piwik no script img

PortraitDer Internet-Bürgermeister

Zu viel Rummel um: Heiko Senking Foto: Samtgemeinde Bevensen-Ebstorf

Heiko Senking schweigt lieber. Ihm wird das alles zu viel. Auf Anfrage der taz sagt er: „Mir wurde angeraten, keine weiteren Fragen zu dem Thema zu beantworten, bis sich das Ganze etwas beruhigt hat.“ Er tue dies auch aus Rücksicht auf sein politisches Amt. Heiko Senking (UWG) ist Bürgermeister von Ebstorf. Eine gut 5.000-Seelen Gemeinde in der Lüneburger Heide. So viel Aufmerksamkeit hatte der Ort vermutlich noch nie.

Eigentlich hat Senking ja nur ein Plakat abgehängt und diese Nachricht bei Facebook gepostet. Ein Wahlplakat der AfD vor dem Eingang des TUS Ebstorf. Darauf sieht man den Bauch einer schwangeren, weißen Frau: „Neue Deutsche? Machen wir selber“, steht darüber. Heiko Senking ist erster Vorsitzender des TUS Ebstorf. Er befürchtete, Mitglieder könnten sich durch den Wahlspruch diskriminiert fühlen. Besonders im Sportverein seien Menschen unterschiedlicher Herkunft oder Religion vertreten, deshalb sei es unangebracht, dort ein solches Wahlplakat aufzuhängen. In seinem Facebookpost richtet er sich offen an die AfD. Dass sein Verhalten eine Straftat darstellt, war ihm bewusst. Deshalb zeigte er sich selbst bei der Staatsanwaltschaft in Lüneburg an.

Seine Geschichte ging durchs Netz, bundesweit wurde darüber berichtet: Obwohl laut Senking der Großteil der Kommentare positiv war, erreichten ihn auch E-Mails mit Beschimpfungen oder sogar Morddrohungen. Unter anderem wird ihm undemokratisches Verhalten vorgeworfen. Er betonte zwar, dass er allein aus seiner Position als Vereinsvorsitzender heraus gehandelt habe. Dennoch fordern viele Bürger von ihm als Bürgermeister, eine politische Vorbildrolle einzunehmen.

Nun hat Senking ebendieses Plakat wieder aufgehängt, ganz in der Nähe des ursprünglichen Platzes. Anscheinend war ihm der Druck zu groß, obwohl er das abstreitet. Eigenen Aussagen zu Folge bereue er seine Tat nicht, doch in Anbetracht der Folgen würde er nicht noch einmal so handeln. Die AfD sieht zwar von rechtlichen Schritten ab, doch es bleibt seine Selbstanzeige, die durch zwei weitere Anzeigen von Bürgern erweitert wird. Inwiefern er Konsequenzen zu fürchten hat, wird nun von Ermittlern geprüft.

Lisa König

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen