rationalität würde helfen" d.h. Ratio d.h. Vernunft, Verstand.



    Es setzt Sapere Aude (wage zu denken) voraus. Den Ausgang aus der selbstverschuldeten Unwissenheit (KANT) zu suchen.



    Die betroffenen Menschen in Verantwortung (Politiker) sollten wenigsten in ihrer Sprache die gemeinsamen Bedeutungen vereinbaren. Was ist Asyl: Ein allgemeines Menschenrecht. Bei der UN definiert. Im Unterschied zu Migration: Das bedeutet Gastarbeiter! Damit hat z.B. Ludwig Erhard das erste Wirtschaftswunder in Deutschland organisiert.

    Das seltsame und schlechte empfinde ich, dass wir in unserer Verfassung Artikel 3, Satz 3 GG den deutschen Rassismus auch noch besonders schützen?



    Dazu verweise ich auf die aktuelle Ausstellung im Dresdener Hygiene Museum zum Thema.

  • Zitat: „Warum dreht sich trotzdem immer noch alles um Merkel und Seehofer? Weil sie die symbolischen Gegenpole in einem Streit sind, der quer durchs Land geführt wurde, quer durch alle Parteien, quer durch Familien und manchmal sogar quer durch Köpfe. Die Streitfrage: War die europaweit einzigartig liberale Flüchtlingspolitik 2015 mit Merkels Selfies richtig?“

    Wenn es doch wenigstens einen Streit gäbe! Leider gibt es bislang keinen. Vermutlich, weil der Streit im Kopf von Angela Merkel noch nicht entschieden ist. Die Kanzlerin fragt sich vermutlich immer noch, ob sie falsch abgebogen ist und wenn ja, warum.

    Ich persönlich denke: Nein, ist sie nicht. Sie hat genau das getan, was zu tun war damals. Sie hat nur die Konsequenzen ihrer Entscheidung unterschätzt (oder auch nicht gesehen). Das ärgert sie bis heute – und das hindert sie daran, ihrem Problembären den Nasenring stramm zu ziehen. Herr Seehofer seinerseits kann – ganz der Problembär – Angstschweiß gradezu riechen. Das ist es, was ihn zum Politiker qualifiziert, nicht seine Ideen. Er stilisiert sich zur Gegen-Angela, ohne auch nur im Ansatz mehr zu haben als den eisernen Willen zur Fundamental-Opposition.

    Nein, einen „gemeinsamen Kurs“ werden die beiden in diesem Leben nicht mehr finden. Wo ein (Möchtegern-)Kanzler ist, kann schlicht kein zweiter sein. Ich kann nur hoffen, Angela Merkel kriegt sich recht bald wieder ein und verzeiht sich, dass sie nicht allwissend ist. Sie wird schließlich gebraucht an der „entscheidende[n] Trennlinie [...] zwischen Demokraten und Demokratiefeinden“. Horst Bär kann und will ihre Rolle jedenfalls nicht übernehmen.

    Merke: Niemand kann in die Zukunft sehen, auch Seehofer nicht. Seehofers Vorteil ist, dass er es gar nicht erst versucht.

    • @mowgli:

      Genau. Das ist die neue Sprachregelung, die neue Hetzlinie: Demokraten und Antidemokraten. Zu denen selbstverständlich die AfD zählt, egal ob sie den Rechtsstaat retten und die Demokratie festigen will gegen Korruption, Selbstbedienung , Steuerverschwendung und Parteienanmaßung und mit Abstimmungen nach Schweizer Vorbild.



      Vorgestern war in Stegaurach eine große Demo (Wir sind mehr!), auf der auch der Bamberger SPD-Bürgermeister (ist das eigentlich mit dem Amt vereinbar?) sprach, gegen eine ganz normale Wahlkampfveranstaltung der AfD mit einem MdB (Nicole Höchst zu Bildungsfragen). Alle Demokraten müßten so etwas verunmöglichen, indem öffentliche Räume nicht mehr an die AfD gegeben werden (dann natürlich leider auch nicht an andere Parteien). Alle Demokraten (damit sind die Altparteien gemeint - "Nationale Front") müßten zusammenstehen gegen die Antidemokraten. Ich kann mir vorstellen, wohin das gehen soll. Man dreht förmlich durch vor Angst um die eigene Macht und Pfründen.



      Will man die AfD in den Untergrund treiben? In die privaten Räume? Und die letzten patriotischen und konservativen und nicht "flüchtlings"-und-"welcome"-besoffenen Kräfte in den anderen Parteien gleich mit ruhigstellen? Das wird auch nichts nützen. Wer die Hohlheit und Heuchelei der Alten erstmal durchschaut hat, der kehrt nicht wieder zurück.



      Merke: Die Trennlinie geht nicht zwischen Demokraten und Antidemokraten, sondern zwischen Globalisten und Heimatbewahrern, zwischen Multikulturalisten (Ausflösern der Völker und Nationen) und Patrioten, zwischen Universalisten und Identitären, zwischen Gesinnungsethikern (fiat migratio, pereat mundi) und Verantwortungsethikern, zwischen dem internationalen Kapital oder aber dem eigenen Volk verpflichteten (siehe Amtseid), zwischen denjenigen, die sich Hilfe nur durch Aufnahme im eigenen Land vorstellen können und denjenigen, die andere, sogar billigere und effektivere Formen der Hilfe vorzögen. Demokraten und Antidemokraten gibt es auf beiden Seiten.

  • Ja wie*¿* - Schonn*¡*

    Aber - “…und nimmt dafür in Kauf, ins Rechtsextreme abzugleiten.…“



    Wie meinen*?* - Scherzerklärung - wa?!



    &/



    oder - mit Carolin Kebekus am Sonntag - Kölle - Alter Markt!



    “Deine Mutter - ist die Mutter aller Probleme!“



    & Alle!! “Wie blöd du bist!“



    www.youtube.com/watch?v=ZQekL3C1wPw