Depeche Mode in Berlin: Freie Bahn für alle!
Die Kultband sorgt in Berlin für hohe Wellen: Sie hat in einem öffentlichen Schwimmbad eine Bahn für sich reserviert.
Die Zweiklassengesellschaft nervt. Sie nervt in der Bahn, sie nervt im Wartezimmer und sie nervt am allermeisten im Flugzeug, wo bereits am Gate das sogenannte Priority-Boarding darauf hinweist, dass eben nicht alle ein Anrecht auf den besten Service und einen salzigen Snack haben.
Eine der letzten Bastionen gegen dieses Geld-regiert-die-Welt-Modell war bisher das öffentliche Schwimmbad. Hier schrumpeln fremde Körper noch gemeinsam in einem großen Becken voller Chlorwasser vor sich hin. Hier gibt es ohnehin nur Softeis und Pommes Schranke und vor der knallend-heißen Sonne sind wir alle gleich gehalten, regelmäßig an die Sonnenmilch zu denken.
Im Freibad unterscheidet man nicht zwischen Kassen- und PrivatpatientInnen, sondern zwischen Badehaubengegner- und -befürworterInnen. Und wer sonst First Class fliegt, hat vermutlich ohnehin einen eigenen Pool.
Zur Hochsaison ist man hier also unter, neben und auch ein bisschen außer sich: Dann besteht der wirkliche Sport im Freibad darin, möglichst elegant, ohne anzustoßen und ohne Wasser zu schlucken, an den mindestens zehn anderen SchwimmerInnen vorbeizuziehen, mit denen man sich die Bahn teilen muss.
Heimlich Kekse horten ..
Teilen – das erklärt man besonders Kindern, und zwar mit der nötigen Portion moralischer Überlegenheit – ist ganz wichtig. Und dann hortet man heimlich Kekse in einer Dose auf dem obersten Küchenregal. Oder man mietet sich eine eigene Bahn im öffentlichen Schwimmbad.
So geschehen diese Woche im Berliner Olympiabad, wo das Management der englischen Band Depeche Mode für mehrere Tage von 8 bis 10 Uhr morgens eine Bahn zum ungestörten Plantschen reserviert hat. 60 Euro kostet eine Stunde auf der 50-Meter-Bahn, wer sich mit 25 Metern begnügt, zahlt 35 Euro. Mieten können alle, die eben gewillt sind, dafür zu zahlen, bestätigte eine Sprecherin der Berliner Bäder Betriebe. Auch sei der Luxus des Alleineschwimmens nur außerhalb der Hochbetriebszeiten möglich.
Trotzdem: Insgesamt 65.000 Gäste besuchten am vergangenen Wochenende die Berliner Bäder, für die kommenden Tage wird ein neuer BesucherInnenrekord erwartet. Es gibt ganz klar zu wenig Becken für zu viele Menschen. Was kommt als Nächstes? Autobahnspuren, die man fürs uneingeschränkte Fahren reservieren kann? Die Wiese im Mauerpark, die man gegen eine Gebühr für eine Viertelstunde nur für sich hat? Where is the revolution, Dave?
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