Kommentar Ermittlungen gegen Trump: US-Präsident im Beiß-Modus
Trump fordert ein Ende der „Hexenjagd“ gegen ihn und sein Wahlkampfteam. Kein Wunder: Sonderermittler Mueller kommt ihm gefährlich nahe.
D onald Trump ist nicht der erste US-Präsident, der während seiner Amtszeit mit Sonderermittlungen wegen des Verdachts illegaler Machenschaften konfrontiert ist. Vor ihm traf es unter anderem Richard Nixon und Bill Clinton. Auch sie versuchten, ihre Sonderermittler loszuwerden, logen, dass sich die Balken bogen. Doch niemand hat die Einmischung und den Druck so weit getrieben wie jetzt Trump.
Während seine Amtsvorgänger im Verborgenen intrigierten, führt er seit einem Jahr eine öffentliche Rufmord-Kampagne gegen Sonderermittler Robert Mueller. Er nennt ihn einen Lügner. Behauptet, er betreibe eine „Hexenjagd“. Verweigert ihm die Aussage. Und droht, dass er ihn jederzeit entlassen könne. Am Mittwoch schaltete Trump auf eine noch höhere Aggressionsstufe und forderte seinen Justizminister per Tweet auf, er solle den Sonderermittler entlassen.
Von Anfang an hat Trump weder Respekt für die Ermittlungen noch für die Unabhängigkeit der Justiz gezeigt. Aber sein neuer Tweet geht weiter. Es ist ein Versuch, die Justiz zu beeinflussen, was wiederum ein Straftatbestand ist. Letzteres erklärt die Verrenkungen von Trumps' Anwälten und von seiner Sprecherin im Weißen Haus, die versuchen, den Tweet so darzustellen, als wäre es kein Auftrag an den Justizminister, sondern lediglich eine „Meinungsäußerung“ des Präsidenten.
Trump hat sein Tweet am Tag nach dem bislang größten Erfolg von Sonderermittler Mueller abgesetzt. Am Dienstag ist in Alexandria das Strafverfahren gegen Trumps ehemaligen Kampagnenchef Paul Manafort eröffnet worden. Manafort ist dabei zwar nicht wegen seiner Arbeit für Trump, oder wegen seiner russischen Kontakte angeklagt, sondern wegen Steuerhinterziehung und Bankbetrug in zweistelliger Millionendollarhöhe. Aber Mueller hat schon oft bewiesen, dass er auf Umwegen voranschreitet. Und in dem Prozess in Alexandria steckt dafür viel Potenzial.
Unter anderem weil neben Manafort als Angeklagtem auch Rick Gates als Zeuge auftritt. Er war der Vizechef der Trump-Kampagne und arbeitet inzwischen mit Sonderermittler Mueller zusammen. Die beiden Männer haben so viel Insiderwissen über Trumps Kampagne, dass der Prozessverlauf unvorhersehbar ist. Ebenfalls am Montag trieb der Sonderermittler den Präsidenten auch noch mit einer zweiten Geste in die Enge. Er schickte ein Schreiben ins Weiße Haus, in dem er Trump erneut aufforderte, seine Fragen zu beantworten.
Es geht darum Zweifel und Misstrauen zu säen
Der Prozess und die Vorladung mögen Trumps Wut gesteigert haben. Doch ist sein Tweet ist nichts grundsätzlich Neues, sondern die Fortsetzung seiner lang zuvor eingeschlagenen Kollisionsroute. Es kommt hinzu, dass er darin die Aufforderung zur Entlassung von Mueller an den Falschen gerichtet hat. Denn der Justizminister hat sich wegen Befangenheit aus den Russlandermittlungen ausgeklinkt. An seiner Statt ist sein Vizeminister zuständig.
Trump könnte, wenn er das wollte, sowohl den Justizminister, als auch dessen Stellvertreter, als auch den Sonderermittler entlassen. Dass er das nicht tut, erinnert daran, wie er seinen Eintritt in die Politik vorbereitet hat. Damals behauptete er, Barack Obama sei im Ausland geboren und kein legitimer US-Präsident. Es war eine Lüge wider besseres Wissen, an der Trump auch noch festhielt, nachdem Obama seinen Geburtsschein veröffentlicht hatte. Die Lüge bediente die niedersten Ressentiments der Wählerbasis. Und sie grub sich mit den Jahren des Insistierens so tief in das kollektive Bewusstsein ein, dass viele Trump-Anhänger bis heute daran glauben.
Es ging damals wie heute nicht darum, etwas ans Tageslicht zu bringen, oder politisch zu bewegen, sondern darum Zweifel und Misstrauen zu säen und eine Parallelwelt aufzubauen, in der alle Fäden bei Trump zusammenlaufen. In seinen 19 Monaten als Präsident hat Trump diese Drohgebärde auf die Justiz, auf die politischen Parteien und auf die unabhängigen Medien ausgedehnt. Er arbeitet an der Zerstörung des Vertrauens in die gemeinsamen Fakten und Werte und in die Institutionen der US-Demokratie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja