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Kommentar von Nadia Al-Massalmeh, Sophie-Kristin von Urbanowiczund Stephanie Dittebrand Weichgespülte WM

Noch vor zwei Wochen gab es keinen Bericht über die WM, in dem nicht ausführlich über Russlands Probleme gesprochen wurde: Doping, Homophobie und gewaltbereite Hooligans. Seit die Fifa in Putins Reich den Ball ins Rollen gebracht hat, scheinen diese Phänomene weichgespült. Die Waschtrommel des Weltverbands läuft auf Hochtouren, politische Schmutzflecken wurden eingeschäumt und damit unsichtbar gemacht.

Das strahlende Duo Wladimir Putin und Gianni Infantino verkaufen die WM als schöne, saubere und internationale Familienfeier. Während der Eröffnungszeremonie ernannte sich der Staatschef zum Präsidenten eines „offenen, gastfreundlichen Lands“, Fifa-Boss Infantino lobte die „Gastfreundschaft“ Russlands. Das Waschprogramm, das sich Weltmeisterschaft nennt, läuft. Eine wirklich schlaue Art zu waschen.

Doch wer ist in dieser Schaum- und Scheinwelt eigentlich wirklich willkommen? Die Spielverderber jedenfalls werden von der Waschmaschinen-Gang aussortiert und landen im Flusensieb. Dem Gastgeberland reicht kein Schonwaschgang. Er muss schon auf Kochwäsche mit Vorprogramm machen, damit der Fußball mit all seiner Euphorie und Leidenschaft glänzen kann.

Illegale Leistungssteigerung bei russischen Sportlern? Im Schnellprogramm wurde die Sbornaja vom Schlamm des Dopingsumpfes reingewaschen. Der Fifa sei Dank, hat sie doch bei diesem Turnier gleich die Aufsicht und Überwachung der Kontrollen übernommen. Nicht nur sauber, sondern rein.

Was ist mit dem Festival der Krawalle, das die russischen Hooligans mit stolzer Brust angekündigt hatten? Darum kümmert sich während der Spiele der Geheimdienst. Meister Proper is watching them, damit sich die Bilder aus Frankreich bloß nicht wiederholen.

Und Homophobie? Solange der Ball rollt, kippt die Fifa immer wieder einen ordentlichen Schluck Toleranz in die Trommel. Mexikanische Puto-Rufe gegen den Fifa-Schützling und ehemaligen Welttorhüter Manuel Neuer werden so schnell und hart wie nie sanktioniert, weil sie im Stadion und vor den Fernsehern hörbar sind. Hier hebt der Verband den strafenden Zeigefinger, während Russland weiterhin nichts gegen Homophobie in der eigenen Gesellschaft unternimmt.

In zwanzig Tagen kommt die WM-Trommel zum Stehen. Wer kümmert sich dann um die Schmutzflecken? Die Fifa sicher nicht. Die hat anderes zu tun. In Katar warten schon die nächsten Körbe voller Schmutzwäsche, die vor der WM 2022 eingeweicht werden müssen.

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