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Athletensprecher über Sportlerrechte„Es geht um unsere Existenz“

Max Hartung wehrt sich gegen Angriffe auf die Unabhängigkeit der von ihm mitgegründeten Sportlervertretung. Es geht um die Verteilung von Geld.

Dabei sein ist alles: Wie viel dürfen Athleten mitreden – und mitverdienen? Foto: dpa
Interview von Johannes Kopp

taz: Herr Hartung, die von Ihnen mitbegründete Athletenvertretung soll unabhängig sein, aber „einvernehmlich mit dem DOSB“ zusammenarbeiten. Das hat CSU-Politiker Stephan Mayer, der Staatssekretär im Innenministerium, im Zusammenhang mit den ihnen im Bundeshaushalt zugesagten 225.000 Euro Anfang der Woche gefordert. Wie soll das gehen?

Max Hartung: Ich bin überrascht von der Aussage. Thomas de Mai­zière, der Innenminister der Vorgängerregierung, hatte noch signalisiert, dass ein Betrag als eigenständiger Posten für „Athleten Deutschland“ in den Haushalt eingestellt werden soll und nicht für den Sporthaushalt des DOSB. Herrn Mayers Statement hört sich wie eine Forderung an uns an, irgendeinen Konsens herzustellen.

Das ist ja auch ein Paradoxon: eigenständig im Einklang mit dem DOSB arbeiten.

Ja, aber ich würde entgegnen: Wir arbeiten ja schon mit DOSB zusammen. Ich hoffe, dass Herrn Mayers Aussage jetzt nicht so zu verstehen ist, dass wir in allen Punkten Einigkeit erzielen müssen.

Und wenn doch?

Das war in jedem Fall ein eigenartiger Einstand von Herrn Mayer, mit so einem mehrdeutigen Interview bezüglich der Athletenförderung wieder diese Debatte von vorn zu beginnen.

Wie weit waren Sie schon in der Debatte?

Wir waren bei der Vorgängerregierung im Sportausschuss und jetzt im Februar im neu gewählten Gremium. Alle waren über unsere Probleme informiert. So müsste bekannt sein, dass es keine Lösung ist, den DOSB-Haushalt mit mehr Mitteln aufzustocken. Die bestehenden Abhängigkeiten würden nur reproduziert werden.

dpa
Im Interview: Max Hartung

28, Säbelfechter, wurde 2014 Weltmeister. Seit Februar 2017 ist er Vorsitzender der Athletenkommission.

Haben Sie Sorge, dass Ihr Kampf um Unabhängigkeit vergebens sein könnte?

Das hört sich jetzt vielleicht überraschend an: Ich freue mich eigentlich, dass man endlich öffentlich diskutiert. Ich hatte in den letzten Wochen eher Sorge, dass das irgendwie im Sande verläuft. Eine offene Debatte ist mir sehr recht, weil wir unser Anliegen sehr gut begründen können.

Wo gehen die Interessen zwischen DOSB und Athleten denn am meisten auseinander?

In 90 Prozent der Fälle haben Verband und Sportler dieselben Interessen. Wir wollen Sport machen, Vorbilder sein, in der Gesellschaft eine Rolle spielen. Sport ist aber auch Geschäft. Wenn es etwa um Werbeflächen geht, gibt es entgegengesetzte Interessen. Bekommt der Verband oder der Athlet das Geld. In so einem Fall sollte man auf Augenhöhe verhandeln, wie eine faire Verteilung aussehen könnte.

Bei den zehn Prozent Uneinigkeit geht es also ums Entscheidende, ums Geldverdienen.

Ja, da geht es um unsere Existenz. In einem Geschäft, in dem viel umgesetzt wird, warum soll da nicht auch der Sportler beteiligt werden. Aber wir möchten gern auch etwa bei Sicherheitsfragen mitreden können, wenn etwa Snowboarder bei den Winterspielen unter gefährlichen Bedingungen auf die Strecke geschickt werden sollen.

Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?

Natürlich sind wir am kürzeren Hebel. Aber ich habe Vertrauen in die Demokratie in Deutschland und in die Arbeit der Abgeordneten, dass sie sachlich prüfen und vielleicht auch eine bestimmte Vision haben, wie sich Deutschland in der Sportwelt aufstellt. Es müssen Impulse gesetzt werden, da das weltweite System offensichtlich an verschiedenen Stellen krankt.

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