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Homophober Rugby-Star in AustralienRechtfertigung mit Bibelzitaten

Australiens Rugby-Star Israel Folau fällt mit homophoben Äußerungen auf. Nicht nur seine Karriere, die ganze Sportart ist nun in der Krise.

Unter Mormonen war ­Israel Folau aufgewachsen, ehe er sich 2011 der „Assemblies of God“ anschloss Foto: Imago/UIG

Vor zwei Wochen wurde Israel Folau von jemandem auf seinem Instagram-Account gefragt, was der Plan Gottes für Homosexuelle sei. Folau antwortete: „Die Hölle, sollten sie ihre Sünden nicht bereuen.“

Die Antwort wurde zwar kurz danach wieder gelöscht, aber seither erlebt Australien eine hitzige Debatte um die Frage, wie weit Meinungsfreiheit gehen darf und wie eine demokratische Gesellschaft mit ex­tre­men Ansichten umgehen soll.

Das Echo ist deswegen so groß, weil Israel Folau nicht nur Mitglied einer der weltweit größten Pfingstgemeinden, der „Assemblies of God“ ist, in der er mit derlei schwulenfeindlichen Meinungen nicht allein steht. Der 29-Jährige ist auch einer der bekanntesten Sportstars Australiens. Dreimal wurde Folau in den letzten vier Spielzeiten zum besten Rugby-Union-Spieler in seiner Heimat gewählt, so oft wie kein anderer zuvor. Er gilt als die größte Hoffnung der Nationalmannschaft bei der WM im nächsten Jahr in Japan.

Doch ob Folau überhaupt noch einmal für die „Wallabies“ aufläuft, ist nicht sicher. Die Empörung über seine Äußerungen ist groß. Es gibt zwar Teamkollegen in der Nationalmannschaft und bei seinem Klub New South Wales Waratahs aus Sydney, die ihn verteidigen. Auf der anderen Seite wird Folaus Ausschluss aus der Nationalmannschaft gefordert, auch von Kollegen. Der neuseeländische Rugby-Na­tio­nal­spieler TJ Perenara etwa verurteilte die Äußerungen Folaus scharf und verwies auf die hohe Selbstmordrate bei jungen homosexuellen Maoris in Neuseeland.

Fundamental-religiöse Ansichten

In einem selbstgefälligen Aufsatz auf der Platform Players Tribune mit der Überschrift „Auch ich bin ein Sünder“ versuchte Folau Anfang dieser Woche seine kruden, fundamental-religiösen Ansichten mit Bibelzitaten zu rechtfertigen und erklärte, es sei nicht seine Absicht gewesen, Leute zu verärgern oder seinem Sport Schaden zuzufügen.

Es ist schwierig, Religion und Meinungsfreiheit zu kombinieren, sagt die Verbandschefin

Diese Aussage kommentierte die Vorsitzende des Verbands Rugby Australia, Raelene Castle, dann so: „In seinen eigenen Worten hat Israel erklärt, er habe niemanden verärgern oder dem Spiel schaden wollen. Wir akzeptieren Israels Position. Rug­by Australia nimmt diese Erfahrung zum Anlass, alle Angestellten an ihre Verpflichtung zu erinnern, soziale Medien respektvoll zu benutzen.“ Nach einem Treffen mit Folau zuvor hatte sie erklärt, dessen Sicht der Dinge nicht zu teilen, aber hinzugefügt: Es sei schwierig, religiösen Glaube, freie Meinungsäußerung, Respekt und die Nutzung von sozialen Medien zu kombinieren.

Die 47 Jahre alte Neuseeländerin ist erst seit Januar im Amt und steht nun mächtig unter Druck. Ihr lavierender Umgang in dem Skandal könnte sie nicht nur ihren Job kosten, sondern auch das 15er-Rugby im Land in den Abgrund reißen.

Der auslaufende Vertrag

Noch ist unklar, ob die großen Sponsoren der Wallabies eine Suspendierung des Starspielers fordern. Sollte dies der Fall sein, wird Castle kaum an ihrem Plan festhalten können, den Ende dieses Jahres auslaufenden Vertrag mit Folau zu verlängern.

Folau schrieb in seinem Recht­fertigungsstück auch, er habe bei ihrem Treffen, Castle und dem anwesenden Waratahs-Chef seinen Rücktritt angeboten. Auch wies er Gerüchte zurück, er habe mit seinem Post seinen Rausschmiss provozieren wollen, um entweder lukrativere Angebote aus Europa oder Japan annehmen zu können oder in die in Australien populärere 13er-Rugby-League-Variante zu wechseln, wo er einst seine Karriere begann. „Es geht nicht um Geld oder Verhandlungsmacht oder Verträge. Es geht darum, woran ich glaube und niemals Kompromisse einzugehen. Denn mein Glaube ist für mich viel wichtiger als meine Karriere und wird es immer sein“, erklärte Folau.

Unter Mormonen war ­Folau aufgewachsen, ehe er sich 2011 der „Assemblies of God“ anschloss. In der Debatte über die „Ehe für alle“ – im vergangenen November votierten 61 Prozent der Australier dafür – hatte Folau zwar dagegen plädiert, zugleich aber beteuert, nicht schwulenfeindlich zu sein.

Der aktuelle Skandal stellt nicht nur Folaus bislang selbstbewusst formulierten Anspruch, ein Vorbild zu sein, infrage. Sie verschärft auch die Krise von Folaus Sportart, des 15er-Rugbys, das in den letzten Jahren an Popularität gegenüber der 13er-Version, vor allem gegenüber Aus­tra­lian Football verloren hat.

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3 Kommentare

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  • Als Protestant kann ich mich für die Pfingstbewegung diesbezüglich nur in Grund und Boden schämen. Was machen deren Prediger eigentlich in ihrer exegese-Ausbildung? Grimms MärchenStunde? Die ganzen geradezu beneidenswerten Aspekte der Pfingstler wie herzliche Offenheit, Gottesnähe, freudige Gottesdienste werden schlichtweg wegen der unkritischen Bibelexegese verdorben. Wie man sieht mit fatalen Folgen. Schade.

  • es wird ja oft behauptet, politik habe im sport nichts verloren. naja, religion hat im sport erst recht nichts verloren. folau ist untragbar und es ist nur zu hoffen, das er auch im rugby league keinen fuss mehr an den boden bekommt. schade um das talent, aber nicht schade um den charakter.

  • Tja. Idole haben es auch nicht leicht. Heute gefeiert, morgen gedisst. Keiner von ihnen ist ein Monolith. Wie alle anderen Menschen haben Helden ganz verschiedene Facetten. Nicht alle davon gefallen jedem zu jeder Zeit gleich gut. Und die Bekanntheit, die im einen Fall von Vorteil für die Heroen ist, kann in einem anderen Zusammenhang ein echter Nachteil sein: Man kann halt gut Exempel statuieren an bekannten Menschen. Viel besser als an Unbekannten.