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Kolumne NachbarnFrüher Trauben, heute Krieg

Im syrischen Darayya demonstrierten die Menschen 2011 friedlich gegen die Diktatur. Doch das Regime wehrte sich und es kam zum Krieg.

Einst gab es viele Trauben in Darayya Foto: dpa

D arayya ist eine Stadt im Gouvernement Rif Dimaschq in Syrien und kann auf eine lange, glorreiche Geschichte zurückblicken. Es liegt rund acht Kilometer von Damaskus entfernt und gilt als Vorort der viel älteren, in der Zivilisation tief verankerten Hauptstadt, mit der es eng verbunden ist. Der Name Darayya stammt ursprünglich aus dem Assyrischen und bedeutet „viele Häuser“.

Die meisten Bewohnerinnen und Bewohner von Darayya sind islamischen Glaubens. Aber es leben dort auch Christen. Die Gebetshäuser sind über die ganze Stadt verteilt. Die meisten Menschen sind entweder in der Landwirtschaft oder im Handwerk tätig. Darayya ist für seine prächtigen Trauben bekannt.

Im März 2011 erhoben sich die Menschen in Darayya gegen die Diktatur. Ihre Demonstra­tionen waren friedlich. Sie gingen mit Rosen in der Hand auf die Straße und riefen: „Wir halten zusammen, wir sind ein Volk.“ Ich selbst nahm auch an einigen dieser Märsche teil. Wir versuchten stets, die Armee für uns zu gewinnen, damit sie uns vor den Sicherheitsdiensten schützt.

Doch die Diktatur war stärker und kontrollierte alles. Jedes Mal endeten die Demonstrationen mit Toten, Verletzten, vielen Verhaftungen und noch mehr gebrochenen Seelen.

Gewalt und Gegengewalt

Nach weniger als zehn Monaten schnellte die Zahl der Verhafteten empor. Unter ihnen befand sich der friedliebende politische Aktivist Ghiath Matar. Er war als Anführer der zivilen Bewegung bekannt, die für Demokratie und Gerechtigkeit eintrat. Vier Tage nach seiner Festnahme wurde sein entstellter Leichnam seinen Angehörigen übergeben.

Die durch das Regime entfachte Gewalt erzeugte Gegengewalt. Die jungen Menschen in Darayya begannen sich verzweifelt mit Waffen zur Wehr zu setzen. Es begann der ungleiche Krieg: Nur leicht bewaffnete junge Menschen standen einer hochgerüsteten Armee gegenüber.

Der Krieg um Darraya währte mehrere Jahre, bevor die Regierungstruppen schließlich fast die ganze Stadt zerstörten. Viele Menschen fielen dem Krieg zum Opfer, andere wurden verhaftet, der Rest vertrieben.

Wer Krieg und Verhaftung entkam, erhielt vom Regime vor ein paar Tagen eine Liste mit 1.000 Namen von Kindern und Angehörigen, die in der Haft ums Leben kamen. Eine weitere Liste wurde angekündigt. Eine Mutter reagierte auf die Nachricht vom Foltertod ihres Sohnes mit den Worten: „Gott sei Dank! Jetzt kann er nicht mehr gefoltert werden. Jetzt ist er an einem sichern Ort, den die Folterer nicht erreichen können.“

Aus dem Arabischen von Mustafa Al-Slaiman

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Kefah Ali Deeb
Kefah Ali Deeb wurde 1982 in Latakia, Syrien, geboren und ist 2014 nach Berlin geflohen. Sie ist bildende Künstlerin, Aktivistin und Kinderbuchautorin, außerdem Mitglied des National Coordination Committee for Democratic Change in Syrien.  
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4 Kommentare

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  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Gäbe es eine wirklich gewaltfrei agierende Partei in diesem Konflikt, könnte diese vorbehaltlos unterstützt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, lediglich nach dem Motto "Die Feinde meines Feindes sind meine Freunde" zu verfahren. Egal, wie berechtigt ein Regime-Sturz erscheint, stelle man sich zum Vergleich die Unterstützung eines bewaffneten Widerstands in der damaligen DDR vor. Es ist schwer vorstellbar, auf den Ergebnissen von Gewalt fußend mit den unmittelbar Beteiligten eine gewaltlose Gesellschaft zu gründen. Historische Gegenbeispiele dafür sind willkommen.

  • Syrien. Wo alles begann

    Syrien Diplomatische Weichenstellungen haben die zügige Offensive der Assad-Armee in Daraa und Quneitra begünstigt



    Von Sabine Kebir | Der Freitag, Ausgabe 31/2018



    www.freitag.de/aut...es-begann#comments

    Kommentar von ''Flegel'' / der Freitag, Das Meinungsmedium, Community







    »Es gibt sie doch: die differenzierte Betrachtungsweise des seit sieben Jahren dauernden Syriendesasters.

    Die Autorin nennt es nur ein einziges Mal »Bürgerkrieg« und kommt alsbald auch auf die »Verbände der Freien Syrischen Armee, der Al-Nusra-Front und des Islamischen Staats (IS)« zusprechen.







    Die Autorin erklärt uns: In Daraa »begann Anfang März 2011 der Bürgerkrieg, ausgelöst von einer Überreaktion der Polizei gegen politische Demonstrationen junger Syrer.«







    Das, was der politische und mediale Mainstream verlogen syrischen Bürgerkrieg nennt, ist in Wahrheit ein angezettelter Bürgerkrieg, bei dem der CIA Pate stand: „Syrien war einer der fortschrittlichsten Staaten der islamischen Welt... bevor es von den Söldnerbanden der CIA überfallen wurde“, so Peter Scholl-Latour in seinem Buch „Der Fluch der bösen Tat“.







    Der entsprechend angezettelte Bürgerkrieg in Syrien ist auch das Ergebnis einer schmutzigen Kollaboration zwischen CIA und al-Qaida, der Truppe, derentwegen die NATO in Afghanistan einfiel und die man angeblich zerstören wollte.



    {...}



    Der Bürgerkrieg in Syrien ist in Wahrheit ein multinationaler Zerstörungskrieg und ein Ergebnis völkerrechtswidriger westlicher Angriffskriege. {...}«

    • @Reinhold Schramm:

      Interessanter Link. Vielleicht auch für die geschätzte Frau Knaul, die hier unlängst einen für meinen Geschmack etwas unkritischen Bericht zu Israels humanitärem Engagement an der syrischen Grenze veröffentlichte.



      www.taz.de/Archiv-.../!5519596&s=knaul/

    • @Reinhold Schramm:

      So ist es. Syrien war sehr moderat. Den Leuten ging es – vergleichsweise – gut. „Faschoislamisten“ fand man in Syrien kaum. Dort wurde nicht nur Wein angebaut, sondern auch getrunken.