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Kolumne LiebeserklärungEin gnadenloser Algorithmus

Facebook stuft einen Auszug aus der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung als „hate speech“ ein. Dummer Algorithmus? Schlauer Algorithmus!

Kann man Computer lieben? Illustration: TOM

Algorithmen sind unbeliebt. Sie schicken personalisierte Werbung, berechnen unser Nutzerverhalten, treffen unsichtbar im Hintergrund Entscheidungen. Niemand kann ihnen in den sozialen Medien entkommen. Die Transparenz des Users ist zu einem Geschäft geworden, und der Algorithmus ist der Sündenbock. Manchmal aber sind die Algorithmen sogar klüger als wir Menschen, wie eine Face­book-Panne am US-amerikanischen Unabhängigkeitstag gezeigt hat.

Anlässlich des 4th of July hatte die texanische Zeitung The Vindicator auf ihrer Facebook-Seite die Unabhängigkeitserklärung der USA gepostet. Der Facebook-Algorithmus allerdings stufte den historischen Text als Hassrede ein und sperrte den Post. Wieso? Weil die „Declaration of Independence“ von „gnadenlosen Indianerwilden“ spricht, die „alle ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht und Stand“ vernichten.

Facebook setzt im Kampf gegen die Verbreitung von Hass verstärkt auf automatisierte Software. Da Menschen unmöglich die Flut an Posts sichten können, sortiert und sichtet Filter­software – nach nackten Brüsten, Gewalt und Hassrede.

Man muss sich einen Texaner vorstellen, der am 4. Juli mit Stolz die US-Flagge hisst und seine in Rot-Weiß-Blau gehaltenen Badeshorts aus der hintersten Ecke seines Schrankes hervorholt – und der sich dann von einer Maschine erzählen lassen muss, dass das Gründungsdokument seiner geliebten Nation Menschenverachtung und Hass in die Welt getragen hat.

Algorithmen sind vielleicht schlauer als Menschen

Facebook hat den Post einen Tag später samt Entschuldigung wieder freigegeben. Die über 200 Jahre alte Unabhängigkeitserklärung unter dem relativ neuen Begriff „hate speech“ einzuordnen ist schließlich absurd. Oder?

Vielleicht ist das aber bloß unsere Menschendenkweise. Hass und Fremdenfeindlichkeit sind nicht neu, dafür reicht ein kurzer Blick in die Geschichte. Die meisten US-Amerikanerinnen aber würden bei Thomas Jeffersons Hetze gegen die Ureinwohner wohl ein Auge zudrücken. Die gnadenlosen Algorithmen hingegen unterscheiden nicht zwischen historischem und gegenwärtigem, zwischen patriotischem und nicht patriotischem Hass. Für sie ist Hass einfach Hass. Vielleicht macht sie das sogar schlauer als die Menschen.

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4 Kommentare

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  • Abgesehen davon, dass diese sogenannten "Algorithmen" gar nicht algorithmisch sondern statistisch arbeiten und daher eigentlich ziemlich dumm und inkonsistent sind, ist der Unterschied, dass es hier um den Kontext geht. Verwenden Titanic und AfD die gleichen Wörter, meinen sie etwas anderes damit. Historische Dokumente sind sakrosant, auch wenn sich unsere Werte inzwischen geändert haben. Die Bibel wird auch nicht wegen Homophobie verboten. Ist die Unterscheidung nach Kontext nun eine Doppelmoral? Wenn Seehofer etwas sagt, ist das ok, wenn die AfD das gleiche sagt, gefährlicher Rassismus?



    Wir haben inzwischen die Möglichkeit des fast unbegrenzten Zugriffs auf Informationen. Dieses Paradies der Meinungsfreiheit wird eingeschränkt, durch immer weiterreichendes Urheberrecht, Uploadfilter, Linktax, Linkhaftung, Findeverbote (Google Spain) und Ausweitung des Begriffs Hate-Speech. Sind wir wirklich zu dumm für diese Freiheit und brauchen "Algorithmen", die für uns die unschönen Dinge zensieren?

  • “Manchmal aber sind die Algorithmen sogar klüger als wir Menschen, wie eine Face­book-Panne am US-amerikanischen Unabhängigkeitstag gezeigt hat.“

    Jung - träum weiter!



    Aber solch Satz - is noch nichemal schlau! Wachsen in Balin wie anderswo verschärft auf den Holzkopfbäumen.



    kurz - Einfach nur - schlicht keine Ahnung!



    Nunja - Normal.

  • Kontext wird eben einfach überbewertet.

  • Man weiss ja nicht, wieviel Algorithmus und wieviel Volontär in der taz-Kommune-Zensur steckt, aber meine Erfahrungen damit haben mich schon auf die Idee gebracht, die abgelehnten Beiträge zusammenzufassen. Das wäre ein sehr vergnüglicher Text.

    Zensur wirkt immer sehr schnell sehr dumm. Weil sie ja (bestenfalls) versucht, zu objektivieren, und wir wollen doch verstehen und uns ausdrücken. Das geht nicht zusammen, nicht mit dem besten Willen und nicht mit dem besten Algorithmus.