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Fünf Jahre HilfetelefonJede dritte Frau erlebt Gewalt

Nur ein Bruchteil der Frauen, die geschlagen werden, sucht Hilfe – obwohl sie sich in Deutschland seit fünf Jahren anonym melden können.

Oft passiert es in der Familie – und die Frauen bleiben trotzdem Foto: dpa

Köln dpa | Manchmal hören die Beraterinnen des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ im Hintergrund Geschrei und Gepolter. Dennoch können sie nur dann die Polizei alarmieren, wenn die Anruferin damit einverstanden ist und ihnen ihren Namen und ihre Adresse nennt. Denn woher sie sich meldet, können die Beraterinnen nicht sehen – Vertraulichkeit und Anonymität haben oberste Priorität.

Vor fünf Jahren ist das Hilfetelefon im Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Köln gegründet worden, weil Studien gezeigt hatten, dass sich viele Frauen ein niederschwelliges, vertrauliches Hilfsangebot wünschen, das rund um die Uhr erreichbar ist.

Mehr als 143.000 telefonische Beratungen haben seither stattgefunden, 70 Beraterinnen sind für das Hilfetelefon tätig. „Wir sehen, dass die Zahl der Beratungskontakte kontinuierlich ansteigt“, berichtet die Leiterin des Hilfetelefons, Petra Söchting. Was übrigens nicht auf eine Zunahme der Gewalt zurückgeführt wird, sondern auf die gestiegene Bekanntheit des Angebots.

Etwa jede dritte Frau in Deutschland wird in ihrem Leben mindestens einmal Opfer von Gewalt – das bestätigte zuletzt im Jahr 2014 eine EU-Untersuchung. Aber nur jede Fünfte dieser Frauen nimmt daraufhin Hilfe in Anspruch – ein Grund für die Einrichtung des Beratungstelefons.

Gewalt zieht sich durch alle Schichten

„Das Schockierende ist, dass wir 60 Prozent unserer Anrufe aus dem häuslichen Bereich haben“, berichtet die Präsidentin des Bundesamtes, Helga Roesgen, im dpa-Interview. „Die Frauen suchen zunächst Entschuldigungen für die Gewalt. Zum Beispiel „Der hatte Stress, und da hat er mal zugeschlagen.“ Es dauert oft lange, bis sich die Frauen eingestehen: Das hat System. Und dann ist es nochmal ein großer Schritt, Hilfe zu suchen.“

Das bestätigt Martin Rettenberger, Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden: „Außenstehende denken oft: Wem Schlechtes widerfährt, wer geschlagen, wer verletzt wird, der tut doch alles, um aus der Situation herauszukommen. Aber genau dieser logische Schluss trifft im Bereich von häuslicher Gewalt nicht zu.“ Die Gründe dafür seien oft ganz pragmatisch: Es gibt Kinder, die nicht ohne Vater aufwachsen sollen; das Eigenheim müsste verkauft werden. Dazu kämen psychologische Mechanismen. Zum Beispiel sagten Frauen: „Ich habe versprochen, auch in schlechten Zeiten bei ihm zu bleiben.“ Der Partner wird oft auch als krank erlebt, zum Beispiel alkoholkrank.

Dunkelfeld-Erhebungen zeigten, dass sich die Gewalt durch alle sozialen Schichten ziehe, sagt Rettenberger. Gerade für eine Ärztin oder Anwältin könne es besonders schwer sein, gegenüber anderen einzugestehen, dass sie geschlagen wird. Auch Petra Söchting betont: „Die Gewalt betrifft Frauen jeglichen Alters aus allen sozialen Schichten, mit und ohne Migrationshintergrund.“ Dem Hilfetelefon stehen Dolmetscherinnen für 17 Sprachen ständig zur Verfügung.

Spuren können anonym gesichert werden

In den Gesprächen werden keine Patentlösungen oder Standard-Antworten angeboten. „Ganz wichtig ist, dass die Beraterinnen Zeit haben und zuhören und damit den Frauen Mut machen, über das zu sprechen, was ihnen passiert ist“, sagt Söchting. „Das ist schon ein großer erster Schritt. Ganz häufig sind es dann im weiteren Verlauf wichtige konkrete Informationen, die wir geben können.“ Zum Beispiel: anonyme Spurensicherung. Spuren eines Übergriffs werden anonym dokumentiert und aufbewahrt, und die Frau kann sich in Ruhe überlegen, ob sie Anzeige erstatten will oder nicht.

