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Reisemesse ITB vom 7. bis 11. MärzDort, wo viel Weite zu schauen ist!

Mecklenburg-Vorpommern ist 2018 das Partnerland der ITB. Das Land am Meer mit einer Weite – in der es einem auch eng werden kann. Eine Heimatkunde.

Oh, wie schön ist Panama … äh: Hiddensee! Foto: Andreas Hergeth

Jetzt, wo Horst Seehofer auch auf Heimatminister machen wird – sollte es zur neuen Regierung kommen –, musste ich immer mal wieder an meine Schultage in DDR-Zeiten denken. Von der ersten bis zur vierten Klasse hatten wir das Fach Heimatkunde.

Einerseits ging es um Naturbeobachtungen in der unmittelbaren Region, also unserer Heimat, und das war Westmecklenburg: Was für Bäume wachsen bei uns zu Hause, wie sehen die Blätter, die Rinde aus? Welche Tiere leben im Wald oder im Fluss, wie pflanzen sie sich fort, welche Spuren hinterlassen sie?

Seitdem weiß ich, was das Wort „Losung“ auch bedeuten kann.

Andererseits führte das Fach ans gesellschaftliche Leben der DDR heran. Ich erinnere mich gut daran, dass wir 1976 als Drittklässler den IX. Parteitag der SED zum Thema hatten. In ein kleines Heftchen sollten wir alle Parteitagsbeschlüsse hineinschreiben. Ich wusste nicht wirklich, was ich da tat.

Heimat wie sie nun mal ist

Das mit der Heimat Westmecklenburg ist geschummelt. Zu DDR-Zeiten waren die Länder abgeschafft, die sozialistische Republik bestand aus Bezirken. In Heimatkunde ging es also um den Bezirk Schwerin und meinen Heimatkreis Hagenow und die Kreise und Bezirke drum herum – aber nur östlicherseits.

Reiseziel ITB

Die Messe Die Internationale Tourismus-Börse (ITB) Berlin gilt als Leitmesse der weltweiten Tourismusbranche, bei der auch Privatleute vorbeischauen können. Die haben bei der ITB am 10. und 11. März ihre Chance, eröffnet wird die Messe am 7. März.

Der Partner Diesjähriges Partnerland der ITB ist – nach Mongolei, Malediven und Botswana – Mecklenburg-Vorpommern. 2009 war die Region Ruhr ITB-Partnerland.

Als Kind nimmt man seine Heimat, wie sie ist. Man stellt sie nicht in Frage.

Das kam erst mit und nach der Pubertät. Ich habe meine Heimat hassen gelernt. Das lag vor allem am sozialen Klima des dörflichen Milieus, wo jeder jeden kennt, wo jeder Schritt beäugt wird, wo die soziale Kontrolle unendlich groß ist, wo jedes bisschen Anderssein Getuschel und Blicke auf- und nach sich zieht. Nichts wie weg aus Mecklenburg-Vorpommern! 1992 ging ich zum Studium nach Berlin.

Mit Abstand und zunehmendem Alter sieht man alles milder. Natürlich auch die alte Heimat, die früher als Synonym für Enge stand.

Lieblingsecken

Heute hat sich das umgekehrt. Heute steht Meck-Pomm für Weite. Nach 26 Jahren Berlin vermisse ich das manchmal sehr. Nicht das ganze Land, sondern ein paar liebe Menschen und meine Lieblingsecken.

Hiddensee ist eine davon, die autofreie Insel, was sie mit einer geradezu luxuriösen Stille ausstattet. Die Ostsee an sich ist ein Sehnsuchtsort – schauen Sie doch auf das Bild auf dieser Seite: Das Licht! Das Meer! Die Unendlichkeit! Was braucht es mehr? Ich vermisse es im Großstadtmoloch, den Blick auf einen so weiten Horizont zu richten. Sicher deshalb ist in Berlin das Tempelhofer Feld so beliebt. Dort kann man weit schauen. Das tut der Seele gut.

