piwik no script img

Kommentar zu AuslandseinsätzenKopf- und hilflose Strategie

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Nichts spricht dafür, dass sich die Lage in Afghanistan verbessern wird. Warum wird der Einsatz der Bundeswehr trotzdem verlängert?

Bis zu 1.300 deutsche Soldaten werden in Afghanistan stationiert – ein Drittel mehr als im Moment Foto: dpa

E s ist Zeit für einen Schlussstrich. Und zwar besser heute als morgen. Der Afghanistaneinsatz der Bundeswehr war von Anfang an ein Fehler. Jetzt sollte sich endlich von dieser fatalen rot-grünen Erblast der Schröder-Fischer-Ära befreit werden.

Doch stattdessen setzt die schwarz-rote Bundesregierung weiter auf Durchhalteparolen. „Wir brauchen Geduld und einen langen Atem“, schwadroniert die alte und neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Im Herbst 2001 starteten die USA ihren „War on Terror“ in Afghanistan – und wiederholten damit den Fehler der Sowjetunion von 1979. Im Dezember 2001 entsandte die Bundesrepublik die ersten deutschen Soldaten an den Hindukusch. Und wie sieht es heute aus, mehr als 16 Jahre und Zehntausende Tote später? Das Einzige, was in Afghanistan floriert, ist der Drogenanbau.

Die Lage in dem Land sei geprägt durch „unzureichende Effektivität der staatlichen Verwaltung und Sicherheitskräfte, verstärkte Angriffe der Taliban sowie von IS-Gruppen, Korruption, Armut und Arbeitslosigkeit, Flucht und Migration“, heißt es im aktuellen „Bericht der Bundesregierung zu Stand und Perspektiven des deutschen Afghanistan-Engagements“.

Es hat sich kaum etwas bewegt

Die staatlichen Sicherheitskräfte hätten gerade mal „die überwiegende Kontrolle über 60 Prozent des Territoriums“. Bereits als Erfolg wird dabei gesehen, dass es den afghanischen Streitkräften mittlerweile mit internationaler Unterstützung gelungen sei, „die Stabilisierung eines strategischen Patts zu erreichen“.

Die Bundesregierung will jetzt nicht nur das Mandat für den Bundeswehreinsatz verlängern, sondern auch wieder ausweiten. Statt bis zu 980 sollen demnächst bis zu 1.300 deutsche Soldaten im Rahmen der Nato-Mission „Resolute Support“ tätig sein. Doch das wirkt nur noch kopf- und hilflos. Eine schlüssige Strategie ist nicht zu erkennen. Nichts spricht dafür, dass sich dadurch die Lage in Afghanistan verbessern wird.

Deutschland sollte deshalb endlich dem Beispiel Kanadas und Frankreichs folgen und sein militärisches Engagement in Afghanistan beenden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Nichts spricht dafür, dass sich die Lage in Afghanistan verbessern wird. Warum wird der Einsatz der Bundeswehr trotzdem verlängert?

     

    Das ist die alte Strategie:.."Kriech is niemals ne lösung"

     

    Mal abgesehen von der Bundeswehr...

     

    In Afganistan und im Irak sind US- Streitkräfte..immer noch.

    In Syrien sind keine US- Streitkräfte.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Rückzug und was dann? Die Sicherheitskräfte werden zusammenbrechen - neue Fluchtwelle aus Afghanistan - bevor die Taliban übernehmen. Die werden Pakistan und Zentralasien destabilisieren, dass haben sie beim letzten mal gemacht in den 90er Jahren. Dazu würde sich hier ein neuer Stützpunkt für Islamisten aus aller Welt bilden. Ein Abzug löst keines der Probleme sondern verschärft sie. Und das ist noch das günstigste Szenario, viel wahrscheinlicher würden dann Iran, Russland, China und Pakistan sich noch mehr involvieren und das Land würde in einem Stellvertreterkrieg zerrissen. Die Probleme Afghanistans werden uns trotzdem heimsuchen in der Form von Flüchtlingen und den ethnischen religiösen Konflikten die sie mit sich bringen. Kanada tut sich leicht, die haben ein großes Meer zwischen sich und den Problemen und Frankreichs-Flüchtlingspolitik bewahrt sie vor dem Gröbsten. Aber wollen wir das? Grenzen dicht Flüchtlinge als Freiwild für prügellustige Polizisten? Wenn wir es ernst meinen mit Fluchtursachen bekämpfen (und das müssen wir weil alle aufnehmen geht nicht) dann müssen dafür sorgen dass Afghanistan ein Ort wird an dem man leben kann. Das schließt einen Sieg der Taliban aus. D.h. mehr Geld für Ausbildung wenn Korruption das Problem ist warum nicht aus jungen Afghanen in Deutschland eine Truppe bilden die schicken wir dann runter geführt von Deutschen Offizieren und Unteroffizieren und direkt bezahlt von Deutschland die dann einige Gebiete sichert und von da graduell sichere Zonen erkämpft. In den sicheren Zonen können dann in Deutschland ausgebildete Afghanen mit Startkapital die Wirtschaft ankurbeln.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      " geführt von Deutschen Offizieren und Unteroffizieren"

       

      Sie sollten ganz dringend Ihren Nick-Namen ändern. K-W-II würde ganz gut passen.

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @A. Müllermilch:

        Wie möchten sie den das Problem lösen das die Qualität des Führungspersonals der Afghanischen Sicherheitskräfte so miserabel ist?

        • @83379 (Profil gelöscht):

          3. Versuch einer Antwort. Das taz-Zensor*in lässt leider nur sehr abgeschwächte Kommentare von mir zu.

           

          Afghanisches Führungspersonal ist nicht miserabel sondern hat nur andere Wertvorstellungen wie wir. Viele Afghanen sind mit der Intervention des Westens nicht einverstanden. Es hat einige Fälle gegeben, in denen Afghanen ihre westlichen Ausbilder erschossen haben. Eine von deutschen geführte Truppe von Afghanen wäre daher für die deutschen Anführer nicht ganz ungefährlich.

          • 8G
            83379 (Profil gelöscht)
            @A. Müllermilch:

            Den Lohn der Untergebenen einstecken und Ausrüstung verkaufen sehe ich nicht als andere Werte an.