Die Beraterinnen sehen sich als Lotsen ins Hilfesystem. Es geht um eine Erstberatung – andere Stellen müssen dann übernehmen. Wenn es diese Hilfe nicht gibt – weil das Frauenhaus überfüllt ist oder es vor Ort gar kein Frauenhaus gibt – dann ist das ein großes Problem. „Wenn man diesen Schritt tut, ist es ganz wichtig, dass eine Weitervermittlung in Hilfsangebote erfolgt“, betont Rettenberger. „Sonst ist das kontraproduktiv, und dann kann es sein, dass sich Menschen in ihr Schicksal ergeben.“

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6 Kommentare

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  • Verwunderlich ist das nur jede dritte Frau betroffen ist. Ich gehe eigentlich davon aus das in einer Lebensspane ausnahmslos jeder Bürger sexuelle oder körperliche Gewalt erlebt. Merkwürdig ist nur das man beides sprachlich trennt, schließlich ist auch sexuelle Gewalt körperliche Gewalt. Und überhaupt: Warum beschränkt sich die Statistik nur auf Frauen? Männer sind viel häufiger Opfer von Gewalt und es ginge niemandem etwas verloren, wenn das ganze Bild gezeigt wird.

    Das ist natürlich eine naive Feststellung,… mir ist klar das Frau Hecht daran gelegen ist die Lage eindimensional erscheinen zu lassen. Man könnte einwenden es sei doch auch wichtig das über die Probleme von Frauen gesprochen wird und dem würde ich zustimmen. Doch hier scheint es vor allem darum zu gehen über die Probleme von Männern nicht zu sprechen, denn auch Frau Hecht ist klar das ihre Wutrede nicht mehr funktionieren, wenn sie dazu sagt das Frauen in Punkto Gewalt besser wegkommen als Männer.

    Und der letzte Akt wird dann die Rettung ins triablistische Denken sein, es wird heißen: Ja aber Männer stellen doch die deutliche Mehrzahl der Täter und dafür müssen sie Verantwortung übernehmen! Und klar das stimmt, die meisten Täter sind Männner. Doch wir haben das finstere Mittelalter und die Sippenhaft hinter uns gelassen. Ich bin kein Täter und damit habe ich meine Schuldigkeit getan, für das Verhalten anderer Menschen sind diese Menschen verantwortlich.

    Folgte man dem Argumentationsmuster von Frau Hecht in der Migrationsfrage dann würde man das Rassismus nennen, würde man es tun um Frauen kategorisch eine bestimmte, negative Eigenschaft zu unterstellen dann hieße das Sexismus doch tut man das gleiche mit Männern dann heißt es auf einmal Feminismus und wird bejubelt. Wir leben in merkwürdigen Zeiten, von Prinzipientreue hält man scheinbar nicht mehr viel.

  • Bedeutet das im Umkehrschluss, dass jeder dritte Mann im Leben mindestens einmal seine Partnerin verprügelt? Das etwas Abstrakte bei der Erhebung von Statistiken bereitet mir im Begreifen Schwierigkeiten.

    Gut, dass es Hilfe für Frauen in Notsituationen gibt, schade dass das nicht für Menschen im allgemeinen gilt.

  • An sich finde ich die Hilfetelefone und Frauenhäuser sind eine gute Sache. Kann man sich da als Mann auch Hilfe suchen?



    Die Artikel hier erwecken das Bild, nur Frauen seien Opfer von Gewalt und nur Männer die Täter. Beides ist absolut falsch.

    • @Cochino:

      Da gibt’s auch Angebote. Nicht in der Fülle und/oder Vielfalt, aber es gibt sie.

  • An sich finde ich die Hilfetelefone und Frauenhäuser sind eine gute Sache. Kann man sich da als Mann auch Hilfe suchen?



    Die Artikel hier erwecken das Bild, nur Frauen seien Opfer von Gewalt und nur Männer die Täter. Beides ist absolut falsch.

    • @Cochino:

      Es gibt auch Männerhäuser, wenn auch deutlich weniger als Frauenhäuser.



      Hilfstelefone die sich speziell an Männer richten die Opfer von Gewalt, insb. häuslicher Gewalt geworden sind gibt es selbstverständlich auch.