: Obdachlose zu kompliziert
Die Gewalt gegen Obdachlose hat im Norden nur in Niedersachsen zugenommen, Hamburg hat keine Daten
Von Benno Schirrmeister
In Bremen und Schleswig-Holstein ist die Zahl polizeilich registrierter obdachloser Opfer von Gewalt seit 2014 bei kleinen Fallzahlen rückläufig. In Niedersachsen ist sie im selben Zeitraum regelrecht explodiert (taz berichtete). Waren in Bremen 2014 noch fünf und 2015 vier in Obdachlosigkeit lebende Menschen zu Opfern von Übergriffen geworden, wurde dort 2016 kein einziger Fall aktenkundig. In Schleswig-Holstein wurden 2013 letztmals mehr als 20 an Obdachlosen begangene Körperverletzungen und Raubdelikte angezeigt, vergangenes Jahr waren es 14, ein Sechstel des niedersächsischen Wertes (84).
Anders in Hamburg: Dort ist die Polizei nicht in der Lage, entsprechende Angaben zu machen. Laut ihrem Sprecher Florian Abenseth überschritte die dafür nötige Arbeit „sogar den Aufwand, der vernünftigerweise für eine kleine parlamentarische Anfrage betrieben wird“. Tatsächlich hatte der Hamburger Senat im Februar 2017 der Linksfraktionsvorsitzenden Cansu Özdemir sinngemäß beschieden, ihre Sorge um das Wohl der Obdachlosen überfordere den Beamtenapparat. Die von ihr erbetenen Angaben seien zwar erfasst, aber „derzeit nicht elektronisch standardisiert auszuwerten“, heißt es in der Bürgerschaftsdrucksache 21/790. Für die Beantwortung auf Basis der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) „wäre die Programmierung zusätzlicher Auswertemöglichkeiten der PKS erforderlich“.
Bedauerlich, denn Hamburg ist mit geschätzt mehr als 2.000 Betroffenen ein Hotspot der Obdachlosigkeit. Immerhin, der bereits mehrfach von SPD und Grünen abgeschmetterte Wunsch, die Zahl der Betroffenen erstmals seit 2009 wieder amtlich zu erheben, hat es diesmal in den Sozialausschuss geschafft. Eine Zählung ist für kommendes Frühjahr geplant.
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