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Deutschland in der PisastudieMehr Chancen für Aufsteiger

Der Anteil leistungsfähiger SchülerInnen aus bildungsfernem Elternhaus ist stark gestiegen. Das zeigt eine Sonderauswertung der Pisastudie.

Aufwärts: Schülerinnen kommen leicht an weiterführende Schulen Foto: dpa

Berlin taz | Der Anteil deutscher SchülerInnen, die trotz bildungsfernen Elternhauses solide Leistungen im Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften erzielen, ist deutlich höher als in Vergangenheit. Das hat eine Sonderauswertung des Pisatests von 2015 ergeben, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Montag in Berlin vorstellte.

Demnach hat sich die Gruppe dieser so genannten resilienten SchülerInnen von 25 Prozent im Jahr 2006 auf 32,3 Prozent im Jahr 2015 gesteigert. Damit liegt Deutschland mittlerweile deutlich über OECD-Schnitt von 25 Prozent. Am Besten schnitten Hongkong und Macao (China) mit 53 und 52 Prozent ab. Bei Mexiko, Brasilien und Indonesien lag der Anteil dieser Gruppe bei je unter 5 Prozent.

Seit dem Jahr 2000 vergleicht die internationale Pisastudie alle drei Jahre die Kompetenzen von 15-Jährigen in schulischen Kernbereichen. Gleich die erste Auswertung stellte dem Bildungsland Deutschland jedoch ein vernichtendes Urteil aus: Nicht nur schnitten deutsche SchülerInnen in allen getesteten Bereichen schlechter ab als der OECD-Durchschnitt – in kaum einem anderen Land hing der Schulerfolg so stark von der sozialen Herkunft ab wie hierzulande.

Der „Pisa-Schock“ führte unter anderem dazu, dass Bund und Länder vier Milliarden Euro in den Ausbau der Ganztagsschulen steckten und mehrere Bundesländer die Haupt- und Realschulen zugunsten von Gesamtschulen (auch Sekundarschulen genannt) abschafften. Offenbar mit positiven Folgen.

So stellen die OECD-ForscherInnen in der deutschen Schullandschaft vor allem den Ganztagsschulen gute Noten aus, wenn es um die Förderung sozial benachteiligter SchülerInnen geht. Eine gute soziale Mischung und ein gutes Lernklima habe am meisten Einfluss auf deren Leistungsfähigkeit, fand die OECD nun heraus.

Chancengleichheit unterdurchschnittlich

Trotz dieser Erfolge liegt Deutschland in puncto Chancengleichheit nach wie vor unterhalb des OECD-Schnitts. Der aktuelle Stand: Von 100 Nichtakademikerkindern schaffen es hierzulande nur 23 an die Uni, bei 100 Akademikerkindern sind es hingegen 77.

Konsequenzen gibt es dennoch vorerst keine. Möglicherweise sehen sich die Groko-Koalitionäre durch den OECD-Befund in ihrem Plan bestärkt, das Recht auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen zu beschließen. Die Handlungsempfehlung der OECD, einen Teil des Stellenumfangs bei Lehrkräften neben der Unterrichtszeit für Eltern- und Schülergespräche zu reservieren, ist in Deutschland so gut wie ausgeschlossen. Schon jetzt haben fast alle Bundesländer massive Probleme, ihre freien Lehrerstellen zu besetzen.

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4 Kommentare

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  • Wie wurde das denn schöngerechnet? Einfach mal selbst in a) ein Gymnasium und b) eine Stadtteilschule gehen und sehen, was da wie abgeht.

  • Mehr Chancen? Nach wie vor besteht die große Chance u. a. auch darin, daß es immer mehr Taxifahrer, Aushilfen usw. mit abgeschlossenem Hochschulstudium gibt.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @wxyz:

      Du hast keine Schangse, also nutze sie.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    "Die Handlungsempfehlung der OECD, einen Teil des Stellenumfangs bei Lehrkräften neben der Unterrichtszeit für Eltern- und Schülergespräche zu reservieren, ist in Deutschland so gut wie ausgeschlossen."

     

    Ja, das ist ausgeschlossen, weil die LehrerInnen das in ihrer freien Zeit machen. Und sie machen das, insofern der Gesprächsbedarf bei den Eltern aus welchen Gründen auch immer steigt, in zunehmendem und hohem Maß!