Kommentar EU-Afrika-Evakuierungsplan: CNN hat den Gipfel gerettet
Der EU-Afrika-Gipfel endet mit vielen Floskeln und Versprechen. Ohne die Causa „Sklaven“ wäre das Treffen vollends substanzlos geblieben.
S eit Monaten hatten die Führer der beiden Kontinente ihr Treffen vorbereitet. Am Ende beschlossen sie: Gemeinsam wollen sie intensiv und hart daran arbeiten, die Lage der Migranten in Libyen zu verbessern. Zusammen wollen sie endgültig das Geschäft der Schlepper zerstören. Fluchtursachen sollen bekämpft werden. Die Wirtschaft Europas soll noch mehr in Afrika investieren. Und die Jugend, natürlich. Sie braucht Ausbildung, eine Zukunft, in Afrika. Ist besser für alle! Klimaschutz und Terrorabwehr sind auch wichtig.
Wenn Ihnen beim Lesen langsam der Kopf zur Tischplatte kippt, weil sie das alles schon tausendmal gehört haben: So ist es. Aufregendere Nachrichten hatte das Treffen in Abidjan allerdings nicht zu bieten. In gewisser Weise war es CNN, das den Gipfel gerettet hat: Durch das Enthüllungsvideo von der Sklavenauktion in Libyen gab es ein Thema, zu dem alle nun irgendwie einen Beitrag leisten können.
Ohne die Causa der Sklaven aber wäre sichtbar geworden, wie wenig Substanz die vielbeschworene Partnerschaft hat. Da, wo es echte Streitpunkte gibt und da, wo es Möglichkeiten für eine echte gemeinsame Zukunftsagenda gibt, geschah: nichts.
Merkel und Macron, die dominierenden Figuren auf europäischer Seite, hatten nur mehr vom Gleichen im Angebot: Neue Deals und mehr Geld für die Staaten, wie Libyen, Niger oder Tschad, die sich an Europas Migrationsabwehr beteiligen; Migrantenlager in Afrika, dazu etwas Wirtschaftsförderung für Staaten, die bereit und fähig zu liberalen Reformen sind. Die legalen, sicheren Wege für Migranten, die den Afrikanern so wichtig sind, boten sie nicht.
Ebenso wenig mochten die afrikanischen Staaten Zugeständnisse bei ihrer dringend nötigen inneren Demokratisierung machen. Da nützte weder die vom Sturz des Langzeitherrschers Robert Mugabe in Simbabwe verströmte Aufbruchstimmung etwas; noch, dass Merkel und andere Europäer den Autokraten Afrikas prophezeiten, ihre Jugend werde sich gegen sie wenden.
Dabei hatten alle durchaus erkannt, wie sehr die Schicksale der beiden so nah aneinander liegenden Kontinente miteinander verbunden sind und sein werden. „Ohne den anderen hat hier keiner eine Zukunft“, sagte eine Vertreterin des Jugendgipfels dazu. Doch wie diese Zukunft, die sie haben könnten, am besten aussehen sollte, dazu gab es in Abidjan keine neuen Ideen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Resolution gegen Antisemitismus
Nicht komplex genug
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Nach Hinrichtung von Jamshid Sharmahd
„Warum haben wir abgewartet, bis mein Vater tot ist?“
Strategien gegen Fake-News
Das Dilemma der freien Rede
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution