piwik no script img

Kolumne Einfach gesagtRührende Rechte

Jasmin Ramadan
Kolumne
von Jasmin Ramadan

Es gibt immer mehr Rechte, die nicht so genannt werden wollen. Aber Rassismus ist keine Meinung. Rassismus ist Rassismus.

Rechte, die nicht so genannt werden wollen, finden sich zum Beispiel auf den Hamburger „Merkel muss weg“-Demos Foto: dpa

I rgendwie rührend, die Rechten, die nicht so genannt werden wollen, sagte meine Freundin und exte ihren zweiten Sambuca.

„Du trinkst zu schnell, das macht bräsig“, sagte ich.

Sie bestellte noch einen und wir setzten uns nach draußen vor die Bar am Neuen Pferdemarkt.

„Du findest Rechte also rührend?“

„Nur, wenn sie nicht so genannt werden wollen. Dann wissen sie in einer Ecke vom Kopf vielleicht doch noch, dass es unselig ist.“

„Da sind Hopfen und Malz vielleicht noch nicht verloren“, ergänzte der gute Freund und nippte am Cabernet.

„Eben“, sagte die Freundin, „die ältere Schriftstellerin sah tieftraurig aus, als sie sagte, man komme ihr immer gleich mit der AfD-Keule, wenn sie eine andere Meinung hat.“

Ein Typ, der sich einen Haufen Zigaretten drehte, sagte: „Die Frage ist, wie ihre andere Meinung lautet. Ist ja nicht so, dass ihr mich AfD nennen würdet, wenn ich sage, Filterzigaretten schmecken scheiße, oder?“

„Doch, das ist voll AfD, du Selbstdreh-Nazi!“ rief meine Freundin. Eine Frau lachte, bat um Feuer und sagte: „Ich hab neulich im Streit zu meinem Mann gesagt, er benehme sich wie die AfD, mich erst beleidigen und dann so tun, als hätte er es nicht so gemeint. Da ist der endlich mal ausgeflippt, obwohl er sonst immer ruhig bleibt, was mich seit zwanzig Jahren nervt.“

„Ich vermute, weil er politisch links steht“, sagte der Zigarettendreher.

Sie nickte und meine Freundin sagte: „Und die Promis, die nicht AfD sein wollen, sind auch noch immer irgendwo in der Hirnanhangdrüse links, aber völlig verdreht im Hauptraum.“

Die ältere Schriftstellerin sagte neulich in einem Fernsehinterview, bei ihren Lesungen erzählten Menschen, sie hätten ihren Job wegen ihrer nichtlinken Meinung verloren. Die Zustände würden an die DDR erinnern.

Niemand verliert in Deutschland seinen Job, weil er politisch eher rechts steht. Wegen eindeutig rassistischen Verhaltens, zum Beispiel bei Facebook, allerdings schon. Rassismus ist keine Meinung. Rassismus ist Rassismus.

Es geht um Stimmungsmache gegen Menschen. Menschen, deren Glaube bedrohlich sei und die in Deutschland eindringen würden. Der Islam breite sich aus und zerstöre unsere Kultur, überall Kopftücher! Die besorgten Schriftsteller schauen aus ihrem Elfenbeinturm angewidert auf die undankbaren Horden und Flutwellen von Fremden herab, die Merkel aus einer Laune heraus in ihr idyllisches Deutschland gelassen hat. Bald schon würden sie unsere kulturellen Errungenschaften durch ihre Andersartigkeit zerstören.

So reden sie, die Etablierten, die nicht rechts genannt werden wollen.

Neulich wurde im Spiegel-Interview von einem Schriftsteller behauptet, er kenne hinreichend viele Leute, die aus Berlin wegzögen, weil es ihnen dort nicht mehr behage – sie fühlten sich fremd im eignen Land. Ich kenne hinreichend viele Leute, die zum Beispiel sehr gern nach Kreuzberg ziehen würden, sich die Miete aber nicht leisten können, weil das Viertel so beliebt ist. Sicher nicht bei Altersrassisten, die keineswegs rührend und auch nicht senil, aber mit der Zeit ziemlich dummdreist geworden sind.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jasmin Ramadan
Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman Roman „Auf Wiedersehen“ ist im April 2023 im Weissbooks Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Wirklich gefährlich, weil es Millionen Unterstützer in der BRD gibt, ist wohl immer noch die BRAUNE ARMEE FRAKTION, mit ihrem politischen Arm, der AfD.

    Denn DIE streben den Bürgerkrieg an.

  • 0G
    0981 (Profil gelöscht)

    Also würde mich echt mal interessieren seit wann der Islam eine "Rasse" ist...

     

    Rassistisch gegenüber allen Muslimen könnte man ja nur dann sein wenn er eine "Rasse" ist.

     

    Die Betrachtung einer Religionszugehörigkeit als "Rasse" ist übrigens Nazisprech... Nur mal so nebenbei...

  • Ein Rassist ist jemand, der eine (oder mehrere Ethnien) ablehnt, für minderwertig hält usw. Also z. B. ein Antisemit oder ein Schwarzenhasser ist ein Rassist. Daran ist nicht zu deuteln.

    Wer aber Angst vor der Islamisierung hat, der ist kein Rassist, sondern fürchtet sich vor dem Einfluss einer intoleranten Religion. Ich erinnere mich an Zeiten, als deutsche Volksfeste fröhliche Veranstaltungen mit lachenden Bürgern waren. Heute finden sie hinter Betonbarrieren, Pollern und bewacht von grimmig dreinschauenden Polizisten mit Maschinenpistolen statt - wenn sie denn nicht aus Furcht vor Randale oder Terrorangriffen gleich ganz abgesagt werden. Wer das für traurig hält, wird von den selbsternannten Toleranz-Gutmenschen als Rassist oder gar als Nazi bezeichnet.

    • @Hartwig Lein:

      Es ist völlig gleichgültig, ob man jemand hinsichtlich der Rasse oder der Religion diskriminiert. Rassist ist wer Minderheiten aufgrund falscher Vorurteile, wie etwa krankhafter Terrorangst, ausgrenzt und Falschinformationen in die Welt setzt um diese Gruppe zu entmenschlichen. Die AfD und ihr Kommentar sind in höchsten Maße rassistisch.

       

      Nicht wie sozial ein Mensch ist, wie gutmütig und tolerant, wie gebildet und intelligent, nicht was ein Mensch leistet oder für andere tut ist für Rassisten entscheidend, sondern lediglich deren Herkunft oder Religion. Das wollen Sie doch sagen! Wie armselig und schädigend für unsere Gesellschaft ist das denn?

       

      Rassismus ist keine Meinung, es ist eine Krankheit von angstgestörten Personen, die sich verfolgt und in ihrer Angst missverstanden fühlen. Rassismus ist das Problem: Ängste sind leider ansteckend, aber sie sind auch heilbar.

    • @Hartwig Lein:

      Wer Großveranstaltungen wie das Oktoberfest hinsichtlich ihres kulturellen Verfalls bemängelt, der vermisst einfachere, lokal organisierte Zeiten.

      Sicherlich ist islamischer Terrorismus eine reale Gefahr, doch dieser ist per Definition ein Kampf der Minderheit die, um gehört zu werden, nun mal keinen anderen ausweg, als die barbarische Gewalt sieht. Dabei geht es nur darum Gruppen zu spalten und Angst zu schüren. Der Islam ist hierbei nur das derzeit gängige Aushängeschild, keineswegs aber Motiv oder Ursache.

      "Ein Rassist ist jemand, der eine (oder mehrere Ethnien) ablehnt, für minderwertig hält usw." Sprich definitiv auch jemand der das Handeln einiger auf eine ganze Gruppe oder Ethnie bezieht. Ich will sie nicht anfeinden, möchte jedoch versuchen ihnen den ideologischen Fehler aufzuzeigen.

      Terror verursacht Hass, Hass verursacht Ausgrenzung, Ausgrenzung verursacht Terror.