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Gastkommentar Klarnamenpflich im NetzDemokratie braucht Anonymität

Kommentar von Yannick Haan

Anonymität ist eine wichtige Voraussetzung für Demokratie – auch im Netz. Eine Klarnamenpflicht für soziale Medien wäre falsch und nutzlos.

Trolle im Netz sollte man nicht füttern, sie werden dadurch nur größer Foto: ap

I n einem Gastbeitrag für die taz hat Daniel Mack dafür plädiert, eine Klarnamenspflicht in sozialen Medien einzuführen. Im ersten Moment leuchtet diese Forderung ein. Die Diskussionskultur im Internet hat sich in den letzten Jahren immer weiter verschlechtert. Aus dem Versprechen eines Raums des gleichberechtigten Diskutierens ist ein Raum der Beschimpfungen und des Hasses geworden. Mich macht es traurig zu sehen, wie Menschen, die sich politisch äußern, regelmäßig mit Hass und Häme überschüttet werden.

Doch Anonymität ist auch eine wichtige Voraussetzung für die Demokratie. Wir geben bei einer Wahl anonym unsere Stimme ab und können anonym eine Demonstration besuchen. Anonymität ist der demokratische Standard, und der sollte es auch im Internet bleiben. Hier ist diese Voraussetzung sogar noch wichtiger als an der Wahlurne. Die grassierende Welle des Hasses ist kein Grund, die Anonymität einzuschränken. Im Gegenteil: Die ­Anonymität beschützt Menschen, die sich gegen rechts engagieren.

ist Mitglied der medien- und netzpolitischen Kommission beim SPD-Parteivorstand

Außerdem gibt es derzeit leider keine Hinweise darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen Anonymität und dem Niveau der Diskussionskultur gibt. Die schlimmsten Beleidigungen und der schlimmste Hass werden mit vollem Namen, am liebsten noch mit einem lächelnden Profilbild, geäußert. Die gesellschaftliche Verrohung ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass man auch mit vollem Namen hassen kann.

Statt grundlegende demokratische Freiheiten einzuschränken, sollten wir lieber die sozialen Medien in die Pflicht nehmen. Facebook zeigt uns beispielsweise seit geraumer Zeit nur noch Beiträge an, bei denen es eine möglichst kontroverse Debatte gibt. Das soziale Netzwerk fordert uns per Algorithmus zum Streit, zum Hass und zur Hetze auf und verfolgt Beleidigungen dann nur sehr halbherzig bis gar nicht. Das ­sollten wir uns als Gesellschaft nicht weiter gefallen lassen. Wir müssen die sozialen Medien jetzt zum Handeln zwingen – im Notfall auch mit neuen Gesetzen.

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3 Kommentare

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  • Ein Interview mit Joi Itō - Leiter des MIT Media Lab - bei zeit.de war kürzlich folgend überschrieben: "Gibt man jedem eine Stimme, sind die Arschlöcher die Lautesten."

    Im Artikel zeigt er sich mit dem Satz desillusioniert von der Idee, dass in einem Internet "jeder seine Stimme erheben könne, dann käme der Weltfrieden."

    "Sie übertönen alle anderen."

  • Man kann durchaus die Anonymität auch von elektronischen Wahlen sichern ohne auch die Anonymität von Verleumdungen zu erlauben. Das braucht nur ein wenig technisches Know-How.

  • Was erwiesenermaßen funktioniert: Wenn Hass und Beleidigungen als Störung der Kommunikation behandelt werden (wie Spam) und es ein transparentes System gibt, das die Sichtbarkeit von Störungen begrenzt (und direkte Rückmeldung liefert, dass man zeitweise weniger sichtbar ist).

    Erwiesenermaßen, weil das in Freenet funktioniert, das echte Anonymität liefert. Es gibt dort zwei Foren: Eins ohne das System, eins mit. Das ohne ist durch Hass und Beleidigungen unbenutzbar. Das mit ist freundlich und ermöglicht Kontroversen. Beide sind vollständig anonym. Sie unterscheidet nur, wie bestimmt wird, welche Beiträge für wen sichtbar sind.

    Und das funktioniert zusätzlich komplett dezentral, also ohne dass es eine zentrale Stelle bräuchte, die Nutzern etwas verbietet. Die Heere an versteckten Content-Moderatoren in Facebook und co. können schon heute durch Technik ersetzt werden.

    Hintergrund: www.draketo.de/eng...ion-with-anonymity