Rocker-Boss als Kino-Stargast: Kein leichter Auftritt

Zu einer „Easy Rider“-Vorführung bittet ein Kino in Hannover die Hells-Angels-Größe Frank Hanebuth aufs Podium. Daran entzündet sich Streit.

Frank Hanebuth unter anderen Menschen

Wo er ist, ist Ereignis: Frank Hanebuth am Tag seiner kirchlichen Trauung im Juli 2017. Foto: dpa

Hamburg taz | Vorneweg: Ja, auch die taz hat die Brisanz dieser Sache zunächst übersehen. Am Donnerstag erschien im Regionalteil für Norddeutschland ein Text, der eine Filmreihe in der „Eisfabrik“ in Hannover ankündigte.

Darin hieß es, unter den „interessanten Gästen“ sei auch „der Chef der hannoverschen Hells Angels Frank Hanebuth“ angekündigt: Am Montagabend soll Hanebuth über seine Liebe zum Motorrad sprechen – naheliegenderweise im Rahmen einer Vorführung des Motorrad-Films „Easy Rider“. Die Veranstaltung war schon deutlich vor dem Wochenende ausverkauft – und es regt sich Protest gegen den prominenten Gast.

Dieser ist, technisch gesprochen, vielleicht nicht mehr Chef von Hannovers wiederholt aufgelösten und umfirnierten Hells Angels. Aber auf der Bühne Platz wird da einer Platz nehmen, der jahrelang den Kurs der örtlichen Kuttenträger bestimmt hat – und wie es im hannöverschen Steintorviertel zuging, gleich mit: Der Lokalpresse galten Hanebuth und seine harten Jungs als diejenigen, die das Rotlichtmilieu in der Landeshauptstadt befriedet hatten, dem Steintor die Sicherheit gebracht. Seit diesem Jahr betreibt der 53-Jährige dort selbst wieder ein Lokal.

Das Zeug zum dunklen Volkshelden

Als Hanebuth, der sich Kontakte in allerbeste Kreise der Stadt erwarb, im vergangenen Jahr heiratete, säumten wiederum ganz normale Menschen die Straßen, um ein Bild zu erhaschen. Dass er zumindest einige Zutaten zu haben scheint für eine Art dunklen Volkshelden, das legt der Blick in Nutzerkommentare nahe, immer da, wo über ihn berichtet wird.

Aber es gibt eben auch die die entgegengesetzte Sichtweise: Dass da eine Halbwelt-Größe hofiert wird, der zahlreiche schwere Delikte zur Last gelegt worden sind. Verwundert zeigte sich etwa Daniel Gardemin, kulturpolitischer Sprecher der Grünen-Ratsfraktion – darüber, „dass eine Einrichtung wie die Eisfabrik nicht mehr Fingerspitzengefühl bei der Auswahl der Gäste aufweist“. Gerade in der „sensiblen Phase der Kulturhauptstadtbewerbung“ – derjenigen Hannovers für das Jahr 2015 – stehe „das kulturpolitische Profil der Stadt“ doch „unter besonderer Beobachtung“.

Noch weiter geht Ekkehard Meese, auch ein Grüner und der stellvertretende Bürgermeister des Bezirks Südstadt-Bult, in der auch der Veranstaltungsort liegt: Er spricht von einer „Verniedlichung“ der „nicht nur hannöverschen Milieugröße“ Hanebuth durch die Veranstalter*innen. Diese trügen bei zu einer „massiven Werteverschiebung“. Meeses Schluss daraus: Er kündigte „nach langen Jahren“ seine Fördermitgliedschaft bei der Eisfabrik.

„Hysterische Zeiten“

Dass man da „einen wirklich schweren Jungen der deutschen Motorradszene“ eingeladen habe, schrieben die Veranstalter*innen selbst am Donnerstag in einer Mitteilung – und wiesen hin auf die Wellen, die das bis dahin bereits geschlagen hatte: „Persönliche Proteste, Facebook-Posts, Austritte aus unserem Förderverein und die ausdrückliche Aufforderung zur Stellungnahme von Seiten eines Stadtpolitikers, all das hat es gegeben – wahrlich, wir leben in hysterischen Zeiten.“

Es könne kein Zweifel daran bestehen, „auf welcher Seite wir stehen“, heißt es weiter. „Aber Freiheit, Gleichheit, Toleranz, Gleichberechtigung und Demokratie werden nicht gestärkt durch eine präzise Selektion unserer Gäste, sondern durch die kritische Auseinandersetzung auch mit denen, die diese Werte gefährden könnten.“ Ja, man hätte „harmlosere Gesprächspartner“ einladen können – „aber gerade Harmlosigkeit wollten wir auch weiterhin nicht zum hervorstechenden Merkmal unserer Arbeit machen“.

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