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Präsident der EU-UmweltministerKlimaskeptiker leitet EU-Klimapolitik

Für ein halbes Jahr leitet Bulgariens Umweltminister Neno Dimov die Öko-Geschicke der EU. Umweltpolitik ist für ihn Sozialismus.

Blau und gelb macht grün. Sieht Neno Dimov das auch so? Foto: dpa

Berlin taz | „Die globale Erwärmung ist ein großes Geschäft mit der Angst“, „der weltweite Meeresspiegel wird sich durch die Eisschmelze nicht erhöhen“ und „die Temperaturen sind heute so hoch wie vor hundert Jahren“. Diese Aussagen sind keine Fake News von US-Präsident Donald Trump. Es sind Zitate eines Mannes, der derzeit an der Spitze der EU-Umwelt- und -Klimapolitik steht: Neno Dimov, bulgarischer Minister für Umwelt und Wasser – und für die kommenden sechs Monate Präsident der EU-Umweltminister. Ökologie findet er überflüssig, wissenschaftliche Erkenntnisse über den Klimawandel hält er für Betrug.

Seit 1. Januar hat zum ersten Mal Bulgarien den EU-Ratsvorsitz inne. Damit leitet erstmals ein Politiker die Umwelt- und Klimapolitik für 500 Millionen Europäer, der offen gegen den wissenschaftlichen Konsens über den Klimawandel und gegen die EU-Klimapolitik Stellung bezieht. Aktuell hält sich Dimov bei diesem Thema bedeckt. Aber bei seinen Äußerungen aus der Vergangenheit bleibt er.

So erklärte er 2015 in einem Onlinevideointerview der Zeitung Sofia Globe, da sich „das Klima laufend ändere“, deute die Arbeit des UN-Klimarats IPCCC „mehr auf eine Manipulation als auf eine ernsthafte Sorge“ hin. Das EU-Klimaziel, bis 2030 die Emissionen um mindestens 40 Prozent zu reduzieren, bringe nur „minimale Ergebnisse“, würde aber 500 Milliarden Euro kosten, „eine riesige Umverteilung durch den Staat“. Und: Zwar gebe es eine Erderwärmung, aber dafür sei nicht der Mensch verantwortlich.

Dimov ist Mathematiker und Doktor der Physik. Bevor er im Frühjahr 2017 auf Vorschlag der konservativen Partei DSB Umweltminister wurde, lehrte er an der Universität Sofia und war Chef eines rechten Thinktanks. Dimov arbeitete 1997 bis 2002 bei der Europäischen Umweltbehörde EEA und begleitete die EU-Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien.

Neno Dimov Foto: EU

Gerne erzählt er, die Umweltbewegung sei der neue Sozialismus, der die Menschen unfrei halte. Er kämpfe gegen „grünen Extremismus“, schreibt der bulgarische Journalist Ivaylo Atanasov. Die Umweltpolitik der Regierungen in Frankreich und Deutschland ist für Dimov nur eine „unerschöpfliche Quelle der Angst, um von deren gescheiterter Politik abzulenken“.

Ein „heißes Meeting“

Über diese Ansichten können die EU-Regierungen, die Kommission und die Parlamentarier mit Dimov nun ausgiebig debattieren. Am heutigen Donnerstag beginnt die Vorstellung der bulgarischen Minister beim Europarlament, am Freitag trifft die EU-Kommission die bulgarische Regierung in Sofia. Eine Stellungnahme zu Dimov lehnte die EU-Kommission für Klima allerdings auf Anfrage der taz ab.

