die nachricht: Britisches Unterhaus verabschiedet Brexit-Gesetz
Theresa Mays Konservative halten ihre Reihen geschlossen, Labour stimmt fast komplett dagegen. Das reicht für eine klare Brexit-Mehrheit. Nun geht das Gesetz ins Oberhaus
Das Neue
Das britische Unterhaus hat das Gesetz zum britischen EU-Austritt am späten Mittwoch Abend in dritter Lesung gebilligt. 326 der 650 Abgeordneten im House of Commons stimmten für der Gesetzentwurf der Regierung, 297 dagegen – eine größere Mehrheit als erwartet. Mit Ausnahme von drei Enthaltungen stimmten alle Konservativen sowie die nordirische Unionistenpartei DUP für das Gesetz, dazu vier von Labour und zwei Fraktionslose. Es gab keine konservativen Gegenstimmen. Die Labour-Opposition stimmte fast geschlossen mit Nein.
Der Kontext
Der „European Union (Withdrawal) Bill“ hebt die Gültigkeit von EU-Recht in Großbritannien pünktlich zum EU-Austritt auf und überträgt gleichzeitig alle geltenden Regelungen in britisches Recht, damit sie dann nach Bedarf verändert werden können. Im Parlament war insbesondere strittig, welche Veränderungen die Regierung ohne Gesetzgebungsverfahren vornehmen darf. Brexit-Gegner versuchten außerdem, neue Hürden für den Brexit einzubauen. Ein Antrag der Liberalen auf eine neue Volksabstimmung nach Abschluss der Verhandlungen mit der EU erhielt aber nur 23 Stimmen. Ein Antrag der schottischen Nationalisten auf Verbleib im europäischen Binnenmarkt bekam am Mittwoch nur 99 Stimmen, 48 davon von Labour, obwohl Labour-Chef Jeremy Corbyn gegen den Binnenmarkt ist. Einzige substantielle Änderung ist, dass die parlamentarische Billigung der mit der EU auszuhandelnden Brexit-Vereinbarungen die Form eines Gesetzgebungsverfahrens nehmen wird und nicht die einer einfachen Abstimmung, also kompliziert wird. Dies setzten rebellierende Konservative durch.
Die Reaktionen
Die Konservativen von Premierministerin Theresa May gehen aus der Abstimmung gestärkt hervor – keiner von ihnen hat gegen das Gesetz gestimmt. Die Labour-Opposition hingegen muss erklären, wieso sie zwar offiziell den Brexit unterstützt, im Parlament aber das Verfahren zu seiner Umsetzung ablehnt. „Indem sie gegen dieses Gesetz stimmen, bekräftigt Labour wieder einmal, dass sie bloß einen so chaotisch wie möglichen Brexit im Angebot haben“, sagte James Clerverly, Vizegeschäftsführer der Konservativen.
Die Konsequenz
Das Gesetz geht Ende Januar ins Oberhaus. Die Mehrheit des House of Lords gilt als EU-freundlich, und einige Brexit-Kritiker im Unterhaus hoffen, dass ihre Wünsche nun über den Umweg des Oberhauses doch noch ihren Weg in den Gesetzestext finden. Wünsche radikaler Brexit-Gegner, das Oberhaus möge das Gesetz und damit den fristgerechten Brexit komplett kippen, gelten jedoch als unrealistisch, denn sie würden eine Verfassungskrise herbeiführen. Das nicht gewählte House of Lords trägt seinem Mangel an demokratischer Legitimation dadurch Rechnung, dass es Gesetzesentwürfe, die im Wahlprogramm der Regierungspartei standen, nicht niederstimmt. Bei den britischen Wahlen 2017 hatten sowohl Konservative als auch Labour den Brexit unterstützt. Dominic Johnson
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen