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Razzia in der DiskoGewalt erzeugt bloß Gegengewalt

Wenn sich eine Nacht vor dem berüchtigten Hassderby zwischen den Fußballclubs Union Berlin und BFC Dynamo tatsächlich 150 Hooligans der übelsten Sorte in einer Disko zusammenrotten, um für den nächsten Tag die Gewalttaten an den schwächsten Gliedern einer Polizeikette auszuhecken, dann kann dies einen Polizeieinsatz durchaus rechtfertigen. Zumal es kein Geheimnis ist, dass sich in den Reihen des BFC Anhänger der rechtsextremistischen Szene tummeln. Dass Polizeipräsident Dieter Glitsch die überzogenen Übergriffe seiner Beamten zum Zeitpunkt laufender Ermittlungsverfahren nicht weiter kommentieren will – auch das ist ihm nachzusehen. Immerhin hat er in weiser Voraussicht schon alle, die völlig grundlos zusammengeschlagen wurden, um Verzeihung gebeten. Dennoch ist dieser brutale Polizeieinsatz aufs schärfste zu verurteilen.

KOMMENTAR VON FELIX LEE

Trotz seiner Stellungnahme gestern im Innenausschuss bleibt Glietsch den Unschuldigen eine Erklärung schuldig, wie es in seinem Führungsstab zu einer solchen Fehleinschätzung der Lage kommen konnte. Ein früherer Besuch in der Disko Jeton hätte genügt, und seinen Beamten wäre klar gewesen, dass das gelbe Bändchen am Arm nur eine Berechtigung für Freigetränke ist – und kein Merkmal organisierter BFC-Hools. So wurde auch auf ganz harmlose Diskogäste eingedroschen.

Es hätte auch zur Sorgfaltspflicht seines Einsatzleiters gehört, in Erfahrung zu bringen, dass an diesem Abend ausgerechnet St.-Pauli-Fans eine Junggesellenparty feierten. Die haben mit der rechten Szene des BFC wirklich nicht viel gemein.

Unabhängig von diesen ungeklärten Details bleibt die grundsätzliche Frage, was ein solcher Knüppeleinsatz bringt. Die Hoffnung, dass sich die gewaltbereite Szene nun eingeschüchtert verkriecht, ist illusorisch. Bereits jetzt kursieren im Internet Aufrufe „echter“ Hooligans, die zu Vergeltungsaktionen aufrufen. Gewalt erzeugt bloß Gegengewalt. Glietsch war dieser Erkenntnis schon mal näher.

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