Titel einer Vorlesung von Dimov: Nachhaltige Entwicklung ist der neue Sozialismus

Dimov selbst wird am 24. Januar vor den EU-Parlamentariern erscheinen. Das werde ein „heißes Meeting“, verspricht der grüne Energieexperte Claude Turmes. „Wir werden ihn nach seiner Haltung zur Wissenschaft fragen und danach, wie er seine Rolle als Vorsitzender der EU-Minister ausfüllen will“, kündigt Turmes an. Als Chef der EU-Minister begleitet Dimov die Vorbereitungen für die nächste Klimakonferenz in Krakau im Dezember und die abschließenden Verhandlungen um das „Winterpaket“ der EU-Energiepolitik. Dabei geht es auch um Regeln, nach denen die EU-Länder ihre Klimapläne aufstellen sollen.

Eine taz-Anfrage nach seiner Haltung zur Klimawissenschaft beantwortet Dimov ausweichend. Seine Prioritäten seien saubere Luft (ein echtes Problem in Sofia) und neue CO2-Grenzwerte für Autos.

Zum Klimawandel schreibt Dimov: „Es gibt in Europa einen politischen Konsens über die Erderwärmung und die geplanten Maßnahmen. Bulgarien ist Teil dieses Konsenses.“ Im Übrigen wolle er sich auf „bessere Regulierung“ und „effektivere Umsetzung von Umweltgesetzen“ konzentrieren, um eine „nachhaltige Umwelt“ zu erreichen – alles Begriffe, die Dimov noch vor Kurzem verteufelte. Eine seiner Vorlesungen trug den Titel: „Nachhaltige Entwicklung ist der neue Sozialismus“.

Mitarbeit: Barbara Oertel, Rüdiger Rossig

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9 Kommentare

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  • der sieg reaktionärer bürgerlicher kräfte über den realexistiernden sozialismus hat die osteuropäischen staaten zu einer osteuropa zu einer bastion der reaktion gemacht .wenn sie nicht aus der eu ausgeschlossen werden ist deren progressive weiterentwicklung zu einem europäischen bundesstaat der das klima schützt unmöglich

  • Dieser Minister, der die Klimawandel ignoriert ist der Hauptinitiator für die Vernichtung von Pirin Gebirge. Dieser einzigartiger Berg steht unter UNESCO schützt. Unter dem Vorwand den Ski – Tourismus zu befördern, erweitert die Regierung die Konzessionsfläche gesetzwidrig. In dem Fall wurden alle ökologischen Gesetzen verstoßen. Tausende Hektar uralte Wald steht unter Drohung vernichtet zu werden. Das gilt auch für die spezifische Fauna von Pirin.

  • ... vorgeschlagen wurden er allerdings von den rechtsextremen Vereinigten Patrioten (vereint vor allem im Hass auf Roma, Moslems, Flüchtende und "Gayropa"). Seine Aussagen zum Klimawandel sehr gut in den neurechten Kanon.

  • Durchgeknallt !

     

    Der Präsident der EU-Umweltminister: Umweltpolitik ist für ihn Sozialismus.

     

    Experte: 85 Prozent des Giftmülls in China werden nicht sachgerecht entsorgt. / Bisher wurde ein Großteil des EU-Verpackungsmülls auch billig und willig in China "entsorgt"!

     

    Chinas Markt für die Aufbereitung und Entsorgung von Giftmüll soll bis zum Jahr 2020 auf einen Wert von 200 Milliarden Yuan (29 Milliarden US-Dollar) ansteigen. Doch die Behandlung des heimischen Giftmülls und die Kapazitäten liegen weit zurück. Gegenwärtig werden nur 15 Prozent des Giftmülls sachgerecht behandelt.

     

    Pan Gong, ein Experte von der E20 Umweltplattform sagte der Tageszeitung Global Times, dass nur 15 Prozent der chinesischen Giftmüllabfälle sachgemäß behandelt und aufbereitet werden.

     

    „Die anderen 85 Prozent der Giftmüllabfälle werden nicht sachgerecht entsorgt und aufbereitet. Der meiste Müll wird einfach wie normale Abfälle weggeworfen und in einer normalen Art und Weise gelagert. Das wiederum stellt eine große Gefahr für die Umwelt dar“, sagte Pan.

     

    Er fügte hinzu, die Menge an tatsächlichem Giftmüll in China könnte in jedem Jahr 80 Millionen bis 100 Millionen Tonnen erreichen.

     

    Statistiken zeigen, dass 99 Prozent der Anlagen für Giftmüllaufbereitung private Unternehmen in China sind.

    • @Reinhold Schramm:

      " Umweltpolitik ist für ihn Sozialismus."

      umweltpolitik beziehungsweise mitweltpolitik und nachweltpolitik ist im kapitalismus nur sehr begrenzt oder gar nicht möglich und wenn doch dann nur in einem souveränen interventionistischen umverteilungsstaat der dort wo es dieser bedarf auch von der planwirtschaft gebrauch zu machen weiss.ein schwacher staat,der den interessen der bourgeoisie und der besserverdieneden entspricht kann weder das klima noch die biodiversität noch die sozialen grundrechte seiner bürgerInnen vor den destruktiven kräften einer allzuweit und allzugrenzenlos entfesselten marktwirtschaft und einem unverantwortbaren exzess privater egoismen der profiteur*innen der marktwirtschaft schützen.demokratie allein reicht nicht und freiheit ist zuwenig,zumindest dann wenn sie apolitisch und privatistisch neoliberal missverstanden und missbraucht wird..es bedarf um es in einem begriff zusammenzufassen der dafür stehen soll des demokratischen sozialismus.in china ist der sozialismus nicht demokratisch genug.in europa ist er noch nicht einmal an der macht. das heutige europa ist noch nicht einmal sozialliberal geschweige denn sozialdemokratisch oder ökosozialistisch

      china und europa werden in zukunft eng zusammenarbeiten müssen und wollen um die globalen öffentlichen güter zu schützen.



      das bedeutet auch dass sie voneinander lernen sollten.

      china befindet sich was die rücksichtnahme auf die globalen und regionalen und lokalen öffentlichen güter angeht zumindest auf dem weg der besserung.von den usa unter der führung eines Donald Trump kann man das leider nicht sagen.



      darum sollte sich die europäische union von angloamerika lösen.



      davon wird der planet aus zwei gründen profitieren:



      erstens endet das wettrüsten und zweitens endet die wilde globalisierung



      wenn die europäische union und china sich auf den weg der ökosozialistischen tugend begeben können sie vereinbaren dass sie ihre märkte ,die grössten der welt für staaten schliessen die dies nicht tun

  • Wenn der Klimmawandel wirklich eine unumstößliche Tatsache ist, warum gibt es dann Physiker ( und nicht gerade Wenige ) die dies anzweifeln?

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Günter Witte:

      Nunja Physiker ist so ein Allgemeinbegriff wie Ärzte. Ich glaube nicht, dass sie auf ihren Zahnarzt hören wenn um Krebsvorsorge geht. Die überwältigende Mehrheit der Physiker die sich tatsächlich mit der Materie auskennen haben keine Zweifel. Die meisten gehen sogar weiter und sagen, dass der Klimawandel gar nicht mehr auf-haltbar ist.

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Oder sie wollen ihre, in den letzten Jahren exorbitant gestiegenen, Forschungsgelder, rechtfertigen.

        Wer schafft schon selber seine Geldquelle ab.

  • Wenn Herr Dimov meint, saubere Luft sei das größte Umweltproblem im Land, dann hat er recht. In einem Land, das die Hälfte seiner Energie von dreckigen Braunkohlekaraftwerken produzieren lässt und in dem weiterhin massenhaft Braunkohle in Einzelöfen verheizt wird, gibt es ein gewaltiges Luftverschmutzungsproblem. Das einzige Umweltproblem ist es jedoch nicht. Ein weiteres ist der bedenkenlose Landschaftsverbrauch im Naturerbe des Landes, zum Beispiel in den Pirin-Bergen, wo der Nationalpark der Entwicklung der Skisportgebiete zum Fraß vorgeworfen wird.