Na klar, es lässt sich auch viel anschauen in Mecklenburg-Vorpommern. Die alte Hansestadt Wismar, deren historische Altstadt in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen ist. Hier drehte 1922 Friedrich Wilhelm Murnau seinen Filmklassiker „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“. Oder fahren sie mal nach Stralsund oder Greifswald. Oder ins Biosphärenreservat Schaalsee, der mit bis zu 72 Meter einer der tiefsten Seen der Republik ist.

Nicht nur Stand

Ein Geheimtipp ist die Stadt Ludwigslust, die sich die Herzöge von Mecklenburg-Schwerin auf dem Reißbrett entwerfen und bauen ließen. Das Barockschloss nebst saniertem Schlossgarten mit Wasserkaskaden, Fontänen und so fort laden zum Verlustieren ein. Lulu, wie die Einheimischen sagen, wird auch „Versailles des Nordens“ genannt. Das ist nicht übertrieben, ich habe in der Stadt vier Jahre lang gelebt. Ach, ich hätte da noch mehr Beispiele zur Hand, aber man muss sich ja begrenzen.

Aber nicht so: Wenn jetzt der Wirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommerns, Harry Glawe, aus Anlass der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) sagt, dass „der Strandkorb der wichtigste Botschafter ist, den das Land hat“, stimmt das irgendwie schon. Doch verengt das den Blick auf all das, was Mecklenburg-Vorpommern, diesjähriges Partnerland der ITB, touristisch noch so zu bieten hat.

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1 Kommentar

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  • Zitat: „Als Kind nimmt man seine Heimat, wie sie ist. Man stellt sie nicht in Frage.“

     

    Tja, dann bin ich wohl noch immer ein Kind. Vielleicht bin ich ja nie „in die Pubertät gekommen“. Würde mich nicht wundern. Mit dem Wort Pubertät wurde ich nämlich erst nach meinem 30. Geburtstag erstmals konfrontiert. Das war, als die halbwegs überforderte Grundschullehrerin meiner Tochter über die 10-jährigen Mädchen in ihrer Klasse behauptet hat, sie würden „fröhlich pubertieren“.

     

    Das Dorf, das ich bis heute als meine Heimat ansehe, war nicht der erste Ort, an dem ich gelebt habe. Es ist auch nicht der letzte geblieben. Es ist nur der erste, an dem ich mich bewusst zuhause gefühlt habe. Das wird so bleiben, schätze ich. Deswegen sage ich heute noch, dass ich „nach Hause“ fahre, wenn ich meine Eltern besuche.

     

    Das „dörfliche[] Milieus, wo jeder jeden kennt, wo jeder Schritt beäugt wird, wo die soziale Kontrolle unendlich groß ist, wo jedes bisschen Anderssein Getuschel und Blicke auf- und nach sich zieht“ gab es da, wo ich zwischen meinem 8. und meinem 18 Jahr gelebt habe, auch. Anders als Andreas Hergeth habe ich meine Heimat aber nie hassen gelernt. Denn es gab auch eine Weite da, die mir heute schmerzlich fehlt. Eine, die nicht alles und jeden auf seine Nützlichkeit reduziert, genauer gesagt auf seine Tauglichkeit, einen Profit daraus zu schlagen. Diese Art Weite hat nur den Dorf-Teenagern gefehlt.

     

    Wenn ich etwas auf dieser Welt wirklich hassen gelernt habe, dann die Engstirnigkeit von Menschen, die alles, was existiert, hierarchisch ordnen. Am wichtigsten ist ihnen das, was den meisten Profit verspricht. Am unwichtigsten ist das, wovon sie selbst nichts haben. Alles dazwischen wird manipuliert mittels Rangzuweisung.

     

    Menschen, die so denken, gab es kaum in „meinem“ Dorf. Nicht, als ich da zuhause war. Außer unter den Pubertierenden. In den meisten großen Städten gibt es davon viele. Im Westen scheinbar öfter als im Osten. Aber muss das einem Harry Glawe auffallen? Kaum.