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Gruppe C: Frankreich – PeruGiroud unterm Joch

Peru couragiert, Frankreich bürokratisch: Am Ende gewinnt die bessere Mannschaft, obweil sie nur das Notwendige macht.

Frankreich giroud zu siegen Foto: AP

Die Voraussetzungen: Der Sieg im ersten Gruppenspiel gegen Australien ist in Frankreich wie eine Zumutung kommentiert worden: kein Glanz, keine Gloria, und das trotz all dieser Namen, deren Klang so viel verspricht. Auch wenn ein Sieg fürs Achtelfinale reichte, gegen Peru müssen Funken sprühen.

Peru hingegen war am Pragmatismus der Dänen gescheitert, die erst den Gegner sich haben wundlaufen lassen, um ihn dann mit einem Steilpass auszuknocken. Jetzt braucht's mindestens einen Punkt, und zwar sowohl für's potenzielle Weiterkommen als auch für die Seele.

Das Ergebnis: 1:0 (1:0).

Das Spiel: Frankreich hat die Fußballer, aber Peru hat eben eine Mannschaft. Es war bis zum ersten Tor ein ausgeglichenes Spiel zweier Teams, die auf sehr unterschiedliche Weise Fußball spielen: Frankreich Hacke, Spitze, einszweidrei, Peru eher mit der Kraft des Willens. Die reichte nicht unbedingt immer, aber wenn's gut läuft, läuft Guerrero mal ein Ball rein, und wer weiß?

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Aber dieses Spiel wusste nicht: 34. Mbappé. Nach dem Tor machte Peru dann auf, um immer wieder in französische Konter zu laufen; und das kann diese französische Offensive, kontern, weil sie durch ihr Tempo gegnerische Defensiven oft so dastehen lassen können, als hätten die sich im Wald verlaufen.

Zwar hatte Peru auch danach immer wieder Szenen, die nach was aussahen. Was Peru fehlt, sind die Fähigkeiten, um zu einem Plan zu kommen. Sie versuchten und versuchten, und Frankreich wartete, ob und wann sie müde würden. Und wenn das hieß, zwanzig Flanken rauszuköpfen, naja! Einer guter Gaul wird super Wurst, also was soll's. Tatsächlich ging Peru irgendwann die Luft aus. Weil sie die einzigen waren, die noch spielen wollten, dem Spiel auch.

Der Mann des Spiels: Man braucht komplette Spieler, das heißt solche, deren Unzulänglichkeiten auch zu etwas nutze sind. Giroud zum Beispiel, der macht alles. Mangels eigener Zulänglichkeit am Ball sehen all die Künstler um ihn rum nochmal besser aus, das ist gut für die Moral der zarten Seelen. Und aber er macht sie eben auch tatsächlich besser, weil er all die Dinge tut, für die sich Mbappé, Griezmann und Matuidi zu fein sind. Wenn man ernten will, was man sät, braucht man einen, der den Pflug zieht. Pogba hat darauf keinen Bock, Kanté allein kann es nicht richten, also schmeißt sich Giroud eben als Ochse ins Geschirr.

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45 Minuten lang machte Giroud das gut, dann kaum noch. Und entsprechend wurde das Team schwächer (oder auch: selbstgefälliger). Das ist im Endeffekt, was dieser Mannschaft, die viele als Titelaspirant sehen, fehlt: noch zwei drei Leute, an denen man sich im Zweifel hochziehen kann. Aktuell ist es eine Mannschaft mit sehr viel Ornament, aber eben: es braucht auch Säulen, die man ornamentiert. Diese sind aktuell: Giroud, Kanté, Lloris, Pavard. Wenn eine bricht, fällt das Haus zusammen.

Das taktische Mittel des Spiel: Gegenpressing ist bisher kaum zu nennenswerter Anwendung gekommen; die Idee, vorne mal gepflegt den Ball zu vertändeln, um ihn sich dann in keiner Zeit zurückzuholen und die in herausrückende Unordnung geratene Verteidigung zu übertölpeln, scheint vielen zu riskant. An diesem Spieltag nun aber griff diese Art des Mittels, die ich gerne Klopper nennen würde, schon zum zweiten Mal: erst beim dänischen, dann beim französischen Führungstreffer. Herzlich willkommen in der Moderne, Russia 2018!

Und nun? Frankreich spielt gegen Dänemark um den Gruppensieg, Peru nur für sich selbst (für 70 Minuten).

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