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„Trumps Strategie zielt auf Spaltung“

Die EU muss umdenken und sich von den USA emanzipieren, sagt Amerika-Experte Josef Braml

Dirk Enters/DGAP

Josef Braml, 50, ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und betreibt den Blog „usaexperte.com“.

Interview Anja Krüger

taz: Herr Braml, am Mittwoch sprechen EUVertreter mit US-Präsident Donald Trump über den Handelsstreit. Was raten Sie der EU?

Josef Braml: Die EU muss geschlossen auftreten. Sie darf sich nicht teilen und beherrschen lassen, denn darauf zielt Trumps Strategie. Nur mit Geschlossenheit kann Europa gegenhalten gegen einen Präsidenten, der gezeigt hat, dass er Europa als Rivalen, ja als Feind ansieht.

Deutschland fürchtet vor allem die angedrohten Autozölle. Ist der Vorschlag von US-Botschafter Richard Grenell, alle Autozölle zwischen den USA und der EU abzuschaffen, die Lösung?

Grenell hat einen vergifteten Köder ausgelegt. Der Vorschlag zielt darauf, die EU und die Welthandelsorganisation WTO zu untergraben. Man muss aber an das Große und Ganze denken, und das ist Europa.

Die EU will Gegenzölle verhängen, wenn die Autozölle kommen. Ist das sinnvoll?

Wer nicht die Eskalationsdominanz hat, sollte sich nicht auf Scharmützel einlassen. Europa ist abhängiger von Exporten als die USA. Das weiß Trump. Deshalb kann er gnadenlos bis zum bitteren Ende gehen. Werden Autozölle eingeführt, knicken die Europäer ein. Trump hat zudem die Handels- mit der Sicherheitspolitik verknüpft. Er erpresst uns: Wenn ihr weiterhin unseren Schutz wollt, müsst ihr mehr Geld für Rüstung ausgeben, amerikanische Rüstungsgüter natürlich.

Was wäre ein Ausweg?

Wir sollten selbstbewusster sein und uns von Amerika emanzipieren. Die USA leben seit Langem über ihre ökonomischen Verhältnisse. Wir müssten umdenken und zum Beispiel unsere Währungsreserven, die Trump offensichtlich nicht mehr haben will, wenn er unsere Exporte einschränkt, lieber in Europa anlegen. Das gilt auch für institutionelle Anleger. Wir brauchen eine eigene Verteidigungsstruktur in Europa, wohlgemerkt innerhalb der Nato. Wir sollten auch mehr in die zivile Infrastruktur in Europa investieren. Das wäre mittelfristig die geschicktere Alternative, als sich in einen Handelskrieg zu verstricken. Das ist auch die Chance für Europa.

Die EU will Trump mit der Reform der WTO locken. Hat das Aussicht auf Erfolg?

Ich bin mir nicht sicher, dass da noch was zu retten ist. Trump denkt, dass die bisherige Ordnung Rivalen wie China und Europa hilft. Wir müssen uns darauf einstellen, dass er die nach dem Weltkrieg hauptsächlich von den USA geschaffene Ordnung mutwillig einreißt. Nicht nur die WTO, auch die UN und die Nato.

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