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Kommentar Beratung in AbschiebungshaftHier soll nichts vertuscht werden, oder?

Die Mittel für Beratungen in Abschiebeknast einzustampfen, schadet nicht nur den Geflüchteten, sondern vor allem der Justizministerin.

Will nicht mehr für die Beratungen zahlen: Ministerin Barbara Havliza Foto: dpa

Zack. 50.000 Euro gespart. Haken hinter. Das mag sich irgendein Entscheider im niedersächsischen Justizministerium oder gar Ministerin Barbara Havliza (CDU) gedacht haben, als es zur Debatte stand, das Beratungsprojekt des Flüchtlingsrates für Gefangene in Abschiebungshaft zu verlängern. Das Projekt einzustampfen, war eine äußerst dumme Idee. Zum einen natürlich, da es den Inhaftierten den Zugang zu rechtlicher Beratung erschwert, auf die sie ein Anrecht haben.

Zum anderen schadet es auch Havliza selbst, dass hier der Eindruck entstehen kann, das Justizministerium wolle es unterdrücken, dass durch die Beratungen Missstände auffliegen. Knapp 44 Prozent der Geflüchteten, die sich mit Unterstützung des Flüchtlingsrates gegen ihre Inhaftierung gewehrt haben, haben von Gerichten Recht bekommen.

Geflüchtete, die unsere Sprache nicht sprechen und sich in der Bürokratie nicht auskennen, müssen Unterstützung in ihren Verfahren bekommen. Vor allem dann, wenn sie sich auf Entscheidungen von Behörden und den Richtern, die die Haft anordnen, nicht verlassen können.

Tausende Klagen vor Verwaltungsgerichten

Dass das so ist, zeigt auch die momentane Diskussion über die massenhaften Fehlentscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) – keinesfalls nur in Bremen. Tausende Asylsuchende klagen vor den Verwaltungsgerichten dagegen, dass sie keinen Schutzstatus in Deutschland bekommen haben. Viele bekommen Recht.

Darunter leidet das Vertrauen in deutsche Behörden – nicht nur bei den Geflüchteten. Havliza hat die Möglichkeit, etwas dafür zu tun, dass dieses Vertrauen wieder hergestellt wird. Sie kann zeigen, dass ihr Ministerium bei Missständen nicht wegschaut. Das kostet sie nur 50.000 Euro.

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