: Gemeinsame Sache
Kooperationen zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und Verlagshäusern können bei aufwendigen Recherchen sinnvoll sein, geht es aber um Promotions und Events, ist das eine ganz andere Frage
Von René Martens
Sind Feuilletonisten prinzipiell super unlocker? Iwo, am Samstag etwa geht im Rolf-Liebermann-Studio des NDR ein 9-Sekunden-Rezensions-Slam über die Bühne. Teams von NDR Kultur und der Zeit wollen dabei mit Literaturkritik-Miniaturen das Haus rocken.
Dieser Kritiker-Slam ist Teil der Langen Nacht der Zeit, der traditionsreichen Marketing-Revue der Wochenzeitung. Ebenfalls gemeinsam konzipiert haben der NDR und die Blattmacher dafür eine Diskussion „über Populismus in Europa und die Frage, ob der Westen noch eine gemeinsame Basis hat“. Hier tritt NDR Info als Partner auf. Beide Veranstaltungen werden aufgezeichnet und später im Radio ausgestrahlt.
Kooperationen zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und Verlagshäusern können bei aufwendigen Recherchen sinnvoll sein. Gerade etwa berichtete der Sportclub des NDR Fernsehens über das nepotistische Netzwerk rund um den aus Niedersachsen stammenden DFB-Präsidenten Reinhard Grindel und dessen sinistren Ziehvater Karl Rothmund, der lange Präsident des Niedersächsischen Fußballverbandes war. Der Beitrag war das Ergebnis monatelanger gemeinsamer Arbeit mit der Berliner Zeitung.
Ob durch den Rundfunkbeitrag finanzierte Anstalten und Verlagshäuser im Bereich Promotion gemeinsame Sache machen müssen, ist eine andere Frage. Zumal bei der Langen Nacht der Zeit auch Partner aus der sogenannten freien Wirtschaft am Start sind. Bei der Diskussion „Vor der WM 2018: Wie viel Wachstum verträgt der Fußball?“ – mit dabei ist Ewald Lienen, technischer Direktor des FC St. Pauli – firmiert ein Finanzdienstleister als Kooperationspartner.
So nennen dürfen sich auch ein Transport- und Logistikkonzern und ein Sekthändler, der die Lange Nacht online stolz in seinem „Event-Kalender“ präsentiert. Diese Partner „bringen Sachleistungen wie Getränkeausschank oder Bereitstellung von Räumlichkeiten oder finanzielle Leistungen mit ein“, sagt Zeit-Sprecherin Valerie Nebe.
Für die von Zeit und NDR gemeinsam organisierten Veranstaltungen gilt, „dass zwischen den Partnern kein Geld fließt“, betont NDR-Sprecher Martin Gartzke. Sie passten zudem zum öffentlich-rechtlichen Auftrag: „Da es sich um Diskussionsrunden zu aktuellen politischen bzw. literarischen Themen handelt, tragen diese auch zur politischen bzw. kulturellen Information und Meinungsbildung der NDR-Hörerinnen und -Hörer bei.“
Das trifft gewiss auch auf die Diskussion „Machtspiele der Türkei“ zu, die im Gebäude des hanseatischen Transportunternehmens stattfindet, die die Lange Nacht unterstützt. Als Kooperationspartner firmiert hier die Tagesschau. Fragt man beim für die Sendung zuständigen NDR nach, welchen Anteil die Tagesschau an der Kooperation hat, heißt es, sie bestehe lediglich darin, dass Pinar Atalay, Moderatorin der Schwestersendung Tagesthemen, als Diskussionsteilnehmerin ihre Türkei-Expertise einbringe. Wie auch immer: Die Transportfirma, die ihre heiligen Hallen für die Veranstaltung zur Verfügung stellt, wird sich darüber freuen, dass sie sich einen Abend mit öffentlich-rechtlicher Seriosität schmücken darf.
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